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Kindertagesstätte Ein Stück Dorfgeschichte ist zu Ende

Mehrere Ordner mit der Geschichte der Kita füllen die Heimatstube in Bittkau, doch Ende Juli schlossen sich die Türen der Einrichtung.

Von Birgit Schulze 21.08.2016, 05:00

Bittkau l Seit dem Bau als Dorfschule hatte es immer Kinderlachen in der Thälmannstraße Nummer sieben gegeben. Erbaut in den Jahren 1911/12 war das Haus schon während der lehrerlosen Kriegszeit in den 40er Jahren auch zur Kinderbetreuung von Zwei- bis Zehnjährigen genutzt worden.

Inzwischen ist die Tagesstätte geschlossen, sie soll noch einmal als Übergangsquartier hergerichtet werden, wenn in Grieben gebaut wird. Aileen Gruß, stellvertretende Ortsbürgermeisterin in Bittkau, hat die Chronik jetzt noch einmal gemeinsam mit ihrem Fast-Schwiegervater Peter Lemme durchstöbert und dabei spannende Geschichten gefunden.

Letzterer erinnert sich nämlich aus seiner Kindheit noch an einen anderen Kindergarten: In einer Baracke neben der Kirche war er in den ersten Jahren untergebracht. 1947 war das, als „Ausgebombte“ hatte seine Familie Zuflucht bei der Oma in Bittkau gefunden. Später ging er auch in die Dorfschule, Thälmannstraße 7, die ab 1968 dann endgültig zum Kindergarten umfunktioniert wurde. Dort fanden zahlreiche Feste vom Fasching bis zum Laternenumzug statt, aber auch die kleinen alltäglichen Dinge wie das Einkochen von Obst aus dem Garten der Einrichtung werden erwähnt.

Zuvor schreibt die umfangreiche Chronik der Kindertagesstätte in Bittkau, die ein sehr aufmerksamer Beobachter verfasst haben muss, von vielen kleinen Anekdoten. 1945 wird ein regulärer Kindergarten neu eingerichtet, in der Mittagszeit erfolgte aber keine Betreuung. Dafür gab es den täglichen Abhol- und Bringdienst der Kinder am Denkmalsplatz in der Dorfmitte.

Dort holten die Eltern ihre Kinder ab und dorthin wurden sie auch morgens gebracht. Die Chronik erzählt von vielen Mäusen, die die Stullen der Kindergartenkinder in der Baracke anfraßen, oder später von der Nachbarin in einer Villa in der Deichstraße, die die Kindergartentoiletten mitbenutzte.

Der Kindergarten ist im Ort mehrfach umgezogen, auch im ehemaligen Gutshaus, das heute nicht mehr steht, war er ab 1954, dort bauten fleißige Helfer der benachbarten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft Karussell und Spielgeräte für die Kinder. Doch die Nähe zu Hühnern, Schweinen und Enten brachte Flöhe mit sich, auch das erzählt die Chronik.

Und auch eine kleine Besonderheit, an die sich Aileen Gruß bis heute gerne erinnert, ist in den umfangreichen Dokumenten noch zu finden: „Immer freitags gab es selbst gemachte Hefeklöße mit Obstkompott, ich habe das geliebt“, erzählt sie.

1973 kam Marion Schoewe, vorher Praktikantin im Kindergarten, als ausgebildete Erzieherin hinzu, auch das findet sich in der Geschichtssammlung. Sie war bis vor etwa vier Jahren noch Leiterin der Einrichtung. Letzte Leiterin war Anke Schulz, sie feierte mit ihren Kollegen und zuletzt 19 Kindern Mitte Juli Abschied von der Bittkauer Kindertagesstätte. „Mit der Schließung ist auch ein Stück Dorfgeschichte zu Ende gegangen“, sagt Aileen Gruß.