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Ruhestörung Nach Ruhestörungen in Staßfurt: Lösung für Probleme am Sperlingsberg in Sicht

Im Sommer gab es große Beschwerden von Anwohnern am Sperlingsberg über laute Jugendliche, die sich dort seit zwei bis drei Jahren treffen. Nun gibt es einen konkreten Vorschlag für einen neuen Treffpunkt.

Von Enrico Joo 27.12.2021, 05:00
In der Weihnachtszeit wirkt der Sperlingsberg mit seinem beleuchteten Weihnachtsbaum sehr besinnlich und einladend. Im Sommer gab es aber an dem Platz in der Innenstadt immer wieder Probleme mit Jugendlichen vor Ort.
In der Weihnachtszeit wirkt der Sperlingsberg mit seinem beleuchteten Weihnachtsbaum sehr besinnlich und einladend. Im Sommer gab es aber an dem Platz in der Innenstadt immer wieder Probleme mit Jugendlichen vor Ort. Foto: Enrico Joo

Staßfurt - Jung und voller Tatendrang zu sein, ist in Staßfurt nicht so leicht. Keine echten Bars, keine Clubs und Jugendclubs, die nicht so lange oder gar nicht offen sind: Wo trifft man sich da? Wie amüsiert man sich da? Seit zwei bis drei Jahren treffen sich manchmal 30 bis 40 Jugendliche am Sperlingsberg an der Steinstraße mitten in der Innenstadt. Das führte in diesem Sommer zu Auseinandersetzungen mit Anwohnern, die direkt am Platz wohnen. Zu laut, zu viel Dreck: Nicht nur einmal kamen Polizei oder Ordnungsamt vorbei. Das Problem blieb.

Doch es gibt nun Gespräche. Vor zwei Wochen haben sich zwei Jugendliche mit Vertretern der Stadt und dem Ordnungsamt getroffen und über neue Ideen gesprochen. Die Idee der Stadt: Eine Fläche an der Bernburger Straße nutzen, um dort einen Jugendfreizeitplatz herzurichten. Die Fläche gehört der Stadt.

Einer der Jugendlichen, die beim Gespräch dabei waren, ist Leon Koch. Er ist 18 Jahre alt, wohnt in Neundorf und ist einer der ältesten Jugendlichen der Clique. „Die Frage ist, wo wir hin sollen. Es gibt ja nichts in Staßfurt“, sagt er. „Wir brauchen einen Platz, der etwas abgelegener ist und wo Lautstärke und Musik keine Rolle spielen.“ So wie die Fläche an der Bernburger Straße im Industriegebiet? Zusammen mit einem Kumpel und dem Citymanager Stefan Beyer schaute sich Koch kurz vor Weihnachten die Fläche an. „Die Fläche ist perfekt“, sagt Koch. „Sie ist groß und man kann was draus machen.“ 14.000 Quadratmeter ist die Gesamtfläche, 3500 Quadratmeter der geplante Bereich für die Jugendlichen.

Wie soll es finanziert werden?

Citymanager Beyer sieht einige Vorzüge in der Fläche. „Sie ist weit weg vom Zentrum, aber nicht weit vom Schuss. Und sie ist geschützt“, sagt er. Die Jugendlichen stellen sich einen überdachten Pavillon vor. Daneben einen Bolzplatz mit Sichtschutz zum Pavillon. Leon Koch, der als eine Art Sprecher für die Jugendlichen zwischen 13 und 20 Jahren fungiert, denkt dabei nicht nur an sich. „Das wäre für Jüngere eine gute Sache“, sagt er.

Das Problem ist die Finanzierung. Die Kasse ist klamm bei der Stadt Staßfurt. Kurzfristig ist eine fünf- oder auch sechsstellige Summe für einen Bolzplatz samt Pavillon nicht stemmbar. „Ich werde versuchen, Fördermittel für die Stadtentwicklung zu gewinnen“, sagt Citymanager Beyer. „Wir wollen es zeitnah umsetzen.“ Schon in 2022? „Da wollen wir viel erreichen“, so Beyer. Versprechen kann er es aber natürlich nicht.

