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Sparkassenskandal Setzt sich der Stendaler Landrat durch?

Geht der Sparkassen-Verwaltungsrat im Rechtsstreit gegen Dieter Burmeister in die Berufung? Die Antwort wurde vertagt.

13.09.2016, 23:01

Stendal l Am 24. August hatte das Landgericht nach mehr als zwei Jahren Verhandlungsdauer das erste größere Urteil im Stendaler Sparkassenskandal verkündet: Es wies die Klage des Ex-Vorstandsvorsitzenden Dieter Burmeister gegen seine fristlose Entlassung ab, erkannte aber seine Pensionsansprüche vollumfänglich an.

Burmeister muss jedoch die 229 440 Euro bezahlen, die die beiden Gutachten kosteten, in denen die Prüfer des Ostdeutschen Sparkassenverbandes einen Millionenschaden durch zu häufig gewechselte Dienstwagen, einen überdimensionierten Fuhrpark und unkontrollierte Bauvergaben ermittelten.

Sparkassen-Verwaltungsratsvorsitzender und Landrat Carsten Wulfänger (CDU) reagierte am gleichen Tag gemeinsam mit Sparkassen-Vorstandschef Jörg Achereiner: „Es ist unverständlich, warum die Pensionsansprüche nicht gekürzt worden sind“, betonten sie in ihrer gemeinsamen Presseerklärung. Wulfänger und Achereiner hatten bereits zuvor stets deutlich gemacht, dass mindestens für den Zeitraum der geltend gemachten Verfehlungen zwischen 2007 und 2013 die Versorgungsbezüge zu widerrufen seien. Wulfänger werde dem Verwaltungsrat vorschlagen, in Berufung zu gehen, „wenn die Rechtsvertreter der Kreissparkasse Stendal eine Aussicht auf Erfolg sehen“, hieß es weiter.

Am Montag tagte das Gremium. Eine Entscheidung fiel jedoch nicht. Denn es gab noch keine Empfehlung der Rechtsvertreter. Es konnte sie auch nicht geben, denn die 70-seitige Begründung des Urteils hatte Wulfänger der eigentlich bevollmächtigten Berliner Kanzlei Steinkühler gar nicht erst zugestellt.

Stattdessen wagte der Landrat am Montagnachmittag eine Rochade: Er empfahl dem Verwaltungsrat, sich künftig von einer Hamburger Sozietät vertreten zu lassen.

Wulfänger und Steinkühler - wie Sparkassen-Insider berichten, war dies ein zuletzt spannungsgeladenes Verhältnis. Der Arbeitsrechtler Bernhard Steinkühler hatte am Landgericht durchaus für Aufsehen gesorgt: Auftritte wie die des Neffen des ehemaligen IG-Metall-Gewerkschaftschefs Franz Steinkühler sind im Landgericht am Dom eher rar gesät - rhetorisch gewandt fuhr Steinkühler ein ums andere mal Burmeisters Anwalt Gerald Zimmer in die Parade und ließ sich auch von der resoluten Vorsitzenden Richterin Haide Sonnenberg nicht so leicht zur Räson bringen. Es waren Duelle, bei denen man die Luft anhielt.

Bei Teilen des Verwaltungsrates wurde indes Stimmung gegen Steinkühler gemacht. Insbesondere die Höhe der Honorare stellte die immer noch treu zu Burmeister stehende Fraktion in Frage. Stundensätze von 250 Euro sind für Advokaten dieses Kalibers allerdings durchaus üblich. So wurde Steinkühler „aus Kostengründen“ nicht mehr zu den Sitzungen des Verwaltungsrates eingeladen - das eigentliche Kontrollgremium diskutierte diesen bedeutenden Rechtsstreit damit nur noch aus zweiter Hand.

Zum Bruch kam es dann in der Frage der Behandlung von umstrittenen Kreditverträgen. Steinkühler musste vor Gericht die Rücknahme dieses Teils der Klage verkünden. So hatte es der Verwaltungsrat entschieden - gegen den Rat des Anwalts, wie es heißt. Das Gericht würdigte diesen Rückzieher in seinem Beschluss zur Kostenübernahme und verurteilte die Kreissparkasse zur Begleichung von 75 Prozent der Verfahrenskosten.

Nunmehr soll ein neuer Arbeitsrechtler binnen weniger Tage die Akten durchkämmen. Die Zeit drängt. Die Frist für die Berufung endet am 29. September. Der Verwaltungsrat muss also in der letzten Septemberwoche zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Wulfänger baute am Montag schon mal vor: Sollte es bis dahin keine Expertise geben, will er dem Verwaltungsrat empfehlen, den formalen Berufungsantrag zu stellen. Die inhaltliche Begründung muss dann binnen zwei Monaten beim Oberlandesgericht Naumburg eingereicht werden – geht diese nicht ein, ist die Berufung automatisch erledigt.

Doch trotz der deutlichen Positionierung von Wulfänger und Achereiner steht die Entscheidung auf der Kippe. Vier der fünf Belegschaftsvertreter gelten als treue Burmeister-Anhänger. Und auch bei den CDU-Vertretern gibt es mitunter enge Verflechtungen zum Ex-Sparkassenchef – allen voran bei Kreis- und Fraktionschef Wolfgang Kühnel.

Das Argument von zu hohen Kosten zöge hier allerdings nicht – die Berufung lässt sich eingrenzen. Wenn allein überprüft werden soll, ob die komplette Anerkennung der Pension rechtens ist, müsste es nicht erneut eine umfangreiche Beweisaufnahme geben.