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Frauenfrühstück Schweigen im Urlaubsflieger

310 Frauen nahmen am Sonnabend am Stendaler Frauenfrühstück im Hotel „Schwarzer Adler" teil.

Von Volker Langner 20.03.2017, 00:01

Stendal l Schon einmal erlebt? Das Paar sitzt im Urlaubsflieger nach Mallorca, als der Mann seine Angetraute fragt, ob sie das Bügeleisen aus der Steckdose gezogen hat, nachdem sie noch rasch sein Hemd für Gepäck gebügelt hat. Sie kann sich nicht erinnern, hält entgegen, sie habe das Hemd für ihn gebügelt. Er wiederum merkt an, dass sie immer alles auf die lange Bank schiebe. Er hätte ja auch mal selbst zum Bügeleisen greifen können, kommt es spitz zurück. Stimmung und Paar schaukeln sich hoch. Dann herrscht eisiges Schweigen. Bis die Frau nach einigen Minuten sagt: „Jetzt weiß ich es wieder. Ich habe das Bügeleisen rausgezogen, weil ich anschließend noch den Föhn benutzt habe. Aber das Hemd hängt zu Hause.“

Mit dieser Anekdote hat Antje Rein am Sonnabendvormittag im „Schwarzen Adler“ die Lacher auf ihrer Seite. Die Unternehmerin, Jahrgang 1967, die in Oebisfelde ein Beratungsinstitut betreibt und dort unter anderem Familien- und Paartherapie anbietet, ist Referentin des Frauenfrühstücks. Ihr Thema in Stendal: „Worte lassen Mauern einstürzen“.

Dabei geht es um Wege, zum eigenen und zum Herz anderer zu finden, und um eine Strategie für ein harmonisches Miteinander. Antje Rein wartet mit Tipps auf, nicht mit Patentrezepten. Sie gibt Denkanstöße. So sagt sie: „Falsche Worte können viel kaputt machen.“ Mit einen Schmunzeln macht Rein klar, dass sie weiß, wovon sie rede. Sie stamme aus dem Vogtland und das gelte als „zickiges Bergvolk“. Worte würden mitunter einfach so herausplatzen, Worte, die verletzen. „So klein unsere Zunge auch ist, so groß ist ihre Wirkung“, verweist sie auf eine Bibelstelle.

Nicht wenige der Besucherinnen der Veranstaltung sind Christen. Christen hatten das Frühstückstreffen für Frauen 1983 in Zürich aus der Taufe gehoben. Auch die neun Frauen im Vorbereitungskreis des Stendaler Treffens sind in kirchlichen Gemeinden aktiv.

„Wir möchten aber keinesfalls missionieren“, sagt Carola Harlfinger, eine dieser ehrenamtlichen Organisatorinnen. Anliegen, so Harlfinger, sei es vielmehr, das Zusammensein zu ermöglichen, zu Gesprächen anzuregen, die Gemeinschaft zu fördern – und auch Denkanstöße zu geben.

Das tut Antje Rein mit ihrem Vortrag. Konflikte seien Teil des Lebens und kein Drama, stellt sie fest und wirbt für eine „gewaltfreie Kommunikation, eine verständnisvolle Kommunikation“. Schritte dazu seien unter anderem eine wertfreie Herangehensweise an eine Situation, das Erkennen der Bedürfnisse von sich selbst und den anderen sowie die offene und ehrliche Formulierung von Wünschen.

Die Therapeutin ermutigt ihre Zuhörerinnen: „Stellen Sie sich ruhig mal vor den Spiegel und sagen Sie: Schön, dass du da bist.“ Das stärke nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern erleichtere auch, andere Menschen und ihr Handeln zu akzeptieren. „Menschen hungern nach Einfühlung“, hat sie festgestellt und weist Wertschätzung und Mitgefühl eine hohe Bedeutung im Umgang miteinander zu.

In diesem Zusammenhang meint Antje Rein: „Wenn wir selbst geliebt werden, können wir besser lieben.“ Und die Liebe hat fraglos schon viele Mauern einstürzen lassen.