Und es ist ja auch so: Die Jugendlichen würden anpacken. „Wir würden jeden Tag helfen. Das ist kein Problem. Hauptsache, wir hätten einen Platz“, so Leon Koch. Er hat mit seinen Leuten gesprochen. Alle wären bereit dafür, nach der Schule oder der Ausbildung Gestrüpp zu entfernen, die Fläche zu begradigen oder den Pavillon aufzubauen. Laut Citymanager Beyer könnte es zudem Probleme mit Altlasten in dem Bereich geben. Fakt ist: Es wäre viel zu tun. Klar ist aber auch: „Wenn wir bis zum Sommer keinen neuen Platz haben, werden wir wohl wieder am Sperlingsberg sein“, sagt Leon Koch. Bis vor anderthalb Wochen trafen sie sich noch dort.

Jugendliche jetzt am Bahnhof

Weil Polizei und Ordnungsamt aber immer wieder kontrollierten, haben sie sich jetzt zum Bahnhof zurückgezogen. Dort sitzen sie jetzt in den überdachten Übergängen zwischen den Gleisen. „Natürlich ist das nicht ideal. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir Platz machen und die Musik leiser stellen, wenn jemand durchwill“, sagt Koch. Gleich am ersten Tag sei die Polizei dagewesen. Seitdem sei man vorsichtiger.

Die Stadt Staßfurt und die Jugendlichen haben eine Fläche im Gewerbegebiet an der Bernburger Straße für einen Jugendfreizeitplatz im Blick.
Die Stadt Staßfurt und die Jugendlichen haben eine Fläche im Gewerbegebiet an der Bernburger Straße für einen Jugendfreizeitplatz im Blick.
Grafik: prePress Media Deutschland GmbH

Am Sperlingsberg gab es teilweise große Auseinandersetzungen mit Anwohnern ringsherum. Eine Situation im Sommer wäre fast eskaliert. „Da wollten zehn Mann von uns auf einen Anwohner los, der sich beschwert hat“, erzählt Koch. „Ich musste dann zu meinen Leuten sagen, dass sie sich beruhigen sollen und dass wir jetzt gehen.“ Dann war das Problem für den Tag gelöst, aber eben nicht generell. Koch versteht sogar die Anwohner. „Ich würde vielleicht genau so reagieren, ich habe großes Verständnis“, sagt er.

Natürlich sei auch Alkohol im Spiel. „Eigentlich immer“, wie Leon Koch sagt. „Und es kommt auch vor, dass man sich gegenseitig auch mal einen gibt. Das ist aber am nächsten Tag wieder vergessen.“ Einzelne Jugendliche würden auch mal emotional reagieren, auch weil sie private Probleme haben. Aber: Es gibt keine anderen Treffs. „Es sind bei uns die meisten aus Staßfurt. Es kommen aber auch welche aus Löderburg, Hecklingen oder Schneidlingen“, so Koch. Die Clique sei durch Zufall entstanden. „Mittlerweile kennen wir uns alle ziemlich gut.“ Viele fahren übrigens mit dem Bus zurück in ihre Orte oder werden abgeholt. Koch laufe im Sommer nach Neundorf zurück.

Er selbst sei früher in den Jugendclub in Hecklingen gegangen, der habe aber nur Dienstag bis Donnerstag von 15 bis 18 Uhr offen. „Das lohnt sich nicht.“ Auch weil er selbst schon arbeitet. „Andere Jugendclubs in der Umgebung haben ganz zugemacht.“ Zu Hause rumsitzen ist aber keine Option. Die Jugendlichen denken jetzt über Spendenaufrufe nach, um ihren Jugendfreizeitplatz Wirklichkeit werden zu lassen. Im Januar soll es weitere Gespräche geben.