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50.000 Euro gespart Wasser, aus dem Gemeinschaft wächst

Zum Schönheitswettbewerb der Kleingartenvereine gehören auch Geschichten übern Gartenzaun, heute aus dem Springberg in Stendal.

Von Egmar Gebert 26.05.2017, 18:16

Stendal l Im Südwesten von Stendal, dort wo Wohnblöcke ans Grün des Stadtrandes grenzen, führt der Weg zur Kleingartenanlage „Am Springberg“. Die Sonne brennt auf das dürre Gras. Jedes Auto, das mehr als Schritttempo fährt, verschwindet in einer Staubwolke. Die Erde lechzt nach Wasser.

Es ist noch gar nicht so lange her, da sorgte Wetter wie dieses für Ärger bei den „Springberg“-Kleingärtnern. Wessen Parzelle nah am Pumpenhaus lag, der hatte vielleicht noch die Hoffnung darauf, seine rund 300 Garten-Quadratmeter einigermaßen sprudelnd zu bewässern. Je weiter hinten in der Sparte, umso mehr ging das Wassersprudeln aus den Hähnen ins Fließen und schließlich ins Tröpfeln über. In diesem Frühjahr ist das anders.

Siegfried Laukert dreht den Wasserhahn auf und macht ein paar schnelle Schritte zur Seite. Luft zischt aus den Düsen des Regners im Erdbeerbeet und gefühlte Zehntelsekunden später prasseln die Tropfen im hohen Bogen auf die Pflanzen im Umkreis von fünf, sechs Metern. „So ist das jetzt überall in der Anlage, wenn du den Hahn aufdrehst, egal wie weit der vom Pumpenhaus weg ist“, kommentiert der Kleingärter das zu Demonstrationszwecken gestartete „Wasserspiel“. Man mag es ihm glauben, denn die Parzelle, die Siegfried Laukert mit seiner Lebenspartnerin Petra Sandmann (seit 2014 Vereinsvorsitzende) beackert, ist eine von denen am Rand der Kleingartenanlage. Eine von jenen, in denen es in den Jahren zuvor nur aus den Wasserhähnen tröpfelte.

„Unsere Pumpe schafft nicht mehr“, bekam Laukert von Gartenfreunden, die schon mehrere Jahre mit dem Problem lebten, als achselzuckende Antwort.

Die Skepsis des gelernten Schlossers ob dieser Begründung war so etwas wie der Beginn einer neuen Zeitrechnung im Kleingartenverein „Am Sprinberg“ – rein wasserversorgungstechnisch betrachtet.

15 Kubikmeter pro Stunde, mit diesem Wert war die Förderleistung der Pumpe angegeben. „An der Pumpe konnte es also nicht liegen. Am Kessel auch nicht, der drückt 4,2 atü in die Leitung“, stellte Laukert fest. Auch der Versuch, eventuelle Verstopfungen in der Gartenwasserleitung per Druckluft auszublasen, brachte keine Besserung. Es tröpfelte weiter. Jetzt ging man der Sache auf den Grund, grub die alte Leitung auf, schaute nach. Der Innendurchmesser der Rohre war so klein geworden, dass an manchen Stellen kaum noch Wasser hindurchpasste.

Die alte Leitung muss raus, eine neue verlegt werden. Eine, die in allen 90 Parzellen der Anlage an Tagen wie diesen das Bewässern zum Vergnügen werden lässt, so die Erkenntnis der Vereinsvorsitzenden Petra Sandmann. Mit der ging sie vor drei Jahren in die Mitgliederversammlung. Gut, muss gemacht werden. Besorgt Kostenvoranschläge von Firmen, gaben die Mitglieder ihrer Vorsitzenden auf.

Die inzwischen gebildete „Wasserkommission“ des Vereins mit „Wasserwart“ Laukert an der Spitze kümmerte sich, erntete aber vor allem ungläubiges Lächeln.

Eine Ringleitung, mehr als einen Kilometer lang, mit Abgängen in jeden Garten, die separat abgesperrt werden können und die mit Wasserzählern für jede Parzelle ausgestattet ist, das würde der Verein nicht bezahlen können und wohl auch nicht wollen, vermuteten die Fachleute. Dennoch gaben einige von ihnen Angebote ab. „Das ging so bei 60 000 Euro los. Soviel hätten wir mindestens bezahlen müssen“, erinnert sich Petra Sandmann an die Summe, die ihre Vereinsmitglieder aus allen Wolken und auf den Boden der Tatsachen zurückfallen ließ. Denn „wir“ bedeutet: Jedes der Vereinsmitglieder wäre mit rund 660 Euro zur Kasse gebeten worden. Spätestens jetzt war klar: Wenn das Problem gelöst werden sollte, dann nur in Eigenleistung.

Und wieder wurde gerechnet. „Im Endeffekt waren es rund 7000 Euro fürs Material“, liest Laukert in seinem mittlerweile recht üppig gefüllten Wasserkommissions-Ordner nach. Mit dieser Zahl und mehreren Vorschlägen zum Verlegeplan der Leitung traten Petra Sandmann und ihr Wasserwart erneut vor die Mitglieder. Schließlich ging es nicht nur ums Geld. Die Wege aufzuschachten, Leitungen zu verlegen, Anschlüsse herzustellen, alles wieder zu verfüllen, das war der weit größere „Posten“, den die „Springberg“-Kleingärtner stemmen mussten. Sie waren bereit dazu.

„Das war Ende Mai 2016. Knapp vier Wochen später haben wir mit den Arbeiten angefangen. 14 Tage hat‘s gedauert, dann war die Ringleitung in der Erde“, sagt Laukert, stolz auf alle, die sich dafür ins Zeug gelegt haben. Ende September lagen auch alle in die Gartenparzellen abzweigenden Leitungsenden, waren die Absperrschieber gesetzt, die Wasseruhren installiert. Der 3. Oktober 2016 war dann der Tag der Wahrheit. Wasser und mit ihm besagte vier atü Druck auf der neuen Ringleitung, die dicht hielt. Bis auf eine von mehr als hundert Muffen, die aber schnell neu verschraubt und damit auch dicht war.

Nach der Winterruhe schalteten die Kleingärtner ihre Bewässerungsanlage wieder ein, und freuen sich seither daran. 150 Euro und manchen Tropfen Schweiß hat jedes der Vereinsmitglieder darin investiert. Gewonnen haben sie dabei ein Mehr an Kleingartenkomfort. Und noch etwas. Das Gefühl von Gemeinschaft und die Gewissheit, dass es sich lohnt – bei aller Individualität des Kleingärtnerns –, sich in dieser Gemeinschaft und für sie zu engagieren.

Ein Gefühl, das Petra Sandmann mit in die Zukunft des Kleingartenverteins „Am Springberg“ tragen möchte. Um diese Zukunft ist ihr übrigens nicht Bange. Zwar liegt der Altersdurchschnitt auch in diesem Kleingartenverein über dem Rentenalter, aber: „Wir sind zu 100 Prozent belegt, alle Parzellen sind vergeben und ich habe sogar schon eine Art Warteliste mit Bewerbern.“

Wen wundert‘s, bei Gärten, die von der Größe her attraktiv sind, die alle über eine Laube oder ein ähnliches Gartenhäuschen verfügen, in denen es Strom und nun auch wieder eine bis in die hinterste Ecke bestens funktionierende Vereinswasseranlage gibt.