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Gewalttat Tangerhütter muss in den Knast

Das Amtsgericht in Stendal veruteilte einen 28-jährigen Mann, weil er ein Tablet klaute und handgreiflich wurde.

Von Wolfgang Biermann 24.01.2020, 11:00

Stendal l Hat sich der Angeklagte eines räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung oder „nur“ eines Diebstahls und der Körperverletzung schuldig gemacht? Vor dieser schwierigen Frage stand in dieser Woche das Amtsgericht in Stendal.

Strafrahmen für den räuberischen Diebstahl im Regelfall: ein bis 15 Jahre Gefängnis. Im Gegensatz dazu beträgt der Strafrahmen für Diebstahl und Körperverletzung jeweils lediglich Gefängnis bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Letztlich schlug das Pendel zugunsten des 28-jährigen Angeklagten aus, weil nach Auffassung des Schöffengerichtes Zweifel am schwerwiegenderen Tatvorwurf blieben.

Es verurteilte den unter anderem wegen Raubes vorbestraften Tangerhütter, der zur Tatzeit wegen Drogenhandels und Abgabe von Rauschgift an Minderjährige unter Bewährung stand, zu einem Jahr Gefängnis – ohne Bewährung.

Am Abend des 18. Oktober 2018, so steht es zur Überzeugung der Richter fest, nahm der 28-Jährige, der sich auf Erinnerungslücken infolge Alkoholkonsums zurückzog, in einer Regionalbahn von Wittenberge nach Magdeburg bei der Einfahrt in den Bahnhof Tangerhütte einem Bahnbediensteten das Dienst-Tablet weg und wollte damit flüchten.

Der 59-jährige Lokführer, der als Fahrgast in diesem Zug mitfuhr, sprang nach dem Diebstahl seines Tablets vom Sitz auf, umklammerte den Täter und hinderte ihn am Ausstieg. Der wehrte sich heftig und verpasste dem Eisenbahner beim Gerangel einen Fausthieb ins Gesicht, der einen Nasenbeinanbruch zur Folge hatte. Dem Opfer eilte ein zufällig mitreisender Bundespolizist zu Hilfe. Gemeinsam überwältigten sie den Täter und fixierten ihn bis zum Eintreffen der Polizei.

Wollte der Angeklagte nur vom Tatort weg oder mit dem Tablet in „Beutesicherungsabsicht“ den Zug verlassen? Irgendwann hatte er das etwa 300 Euro teure Gerät fallen lassen, nur wann genau? Anders als die Staatsanwaltschaft, die 21 Monate Gefängnis gefordert hatte, war das Gericht davon überzeugt, dass der Täter nur flüchten wollte.

Allerdings nahm es ihm den Alkoholkonsum – eine große Flasche Wodka und fünf, sechs Bier – nicht ab. Das hätten die Bildsequenzen, der im Zug installierten Überwachungskameras eindeutig gezeigt. Sein Handeln war geplant und auf den Diebstahl ausgerichtet, hieß es im Urteil. Auch dass sich der Lokführer im Zug über das Äußere des Angeklagten mokiert und dieses in sein Tablet geschrieben hätte, verwies das Gericht anhand des Videobeweises ins Reich der Märchen. Der Angeklagte, der sehr auffällige Tattoos im Gesicht hat, kündigte Berufung an. Die Staatsanwaltschaft prüft ihrerseits das Einlegen von Rechtsmitteln.