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Kinderbetreeuung Staßfurt: Verwirrung um die Kita Bergmännchen

Die Stadt Staßfurt schlägt vor, dass in das Gebäude der Kita Bergmännchen in der Schlachthofstraße nicht mehr investiert wird. Kommunalpolitiker kritisieren das. Sie sagen: Das stiftet Unruhe und hilft überhaupt nicht. Sie lehnen den Vorschlag ab.

Von Enrico Joo 18.06.2021, 18:38
Das Gebäude der Kita Bergmännchen in der Schlachthofstraße steht im September seit zwei Jahren leer.
Das Gebäude der Kita Bergmännchen in der Schlachthofstraße steht im September seit zwei Jahren leer. Foto: Enrico Joo

Staßfurt - In besonderen Situationen braucht es besondere Maßnahmen. So ist es zu erklären, dass in der manchmal eher drögen Runde des Sozialausschusses der Stadt Staßfurt es gleich zweimal laut wurde. Applaus brandete im Dorfgemeinschaftshaus in Hohenerxleben auf. Nicht nur die Spaziergänger am offenen Fenster rieben sich da verwundert die Augen.

Die Kita Bergmännchen in der Schlachthofstraße in Staßfurt ist seit einem Jahr ein mächtiger Zankapfel. Im September 2019 zogen die Kinder wegen geplanter Sanierungen aus dem Gebäude aus und besuchen seitdem die Einrichtung der Kita Sandmännchen in der Sülzestraße. Vor einem Jahr war der Stadt Staßfurt dann aber klar: Die Sanierung ist mit den Planungen des Architekten nicht umsetzbar.

Zu weite Wege bei Schließung der Kita

Seitdem geht es hin und her. Vor und zurück. Es wird diskutiert, es werden Solidaritätsbekundungen ausgesprochen. Gleich zweimal bekannte sich der Stadtrat zur Kita. Und im Sommer 2021 sind die Eltern nicht klüger als im Sommer 2020. Niemand weiß, wie es mit der Kita weitergeht. Wird sie geschlossen oder doch saniert?

Ein bemerkenswertes Statement gab der Seniorenbeirat im Sozialausschuss ab. „Die soziale Infrastruktur erlebt einen Werteverlust, wenn der Rotstift angesetzt wird. Wenn die Kita geschlossen wird, müssen die Kinder Einrichtungen besuchen, die weiter entfernt liegen“, sagte Christel Görmer für den Seniorenbeirat. „Kontakte werden erschwert, die Großeltern haben längere Wege, um die Enkel in die Kita zu bringen. Das ist auch keine Maßnahme zum Klimaschutz. Der kleine und der große Mensch müssen im Mittelpunkt der Bemühungen stehen.“ Über ein halbes dutzend Zuhörer applaudierte.

Nach weiteren Diskussionen platzte dem sonst eher stillen Christian Iser (CDU) der Kragen. „Das Gebäude gehört zur Kita. Wenn darin nicht investiert wird, heißt das: Die Kita wird zugemacht. Das macht Raum für Spekulationen auf. Wir reden seit einem Jahr über die Kita. Es ist nichts passiert. Das ist unsäglich, was man mit den Kindern macht. Wir müssen irgendwann einmal zu einer Lösung kommen.“ Wieder gab es Applaus.

Was Christian Iser so ärgerte, war ein Beschlussvorschlag der Stadt. „Der Stadtrat der Stadt Staßfurt beschließt, unter Einbeziehung der Entwicklungskonzeption für die Kindertageseinrichtungen in der Stadt Staßfurt, keine Investitionen in das Bestandsgebäude Schlachthofstraße 1b zu tätigen“, hieß dieser.

Durch alle Fraktionen stieß das auf Ablehnung. „Das Kuratorium ist vorher anzuhören, das ist nicht passiert. Der Beschluss hilft uns nicht weiter“, sagte Ralf-Peter Schmidt (UBvS). „Wir hatten zwei Sitzungsrollen, in denen gesagt wurde: Wir wollen die Kita Bergmännchen. Die Diskussion wird weitergehen. Der Beschluss beantwortet keine Fragen, eigentlich hat der Oberbürgermeister das Konzept nicht erfüllt.“

Denn der Beschlussvorschlag ist eine Reaktion der Stadt auf die geforderte und vorgelegte erste Konzeption der Saleg zur Kita Bergmännchen. Die Saleg (Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH Magdeburg) plant und untersucht im Auftrag von Kommunen Sanierungen von städtischen Gebäuden. Im Nachgang habe es eine Fraktionsvorsitzenden-Runde gegeben. „Danach gab es keinen Anruf, keinen Änderungswunsch, daher wurde dieser Vorschlag erarbeitet“, sagte Fachbereichsleiter Florian Heidler. Es hätte Einigkeit gegeben, dass es um das Gebäude geht.

Vorschlag der Stadt fällt durch

Der Ausschussvorsitzende Michael Hauschild (SPD/Grüne), der auch Fraktionsvorsitzender ist und bei der Runde dabei war, wollte das so nicht stehen lassen. „Ich habe gesagt, dass ich es erst einmal sacken lassen muss“, sagte er. Denn die Konzeption der Saleg beinhaltete unter anderem, dass langfristig gesehen die Kita Bergmännchen wegen sinkender Kinderzahlen nicht erhalten werden kann. „Die Runde der Fraktionsvorsitzenden ist kein beschlussfähiges Gremium. So wird die Runde missbraucht“, sagte Ralf-Peter Schmidt.

Peter Rotter (CDU) wunderte sich vor allem, dass es einen Beschluss geben sollte, wenn etwas nicht gemacht wird. „Mir erschließt sich die Sinnhaftigkeit des Antrags nicht. Das stiftet nur Unruhe und Verwirrung“, sagte er.

Ralf-Peter Schmidt (UBvS) meinte: „Man könnte mit diesem Vorschlag umdeuten, dass die Kita weg ist. In solchen Diskussionen möchte man als Stadtrat nicht beteiligt sein. Das machen wir doch für andere Kitas auch nicht.“

Fachbereichsleiter Heidler unterstrich: „Die Verwaltung hat nie gesagt, dass wir die Kita schließen wollen. Aber wir können nicht in das Gebäude investieren.“ Die Fraktion SPD/Grüne brachte einen Änderungsantrag ein, dass der Vorschlag der Stadt zurück in die Verwaltung verwiesen wird. Diesem stimmten alle fünf anwesenden Kommunalpolitiker zu.

Vor den Diskussionen hatten Elternvertreter von der Kita Bergmännchen noch einen umfangreichen Fragenkatalog schriftlich eingereicht. Dabei ging es um Elternbeiträge, das Konzept Sprach-Kita, ein Hygienekonzept oder einen Verkauf des Gebäudes. Eine Begehung des Gesundheitsamtes habe selbstverständlich stattgefunden, hieß es. „Zu einem Verkauf ist mir nichts bekannt“, sagte Oberbürgermeister Sven Wagner (SPD). Zudem stellten die Elternvertreter klar, dass sie gegen eine Auslagerung des Hortes von der jetzigen Goethe-Grundschule in Räumlichkeiten des Motivations- und Orientierungszentrums (MOZ) sind.