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Grundstücksverkauf Ein juristisches Nachspiel

Ein Flächenverkauf der Stadt Stendal kommt vor Gericht. Der Bieter mit dem geringsten Angebot kam zum Zuge.

Von Bernd-Volker Brahms 11.01.2019, 00:01

Stendal l Die Sache möchte Christian Röhl nicht auf sich beruhen lassen. Im September hat die Stadt Stendal eine rund 1,38 Hektar große Brachfläche im Norden der Stadt an der Langobardenstraße verkauft, zum "Schnäppchenpreis", wie einige Stadtratspolitiker sagen. Auch Christian Röhl als Geschäftsführer des Stendaler Bauunternehmens SeWe Tief- und Rohrleitungsbau/Anlagentechnik wollte das Gelände erwerben und Baugrundstücke daraus machen. Er gab ein Gebot dazu ab, kam aber nicht zum Zuge.
Röhl hat Klage gegen das Verkaufsprozedere eingereicht. Am 8.?März wird die Angelegenheit am Landgericht verhandelt, wie Gerichtssprecherin Stefanie Hüttermann bestätigt. Es gehe dem Kläger um die Feststellung der Nichtigkeit des Grundstücksverkaufs. Es werde argumentiert, dass der Verkauf unter dem Marktwert als unzulässige Beihilfe im Sinne des EU-Rechts zu werten sei.
Nach Volksstimme-Information ist für das Areal eine Summe von rund 100.000 Euro vereinbart worden. Der Bodenrichtwert, der vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation festgelegt wird, liegt in dem Gebiet allerdings bei 50 Euro je Quadratmeter, was bei der besagten Fläche eine Summe von rund 700.000 Euro ausmacht. Für den Verkauf war ein Gutachten herangezogen worden, das vom Investor beauftragt wurde. Letztlich wurde exakt die Summe des Gutachtens als Kaufsumme festgelegt.
Zwei Stendaler Bauunternehmer haben den Zuschlag für das unerschlossene Gebiet bekommen, sie wollen dort Straßen einziehen und Einfamilienhäuser bauen. Am 3.?September hatte der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung mehrheitlich für den Verkauf gestimmt (21 Ja-Stimmen, 10?Nein-Stimmen und drei Enthaltungen). Klar gegen den Verkauf hatte sich Herbert Wollmann, Fraktionsvorsitzender SPD/FDP/Piraten/Ortsteile positioniert.
Der Verkauf hatte eine Vorgeschichte. Bereits im Jahre 2017 hatten die Unternehmer, die letztlich den Zuschlag bekamen, ihr Interesse angemeldet. Die Stadt hatte das Areal in ihrem Baulandkataster verzeichnet, in dem potenzielle Flächen für eine Wohnbebauung eingezeichnet sind - dabei sind sowohl Flächen in privater als auch in städtischer Hand markiert.
Im Liegenschaftsausschuss der Stadt wurde dem Verkauf des städtischen Geländes am 26. März 2018 zugestimmt. Allerdings wollten die Unternehmer, als der Verkauf beim Notar anstand, dann unter einer anderen als der vorher bezeichneten Firma den Kauf abwickeln. Eine beauftragte Mitarbeiterin der Stadt wickelte den Verkauf unter Vorbehalt ab, wohl wissend, dass dafür ein neuer Beschluss aus der Stadtpolitik erforderlich sein würde.
Bis es dann Anfang September zu einem Beschluss im Stadtrat kam, sind bei der Stadt allerdings drei weitere Angebote für das aus drei Grundstücken bestehende Areal eingegangen. Nach Volksstimme-Information haben alle drei ein höheres als das ursprüngliche Gebot abgegeben.
Nach Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht, die im Sommer eingeschaltet worden war, musste die Stadt die neuen Angebote nicht berücksichtigen. Gegenstand des zweiten Beschlusses der Ratspolitik sei lediglich der Rechtsformwechsel des Vertragspartners von der GmbH zur GbR gewesen.
Lediglich, wenn der Stadtrat im September dem Notarvertrag nicht zugestimmt hätte, wäre es möglich gewesen, die Grundstücke erneut anzubieten. Die Stadtratspolitiker waren im vollen Bewusstsein der Fakten, als sie darüber entschieden. Das hatte eine Umfrage der Volksstimme unter den Fraktionsvorsitzenden im November ergeben.
"Ich kann nicht verstehen, warum die Stadt Geld verschenken will", sagt Christian Röhl. Er setzt darauf, dass das Gericht zu einer anderen Rechtsauffassung kommt.
Neben dem zivilrechtlichen Verfahren droht auch noch ein strafrechtliches Verfahren. Ende des vergangenen Jahres hatte die Staatsanwaltschaft Unterlagen zu dem Verkauf im Rathaus abgeholt, wie die Verwaltung bestätigte.