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Milchvieh An der Bürste fühlen sie sich kuhwohl

Zum Tag des offenen Hofes in Gohre kamen die Gäste in Scharen. Es gab einmalige Einblicke in Kuhstall und Milchproduktion.

Von Nora Knappe 29.05.2017, 01:01

Gohre l Man hat ja von Landwirtschaft so seine Klischeebilder im Kopf: Die einen denken an idyllische Weiden, die Bäuerin mit Melkschemel und den Bauern beim Heuwenden mit der Gabel. Die anderen denken an enge Schweinekoben, Fliegengesurr und Mist und Mief allerorten. Nun ja – wie Landwirtschaft heutzutage wirklich daherkommt, konnte man am 27. Mai beim Tag des offenen Hofes der Familie Güldenpfennig in Gohre sehen. Und ja, auch riechen. Aber vor allem eben „sehen und verstehen“, was sich die Familien Güldenpfennig und Wollert als Motto für diesen Tag gewählt hatten.

Aus der Erfahrung mehrerer Milchpreiskrisen heraus hatten die Landwirte voriges Jahr damit begonnen, die Milch ihrer 130 Kühe auch direkt zu vermarkten, über die sogenannten Milchtankstellen in Supermärkten. Da gingen die Bauern also zum Kunden. Und nun – besser kann es eigentlich nicht sein – kamen eben auch mal die Kunden zum Bauern. Und das reichlich. „An den Milchautomaten haben uns die Leute immer wieder gefragt, ob sie denn mal schauen dürften, wo die Milch eigentlich herkommt, wie die Kühe leben“, erzählt Marion Wollert, wie es zur Idee des offenen Hoftags kam.

Dass das eine gute Idee war, zeigte sich schon, kaum dass geöffnet war: Ob aus der näheren Umgebung oder aus Magdeburg, Gardelegen oder Orten rund um Salzwedel – die Leute waren einfach neugierig. Auf Landwirtschaft, auf Kühe, auf frische Milch, und darauf, wie all das funktioniert und lebt. Denn nicht nur das Milchvieh lebt auf dem Gohrer Hof, sondern die Familie eben auch für das und von dem Milchvieh.

„Es ist nicht nur unser Beruf, sondern auch unsere Berufung“, war auf einem Schild zu lesen. Und Marion Wollert strahlt dieses Credo auch aus, wenn sie sagt: „Ich wollte schon immer Bauer werden, Generationen vor uns waren es. Für mich sind es die Liebe zum Vieh, es wachsen und gedeihen zu sehen. Das Land bestellen – säen, düngen, ernten, den Jahreszeiten folgen.“ Und ja, auch Angst haben: Wenn der Regen zu lange ausbleibt oder mal wieder ein Milchtief naht. „300 Jahre gibt es den Hof“, sagt Wollert und hofft, dass Tochter und Sohn dafür sorgen, dass es noch ein paar Jahrzehnte mehr werden.

Aufgewachsen sind auch sie mit Landwirtschaft, vertraut mit allen Abläufen. Und so nahmen sich alle Familienmitglieder die Zeit, den Besuchern alles zu zeigen und zu erklären, führten durch die Ställe, ließen darüber staunen, dass die Kühe auf Wasserbetten liegen, dass sie sich an der Kuhputzmaschine bürsten lassen können und sich dabei sichtlich wohlfühlen, dass sie ganz nach Belieben und Bedarf an den Melkroboter andocken – der ganz genau weiß, wie oft sie schon beim Melken waren, wie viel sie sich bewegt haben und ob die Brunstzeit naht – und erfuhren auch, dass der massige weiße Bulle mit dem hinreißend charmanten Namen Matthieu fünf Prozent der Kühe selbst decken darf.

Und natürlich konnten Kühe und Kälber gestreichelt werden. Näher dran an denen, die für eines unserer wichtigsten Lebensmittel sorgen, geht es wohl kaum.