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Gelbe Tonne Großvermieter zahlen extra

Stendals Großvermieter zahlen Cont-Trans eine Pauschale, damit sie falsch befüllte gelbe Tonnen entsorgt und den Müll nachsortiert.

Von Thomas Pusch 08.06.2016, 01:01

Stendal l Mit einem Artikel in ihrer aktuellen Mitgliederzeitschrift ist die Wohnungsbaugenossenschaft Altmark (WBGA) in die Offensive gegangen. Thema sind die verunreinigten gelben Tonnen. Praktisch in jeder Tonne seien Abfälle, die dort nicht hingehörten. „Cont-Trans hat im Laufe des Jahres gedroht, sämtliche gelben Tonnen abzuziehen, wenn diese nicht ordnungsgemäß gefüllt sind“, heißt es. So habe sich die WBGA im Oktober vergangenen Jahres gezwungen gesehen, mit Cont-Trans einen Zusatzvertrag abzuschließen. So bekomme die Firma jeden Monat 1190 Euro dafür, dass sie den gelben Müll auf ihrem Betriebshof nachsortiert.

Im Gespräch mit der Volksstimme drückt es der geschäftsführende kaufmännische Vorstand, Harald Schwerin, noch etwas anders aus. „Die haben uns unter Druck gesetzt“, sagt er. Und mit „uns“ meint er auch die Mehrheit der anderen Großvermieter im Landkreis, etwa in Tangermünde und Tangerhütte. Die Alternative wäre gewesen, dass Cont-Trans die gelben Tonnen nicht mehr abholt, die Entsorgung des Abfalls als Restmüll hätte laut Schwerin noch höhere Kosten verursacht. Die zusätzlichen Kosten von jährlich rund 14 300 Euro werden auf die Mieter im Bestand der rund 3700 Wohnungen umgelegt. Das werde in diesem Jahr eine Steigerung der Nebenkosten von etwa zwei Euro pro Monat ausmachen, schätzte Schwerin.

Die Situation bei der Stendaler Wohnungsbaugesellschaft (SWG) ist ähnlich. „Wir sind genauso in einer blöden Situation“, meinte Geschäftsführer Daniel Jircik im Gespräch mit der Volksstimme. Formaljuristisch sei Cont-Trans in einer guten Position, auf der anderen Seite bedeute es für den Vermieter erheblichen Stress, wenn die gelben Tonnen nicht entsorgt würden. Dadurch, dass der Abholungsrhythmus von drei auf zwei Abholtage reduziert worden sei, seien die Tonnen am Freitag prall gefüllt. Die habe Jircik nicht übers Wochenende stehen lassen wollen, wenn der Cont-Trans-Fahrer sie wegen einer falschen Befüllung nicht mitgenommen hatte. Also organisierte er für die Entsorgung eine Fremdfirma und gelangte irgendwann zu dem Punkt, „an dem ich eine dauerhafte Lösung finden musste“.

So schloss er den Deal mit Cont-Trans. Die SWG zahlt monatlich 1500 Euro. Den Aufwand für den einzelnen Mieter sieht Jircik bei monatlich 30 Cent, also eine überschaubare Summe. „Dennoch bin ich nicht glücklich damit“, räumte er ein, eine andere Möglichkeit habe es aber nicht gegeben, um die regelmäßige Entsorgung der Tonnen vor den rund 4000 Wohnungen zählenden SWG-Wohnhäusern ganz sicherzustellen.

Regina Gehlhar, Vorstand der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft (GWG), kennt die Probleme mit der Entsorgung. Die seien aber mittlerweile im Griff. „Wir haben die gelben Tonnen so sortiert, dass wir nachvollziehen können, wo die falschen Abfälle herkommen“, erklärte sie. Gut 300 Wohnungen gehören zum Bestand der GWG. Nach einigen harten, aber vor allem verständlichen Worten gegenüber einzelnen Mietern habe sich die Situation deutlich verbessert. Zu nachträglich geschlossenen Verträgen zwischen Cont-Trans und Wohnungsvermietern möchte sie keine Stellung nehmen. „Zu dem Thema sage ich nichts“, fasste Gehlhar sich kurz.

Mit etwa 550 Wohnungen gibt Geschäftsführer Olaf Klautzsch den Bestand der Wohnungsbaugenossenschaft 1893 (WBG) an. „Die Probleme, dass falscher Abfall in den gelben Tonnen landet, haben wir auch“, sagte er im Gespräch mit der Volksstimme. Der Hausmeister überprüfe allerdings die Tonnen auch und wenn ein Mieter ausfindig gemacht werde, müsse der auch seinen Müll korrekt entsorgen. Allerdings sei dies in den Anlagen der WBG lediglich ein Randproblem. „Jeder achtet hier auf jeden und bei uns ist es auch überschaubarer als in den Anlagen der SWG oder der WBGA“, sagte er. So habe für seine Genossenschaft auch überhaupt nicht die Notwendigkeit bestanden, mit Cont-Trans einen zusätzlichen Vertrag abzuschließen.

Norman Mattke, Projektleiter bei Cont-Trans, wollte sich zu den Verträgen nicht äußern. „Wir möchten Einzelheiten der Abmachungen mit unseren Kunden nicht in der Öffentlichkeit sehen und machen dazu auch keine Angaben.“ Auch auf die Nachfrage, ob die Zusatzverträge Folge mangelnder Kalkulation des Nachsortieraufwandes seien, blieb er bei der Linie, über Details nicht zu reden.