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Amtsgericht Baumklau ist nicht nachweisbar

Wegen begründeter Zweifel musste ein Amtsrichter in Stendal einen Mann laufen lassen, dem Diebstahl vorgeworfen wurde.

Von Wolfgang Biermann 04.11.2019, 23:01

Stendal l Das Amtsgericht hat vor kurzem einen Rentner aus der Region Tangerhütte vom Vorwurf freigesprochen, am Morgen des 12. April 2019 einen jungen Apfelbaum der Sorte „Gelber Edelapfel“ (Wert 35 Euro) von einem Feld gestohlen zu haben. Zum Abtransport des etwa 2,5 Meter großen Baumes, der 2017 gesetzt wurde, soll der Mann Anfang 60 ein Moped mit Hänger benutzt haben.

„Es ist zwar naheliegend, dass es der Angeklagte war. Aber es bleiben begründete Zweifel. Aufgrund der Beweislage ist der Angeklagte freizusprechen“, hatte zuvor der Staatsanwalt in seinem Plädoyer gesagt. Mit dem Urteil folgte Strafrichter Thomas Schulz seinem Antrag.

Der Angeklagte hatte den Diebstahl vehement bestritten. Ein Dorfbewohner, dessen Sohn der Baum gehörte und zugleich guter Bekannter des Angeklagten, hatte den Rentner wohl zur Tatzeit auf dem Feld gesehen und ihn auch angezeigt, die Tat direkt beobachtet hatte er aber nicht. „Die Aussage reicht nicht aus für den Tatnachweis. Der Zeuge hat nicht gesehen, wie der Baum ausgegraben wurde“, stellte Richter Schulz in der Urteilsbegründung klar. Der Angeklagte hatte angegeben, am Tatmorgen mit seinem Moped, zunächst ohne Hänger, unterwegs gewesen zu sein. Er hätte auch an der fraglichen Baumgruppe angehalten und danach geschaut. Er sei sodann nach Hause gefahren.

Dort hätte er pflanzliche Abfälle, darunter auch längere Äste, auf einen Hänger geladen und sei mit dem Moped-Gespann losgefahren. „Wo wollten Sie mit den Abfällen hin?“, wollte Richter Schulz wissen. „In die Botanik und dort abkippen. Das machen doch alle so“, entgegnete der Angeklagte.

Am Tatort hätte er dann ein zweites Mal wegen einer angeblichen kleinen Moped- panne angehalten, sei aber umgehend weitergefahren. Beide Male war er vom Nachbarn gesehen worden – mit einem Feldstecher aus etwa 250 Meter Entfernung.

Der fast 70-jährige Zeuge gab an, dass er auf seiner alltäglichen Beobachtungstour durch sein Jagdrevier war. Dabei habe er gesehen, dass sich auf dem Hänger des vermeintlichen Diebes ein „länglicher, eingewickelter Gegenstand“ befand. Zuvor habe er beobachtet, dass sein Nachbar „am Baum beschäftigt gewesen“ sei. Da seien es noch acht Bäume gewesen, die sein Sohn vor zwei Jahren dort gepflanzt hatte. Als er etwas später an der Stelle vorbeikam, seien es nur noch sieben gewesen.

Er habe den Angeklagten zwei Tage später zur Rede gestellt. Der hätte aber nur gesagt: „Ich habe keinen Baum von Dir, da musst Du Dich verguckt haben.“ Der des Diebstahls Beschuldigte hatte sogar angeboten, sich auf seinem Grundstück umzusehen. Doch dieses Angebot hatte der Zeuge abgelehnt.