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Nach unerwartetem Schritt von Heinz-Peter Döhmann wird neuer Stadtratsvorsitzender gesucht Graubner: "Falsche Person zurückgetreten"

Von Thomas Pusch 05.04.2013, 03:09

Mit dem Ende des Stadtrates endete auch die Amtszeit von Heinz-Peter Döhmann (SPD) als dessen Vorsitzender. Dies gab er in einer persönlichen Erklärung bekannt.

Tangerhütte l Das Stocken im Atmen der Stadträte war fast greifbar. Mittwoch, kurz vor 22 Uhr. Nachdem die letzte Anfrage gestellt war, erhob sich Stadtratsvorsitzender Heinz-Peter Döhmann (SPD) für eine persönliche Erklärung. "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich mit heutiger Stadtratssitzung von meiner Funktion als Stadtratsvorsitzender zurücktreten werde." Dieser Satz schlug ein wie eine Bombe. Nach einer hektischen Sitzung mit vielen Wortgefechten herrschte für einen Moment absolute Stille.

Als Gründe nannte Döhmann die gleichen, die seinen Vorgänger im Amt, Thomas Kruse (Pro Region), am 14. September 2011 zum Rücktritt bewegt hatten. Die fehlende Einheit zwischen Bürgermeisterin Birgit Schäfer (SPD), Verwaltung und Stadtrat, aber auch fehlerhafte und unzureichende Aussagen, Defizite in der Informationspolitik und unbefriedigende Reaktionen auf Anfragen und Anträge seitens der Bürgermeisterin. Döhmann erinnerte an seine Antrittsrede vom 26. Oktober 2011. "Wenn bei der Bürgermeisterin keine Selbstkritik, kein Zugehen auf den Stadtrat, kein Hinarbeiten auf Machbares zu bemerken ist und wenn sich das Arbeitsklima nicht deutlich bessert, wird sie in dieser Legislaturperiode sicherlich noch den dritten Stadtratsvorsitzenden neben sich erleben", hatte er vor knapp eineinhalb Jahren gesagt.

Er habe über seinen Rücktritt schon länger nachgedacht. "Der jetzige Auslöser war die Anzeigenflut der Bürgermeisterin gegen einzelne Stadträte und schließlich die Anzeige wegen Geheimnisverrats gegen Unbekannt", sagte er. Abschließend wünschte er seinem Nachfolger "eine bessere Zeit und eine glückliche Hand in diesem schweren Amt".

Im Mehrzweckraum der Lüderitzer Sporthalle machte sich Ratlosigkeit breit. Schäfer erklärte, dass sie überrascht sei und Döhmanns Rücktritt bedauere. "Wenn allerdings meine Anzeige ausschlaggebend war, dann möchte ich auf das Verursacherprinzip hinweisen", sagte sie. Marcus Graubner (CDU) zeigte sich berührt: "Hasi, Respekt vor dieser Entscheidung", nannte er Döhmann beim Spitznamen. Im Gespräch mit der Volksstimme hatte er sich schon wieder gesammelt. Er bedankte sich bei Döhmann für dessen umsichtige Führung, die immer fair gewesen sei. "Es ist die falsche Person zurückgetreten", schoss er eine Spitze in Richtung Bürgermeisterin. Noch sei nicht klar, wie es weitergehen soll. Zunächst werde ein Gespräch mit Landrat Carsten Wulfänger (CDU) angestrebt. "Wir werden den Druck erhöhen, ich sehe keine Möglichkeit der Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin", fügte er hinzu.

Für Peter Jagolski (SPD) stellt sich nach dem Rücktritt Döhmanns eine völlig veränderte Situation dar. "Das Gesprächs- angebot der Stadträte an die Bürgermeisterin ist damit vom Tisch", nannte er eine Konsequenz. Edith Braun (Wählergemeinschaft Lüderitz) zeigte sich ebenfalls getroffen. Döhmann sei ein erfahrener und leidenschaftlicher Kommunalpolitiker, der mit sachlich-ausgleichender Kompetenz die unterschiedlichen Interessen und Mentalitäten zusammengeführt habe. "Ein streitbarer Geist, aber immer mit dem nötigen Respekt gegenüber dem Andersdenkenden hat aufgegeben, weil er den Worten der Bürgermeisterin nicht mehr vertrauen kann", fügte sie hinzu. Sein Rücktritt sei angesichts seiner Erfahrungen aus einer nicht vertrauensvollen Zusammenarbeit konsequent und nachvollziehbar.

"Ich hätte es nicht gemacht", sagte Bodo Strube (Die Linke). Mit der gemeinsamen Erklärung einiger Fraktionen, die Döhmann zu Beginn der Stadtratssitzung verlesen hatte, seien doch die Eckpfeiler für die weitere Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Bürgermeisterin abgesteckt gewesen. Er könnte sich Frank Dreihaupt (fraktionslos) als neuen Stadtratsvorsitzenden vorstellen. Als weitere Kandidatin gilt Edith Braun. Für den stellvertretenden Stadtratsvorsitzenden Michael Nagler (SPD) ist zunächst gar nicht so wichtig, wer es als Nächster macht: "Viel entscheidender ist doch, dass zwei kompetente Personen zurückgetreten sind."