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Corona-Krise Gewinner und Verlierer in der Wirtschaft

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft im Landkreis Stendal sind noch nicht abzusehen. Die Lage ist sehr besorgniserregend.

Von Regina Urbat 20.04.2020, 01:01

Stendal l Aufeinander gestapelte Holzstämme soweit das Auge reicht. Im Industriegebiet in Arneburg rauchen die Schornsteine im wahrsten Sinne des Wortes. „Die Zellstoffproduzenten Mercer und Sofidel haben regelrecht Hochkonjunktur. Hygiene-Artikel sind gerade jetzt in der Corona-Krise stark gefragt“, sagt Sebastian Stoll, Wirtschaftsförderer und 2. Beigeordneter in der Kreisverwaltung Stendal.

So wie die Papierfabriken sind auch andere Bereiche weniger von der Corona-Pandemie betroffen. Von rund 500 Firmen, die die Wirtschaftsförderung des Landkreises im Netz erfasst hat, hält Sebastian Stoll zu etwa 160 Betrieben engen Kontakt. „Im Straßenbau, ob bei Punzel in Bostel oder bei OstBau in Osterburg gibt es derzeit so gut wie keine Verluste“. Anfangs hätte man sich gesorgt wegen der Abstandsregelungen, „das hat sich geklärt, sie sind kein Problem.“ Von Firmen für Pumpen- und Wassertechnik, für Flachglas sowie von Dachdeckern und anderen Handwerksbetrieben sei ihm von einer stabilen Auftragslage berichtet worden.

Anders sieht es bei Stahlbaufirmen und Ausstattern aus. „Öffentliche Aufträge sind zurückgestellt, Messen und Events ersatzlos gestrichen“, so Stoll. Wiederum andere Unternehmen wie BiCoBa in Bismark haben nach neuen Möglichkeiten gesucht. Weil die Nachfrage nach Schul- und Büro-Containern stagniert, werden dort Container für Fieberzentren hergestellt.

Trotz Umschichtung und der Verwendung vorhandener Materialien für neue Produkte wie beispielsweise für Schutzvisiere, „kommen die meisten Betriebe nicht umhin, ihre Leute in Kurzarbeit zu schicken“, sagt Sebastian Stoll.

Mit großer Sorge blickt der 39-Jährige auf Händler, Gewerbetreibende, auf Gaststätten- und Pensionsbetreiber, auf Hoteliers und Selbstständige, die mit voller Wucht von der Krise geschüttelt werden. „Wir spüren die Existenzängste und sind auch bestrebt, Unterstützung zu geben“, sagt Stoll. Zwar kann das Kreisamt für Wirtschaftsförderung nicht mit Geld helfen, sondern vielmehr bei der Beantragung von finanziellen Hilfen Unterstützung leisten.

Vier Mitarbeiter würden ständig dafür zur Verfügung stehen. Schwerpunkt waren die Anträge für die Corona-Soforthilfe. Je nach Größe des Betriebs, staffeln sich die Zuschüsse (siehe Infokasten). Solo- selbständige und Freiberufler erhalten bis zum 9000 Euro.

Wie viele von den 34 000 Anträgen auf Corona-Soforthilfe, die bei der Investitionsbank (IB) des Landes gestellt wurden, aus dem Landkreis Stendal sind, vermag Sebastian Stoll nicht zu sagen. „Die Zahl würde mich sehr interessieren, um das Volumen abschätzen zu können, was Corona der Wirtschaft im Kreis kostet.“ Doch die IB kann solche Zahlen derzeit nicht liefern. „Die Mitarbeiter sind schwer damit beschäftigt, die Anträge zu bearbeiten“, weiß Stoll.“

200 Mitarbeiter sind es bei der IB derzeit, 40 sind aus anderen Abteilungen wie Kultusministerium und Landesverwaltungsamt hinzugezogen worden. Innerhalb der nächsten drei Wochen sollen jene, die berechtigt sind, das Geld zu bekommen, es auf dem Konto haben. „64 Millionen Euro sind schon bewilligt“, ergänzt Sebastian Stoll.

Für viele Freiberufler, Selbständige und Kleinstunternehmer ist die Corona-Soforthilfe zumindest eine Sicherheit, die Laden- oder Büromiete und Fixkosten bestreiten zu können. Wer für seinen privaten Unterhalt nicht mehr selbst sorgen kann, „muss oftmals Harz IV beantragen“, sagt Stoll. Das sei bitter, jedoch gibt es mit dem Corona-Sozialschutzpaket eine Erleichterung, Leistungen für sechs Monate beziehen zu können. „Das System ermöglicht es, dass keiner auf der Straße landet und keiner hungern muss.“

Dennoch geht Stoll davon aus, dass Existenzen „leider auf der Strecke bleiben“. Noch zeigen sich viele kulant, gewähren Stundungen und manches mehr. Besorgniserregend sei es im Hotel- und Gaststättengewerbe mit all den Dienstleistungen, die sich anschließen. Der Bruch durch Corona - auch in anderen Produktionsbereichen - sei noch nicht absehbar.