1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Ein ungewöhnlicher Fall für die Helfer

Bahnhofsmission Ein ungewöhnlicher Fall für die Helfer

Die Mitarbeiter der Stendaler Bahnhofsmission bewahrten einen verwirrten Senior vor einer ungewissen Reise.

Von Nora Knappe 18.11.2017, 00:01

Stendal l „Diese Geschichte muss einfach erzählt werden“, findet Annette Seher, ab Januar neue Leiterin der Stendaler Bahnhofsmission. Es ist eine Geschichte vom Helfen und von richtigen Entscheidungen in einem schwierigen Moment.

Es war morgens am 25. Oktober, als den Bahnhofsmissionsmitarbeiterinnen Gabriele Wein, Elke Grund und ihrem Praktikanten Robert Muth auf dem Bahnsteig ein älterer Herr auffiel, den sie schon kannten. Er hatte wie immer seinen Rollator dabei und – drei große Koffer. „Er fährt regelmäßig mit der Alma, aber an diesem Tag wollte er nach Süddeutschland“, erinnert sich Elke Grund. Und er erzählte immer wieder eine andere Variante, warum er dorthin wollte. „Da dachten wir, da stimmt etwas nicht.“ Alle Versuche, ihn von dieser Reise abzubringen, brachten nichts. Auf gut Glück kontaktierten die Helfer zwei Pflegeheime in der Nähe, in einem waren sie richtig.

Dort wohnt der 84-Jährige, der an Demenz erkrankt ist. Er hat die Erlaubnis für seine regelmäßigen Alma-Fahrten, meldet sich sonst immer ab – nur diesmal nicht. Zwei Pflegeschwestern kamen zum Bahnhof, aber erst mit Hilfe der Polizei gelang es, den Mann zu überzeugen, dass er besser nicht Zug fährt.

Dass er am Ende wieder sicher in die Obhut des Heims gelangte, sei der Besonnenheit der drei Mitarbeiter zu verdanken, sagt Annette Seher. „Das haben die drei wirklich toll gemacht, ich finde es bemerkenswert, dass sie so gut reagiert haben.“ Der Vorteil war: Die drei kannten den Mann schon. „Hätte ich an diesem Tag Dienst gehabt“, überlegt Seher, „hätte ich ihm bestimmt in den Zug geholfen. Das wäre letztlich nicht zu seinem Besten gewesen.“

Im Detail gewappnet sind die Mitarbeiter der Bahnhofsmission für solche Fälle im Grunde nicht. „In der Ausbildung werden solche Dinge angerissen“, sagt Anette Seher, „aber es gibt ja keine Ausbildung in Demenzpflege.“ Es sind also Menschenkenntnis und bedachtes Handeln gefragt.

Den beiden Ehrenamtlichen und dem Praktikanten ist dieses Erlebnis noch sehr präsent. „Das ist ja nicht alltäglich und war auch für uns sehr aufreibend“, sagt Gabriele Wein.

Aber es lief eben genau richtig. Braucht jemand Hilfe auf dem Bahnhof, ist die Bahnhofsmission erster Anlaufpunkt. „Nächstenliebe am Gleis, das ist es, was wir tun“, formuliert es Annette Seher. Und wenn die Ehrenamtlichen dabei selbst an Grenzen stoßen oder ihre Art des Helfens keinen Widerhall findet, dann kontaktieren sie die Polizei. Allein lassen sie jedenfalls niemanden, der sich in einer offensichtlichen Notsituation befindet.

Die Bahnhofsmission Stendal befindet sich am Bahnhof an Gleis 1. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, nicht aber an Feiertagen. Tel.: 03931/410 82 89, E-Mail: stendal@bahnhofsmission.de