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Fridays for Future Die Rückkehr der Klimaaktivisten

In der Altmark haben die Aktivisten von Fridays for Future ihren Protest wieder aufgenommen. Sie demonstrierten in Stendal.

Von David Boos 08.05.2020, 23:01

Stendal l Lange war es still um die Klimaaktivisten von „Fridays for Future“. Die Corona-Pandemie überschattete in den Nachrichten der vergangenen Wochen und Monate auch den Klimaschutz, doch nun wollen die jungen Aktivisten die öffentliche Aufmerksamkeit wieder auf die ihrer Meinung nach drohende Klimakatastrophe lenken. So wie am Freitag in Stendal

Unter dem Motto „Fairkehrswende“ möchte Isabella Lang die neue Saison im Klimastreit einläuten. „Wir haben eine klare Forderung an die Politik“, sagt die 26-jährige Studentin. Sie und ihre Mitstreiter fordern unter anderem „bessere Verbindungen für Radfahrer“, „eigene Radstraßen“, sowie ein „Überholverbot von Fahrrädern für Autos in Innenstadtbereichen“. All dies diene, so Lang, mehr „sozialer Gerechtigkeit.“

Der Startschuss für diese Kampagne war ursprünglich für den 24. April geplant, aber Corona machte dieser Planung einen Strich durch die Rechnung. Gestern war es aber soweit, wenn auch nur unter strengen Auflagen. Lediglich 20 Demonstrationsteilnehmer waren erlaubt, außerdem mussten Sicherheitsabstände eingehalten werden.

So entschieden sich die Aktivisten von „Fridays for Future“ dazu, ihre Schilder auf demStendaler Marktplatz am Boden auszubreiten. Dazu stellten sie auch noch Schuhe auf, „im Gedenken an jene, die nicht dabei sein können“, fügt Isabella Lang hinzu. Eine ähnliche Aktion gab es vor zwei Wochen in Berlin, als „Fridays for Future“-Vertreter für den Livestream ihrer Online-Demo eine Reihe von Protestplakaten ausdruckten und vor dem Kanzleramt niederlegten.

In Stendal konnten die Aktivisten auf Unterstützung örtlicher Politik zählen, denn Landrat Patrick Puhlmann (SPD) nahm ebenfalls an der Demonstration teil. Er hatte bereits die beiden Stendaler Klimastreiks im Vorjahr inhaltlich mitgetragen. „Wir haben im Land ein großes Potential erneuerbarer Energie“, betont Puhlmann, „dieses Potential sollte genutzt werden.“ Er könne zwar „gut verstehen“, dass „die wirtschaftlichen Folgen“ der Corona-Krise für Betroffene erstmal „Priorität haben“. Doch langfristig seien „zukunftsgerichtete Investitionen“ wie für die Digitalisierung entscheidend, um einen „nachhaltigen Weg“ aus der Krise zu finden.

Isabella Lang geht in ihren Forderungen noch weiter. Sie verweist dabei auf den spanischen Versuch, „das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen“. Zwar räumt die Masterstudentin für Rehabilitationspsychologie ein, dass die Aktivisten in Wirtschaftsfragen „natürlich keine Experten sind“, doch ist sie dennoch der Überzeugung, dass mit einer Umverteilung „genügend Geld da wäre“, um ihre Konzepte umzusetzen. Nicht jeder müsse in einem „blechernen Wohnzimmer“ durch die Stadt fahren, durch „Dezentralisierung“ könnten „neue Berufe geschaffen“ werden. Sie selbst sieht ihre berufliche Zukunft mittlerweile im Klimaaktivismus; so könnte sie sich vorstellen, als Kommunikationspsychologin für „Fridays for Future“ in Stendal tätig zu sein.

Einen düsteren Ausblick auf die Zukunft hat der 21-jährige Mathematikstudent Gregor Laukert. Er hat das Gefühl, „dass das Klima in den Hintergrund“ gerückt ist - dabei fordern „Naturkatastrophen wie Waldbrände, Fluten und Stürme“ gerade in „ärmeren Ländern“ unmittelbare Aufmerksamkeit. Skeptikern, die auf einen Rückgang von Naturkatastrophen in den vergangenen 100 Jahren verweisen, entgegnet er, dass deren Zahl „wieder ansteigen“ werde. Außerdem gehe es „nicht so sehr um fatale Katastrophen“, sondern um „langfristige Schäden“, wie zum Beispiel durch Klimawandel-bedingte Dürren. Menschen, die von der drohenden Rezession betroffen sind, möchte er „ökonomisch helfen“, betont aber, dass man die Wirtschaft „ökologisch aufbauen muss“.

Trotz aller Sorge um die Zukunft ist sich vor allem Isabella Lange aber sicher, dass der Mensch noch Handlungsspielraum besitzt. Der Übergang zu der von „Fridays for Future“ geforderten neuen Gesellschaft werde zwar schwierig sein, doch „im Mittelalter konnten sich die Menschen auch nicht vorstellen, wie wir heutzutage einmal leben würden.“