Freizeitsport Achtung, wir boßeln

Das aus dem Norden stammende Freiluftspiel Boßeln wird auch in Bertingen am Pfingstwochenende ausgelebt - mit gelockerten Regeln.

Von Birgit Schulze 08.02.2018, 13:01

Bertingen l Boßeln funktioniert ein bisschen wie Kegeln - nur im Freien, auf holperigen Wegen und in netter Begleitung. Es geht darum, mit möglichst wenigen Würfen eine vorher festgelegte Strecke zu absolvieren. Für ihre rund sechs Kilometer sind die Boßelfreunde vom Eichkaterverein in Bertingen schon mal einen halben Tag in der Elbniederung unterwegs.
Auf ihren zum Teil sehr kreativ gestalteten Handwagen sind "Zielwasser" und Verpflegung für unterwegs ein wichtiger Teil des Spiels. Harald und Birgitta Heinert brachten vor mehr als 15 Jahren von einem Besuch bei Verwandten im Raum Hildesheim das Spiel mit in den Süden der Altmark. In Bertingen sind die Regeln zugunsten der Gemütlichkeit aber ein wenig aufgeweicht worden.
Jede Mannschaft startet dort für sich - als einzelnes Team - und schreibt die Anzahl der Würfe mit ihren Gummikugeln nach bestem Wissen und Gewissen selbst auf. Prämiert werden aber nicht nur die Teams mit der geringsten Anzahl an Würfen, sondern auch die schönsten Wagen. Da gab es schon den "A-Team-Bus" oder ein Schiff namens "Dorothee" zu sehen.
Regulär treten beim Boßeln aber zwei Teams (zwischen vier und sechs Mitspieler) in Gruppen gegeneinander an, die in direktem Wettkampf auf die meist mehrere Kilometer lange Strecke gehen. Empfohlen werden zwischen drei und sechs Kilometer, möglich sind aber auch längere Strecken. Das Spiel bietet sich im norddeutschen Flachland besonders an. Beim Straßenboßeln werden asphaltierte oder befestigte Wege bevorzugt. Rollt die Kugel von der Straße oder in einen Graben, wird sie im rechten Winkel zurück auf die Strecke gelegt, bevor der nächste Wurf ausgeführt werden darf.
Ein Team beginnt, dann wird im Wechsel der Mannschaften gespielt. Jeder Werfer setzt dort an, wo die Kugel seines Teams beim vorangegangenen Wurf liegen geblieben ist. Die weiter hinten liegende Kugel wird zuerst geworfen. Gelingt es dem Spieler nicht, die gegnerische Kugel zu überholen, bekommt die gegnerische Mannschaft einen Punkt (auch "Schöt" genannt). Das Team, das am Ende der Strecke die meisten Punkte gesammelt hat, ist der Sieger.
Als Teamsport wird das Straßenboßeln vor allem wegen der Geselligkeit in freier Natur geschätzt. In seiner Heimat Ostfriesland, wo es aus dem jahrhundertalten "Klootschießen" ("Kloot" steht für einen Klumpen aus Erde) heraus entstanden sein soll, wird das Boßeln vor allem in der kalten Jahreszeit auf gefrorenen Böden gespielt.
Am südlichen Rand der Altmark bevorzugt man die milderen Pfingstfeiertage. Prinzipiell kann das Boßeln auch als Einzelwettkampf (Preiswerfen) praktiziert werden. Dann wird nur die Länge des jeweiligen Wurfes gewertet. In Bertingen wird übrigens auch in diesem Jahr am Pfingstsonntag wieder geboßelt. Gäste sind gern gesehen, los geht es um 10.30 Uhr am Platz "Unter den Eichen". Auch der Griebener Heimat- und Windmühlenverein hat 2016 das Boßeln für sich entdeckt. In diesem Jahr soll es nach Möglichkeit wieder ein vereinsinternes Boßelturnier im Griebener Wald geben. Wann das stattfindet, stehe aber noch nicht fest, sagt Vorsitzender Klaus Wolf.
Zum touristischen Event macht Maren Jochum das Boßeln in Apenburg-Winterfeld. Auf dem Landhof Altmark bietet ihre Familie Boßeln mit Grünkohlessen für Gruppen an. Bollerwagen mit Kugeln können ausgeliehen werden, für die nötige Anleitung sorgt ihr Ehemann. Ab November bietet sie die Boßeltouren rund um den Hof an, am 24. Februar hat sich die nächste Gruppe angemeldet. Die Mitglieder einer Studentenverbindung aus dem Saarland werden dann die Kugel rollen lassen.