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Ausbildung Syrer lernt in Stendaler Betrieb

Ibrahim Shehadeh beginnt seine Ausbildung zum Mediengestalter in der Druckmanufaktur von Hartmut Holz in Stendal.

Von Anastasia Hartleib 10.07.2018, 01:01

Stendal l Ibrahim Shehadeh kam vor rund drei Jahren nach Stendal. Der heute 22-Jährige stammt aus der syrischen Hafenstadt Latakia, begann seine schwere Reise, die ihn über einige Umwege nach Deutschland führte, bereits mit 15 Jahren. Nichtsdestotrotz hat es Shehadeh geschafft, den Blick nach vorne zu richten. Und der verspricht rosige Aussichten: Im kommenden August beginnt Shehadeh eine Ausbildung zum Mediengestalter in der Stendaler Druckmanufaktur Holz.

Dass er bei Hartmut Holz, dem Inhaber der Druckmanufaktur landete, war eigentlich Zufall. Der Syrer kümmerte sich bereits nebenbei um die Gestaltung der „Mize“, der Migrationszeitung für den Stendaler Landkreis. Da Holz die Zeitung druckt, kam Shehadeh gemeinsam mit der Integrationskoordinatorin Stella Khalafyan, Betreuerin der Migrationszeitung, in die Nicolaistraße.

„Da habe ich gemerkt, Mensch, der Junge kann was. Mein Sohn hatte gerade seine Ausbildung beendet, und ich habe einen Azubi gebraucht. Dann hat mir eine Freundin erzählt, dass er Probleme in der Berufsschule hatte, und da habe ich ihn gefragt, ob wir es denn nicht mal versuchen wollen“, erzählt Holz.

Der junge Syrer hatte bereits eine schulische Ausbildung zum technischen Gestaltungsassistenten begonnen. Doch weil sein syrischer Realschulabschluss nicht anerkannt wurde, konnte er diese Ausbildung nicht fortsetzen.

Im Dezember letzten Jahres begann die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Holz und Shehadeh mit einer sogenannten Einstiegsqualifizierung, einer Maßnahme der Arbeitsagentur, vergleichbar mit einem Vorpraktikum. „Die Einstiegsqualifizierung dient dazu, dass Bewerber und Betrieb sich gegenseitig kennen lernen und schauen können, ob die Chemie stimmt“, sagt Sabine Grüttner, Teamleiterin der Berufsberatung.

Die Arbeitsagentur vergütet das Vorpraktikum und stellt dem Arbeitgeber Mittel für etwaige Bescheinigungen oder Anträge zur Verfügung. „Insgesamt gibt es im Landkreis Stendal 30 Bewerber mit migratorischem Hintergrund. Die meisten davon stammen überwiegend aus Asylkontext. Knapp die Hälfte von ihnen konnte bereits in Ausbildungsstellen vermittelt werden. Alle durchlaufen vorher die Einstiegsqualifizierung“, erklärt Grüttner.

Dass die Zahl der Bewerber mit Migrationshintergrund im Vergleich mit der Gesamtzahl der gemeldeten Bewerber von 1011 so gering ausfällt, liegt auch an den Voraussetzungen. „Für die Vermittlung kommen die Bewerber in Frage, die auch wirklich fit für die Ausbildung sind. Das setzt auch eine gewisse Sprachkompetenz voraus“, so Grüttner.

Die ist bei Ibrahim Shehadeh mehr als gegeben. „Es lief von Anfang an ohne Schwierigkeiten. Hin und wieder hapert es vielleicht an einem Begriff, aber da fragt er dann auch nach. Er lernt sehr schnell und hat eine wirklich hohe Auffassungsgabe. Die Zusammenarbeit läuft so gut, dass ich auch keinerlei Bedenken habe, ihn sogar hin und wieder mal alleine zu lassen“, sagt Holz.

Außer ihm und dem künftigen Azubi hilft seine Frau in der Buchhaltung aus. „Wir sind ein sehr kleiner Betrieb, da muss ich mich eben auch auf meinen Mitarbeiter verlassen können“, sagt Holz. Daher macht es ihm auch nichts aus, dass Shehadeh keinen offiziell anerkannten Schulabschluss hat: „Das ist mir total egal. Hauptsache, er kann was.“

Zwar hätte Holz künftiger Azubi die Möglichkeit, einen deutschen Schulabschluss im Rahmen seiner Ausbildung zu machen, möchte das allerdings nicht unbedingt: „Ich kann die Ausbildung ja auch ohne machen. Und ich habe einfach schon zu viel Zeit verloren. Ich möchte endlich richtig arbeiten.“

Von allen Tätigkeiten über das Drucken und Falzen macht ihm die Gestaltung am meisten Spaß. „Das habe ich schon gemacht, das kann ich einfach.“ Ob er irgendwann zurück möchte nach Syrien? „Ich kann nicht zurück. Solange es dort terroristische Herrscher gibt, kann ich nicht frei sein. Da muss man schon auch realistisch sein“, sagt Shehadeh.