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Lehrfilm Die Sicht der Kinder auf ihre Lebenswelt

Am 6. Juli wird das Uppstall-Kino zum Hörsaal, ein Film zur Lehrveranstaltung.

Von Nora Knappe 30.06.2016, 01:01

Stendal l Wenn Studierende am 6. Juli, also mitten in der Woche, ins Uppstall-Kino gehen, schwänzen sie keine Seminare, sondern besuchen damit tatsächlich eine Lehrveranstaltung. Günter Mey, Professor für Entwicklungspsychologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal, hat seine Studierenden ins Kino gebeten, da er dort erstmals in Stendal seinen Film „Auf den Spuren von Martha Muchow“ zeigt. Andere Interessierte können ebenfalls zur Filmvorführung kommen.

Der Film ist ein Lehrstück für Studierende, die sich für Kindheitsforschung und für die Historie der Psychologie interessieren. Erzählt wird die Geschichte der Hamburger Psychologin Martha Muchow, die in den 1920er Jahren im Arbeiterbezirk Barmbek Kinder beobachtete. „Muchows Ansatz war für die damalige Zeit revolutionär, sie verstand Kinder als Akteure ihrer Entwicklung, die sich ihre Umwelt aktiv aneignen“, erklärt Mey. Muchow zeigte, dass Kinder die Welt „umschaffen“, wie sie es nannte. Dabei verwandte sie Methoden, die erlauben sollten, „die kindliche Lebenswelt aus der Perspektive der Kinder erfahrbar zu machen“.

In dem Film liest Simone Fulir, Schauspielerin am Theater der Altmark, Passagen aus der Studie vor. Auch Tammy Girke und Maik Rogge haben bei Lese-Einspielungen am Theeater der Altmark mitgewirkt. Anschaulich werde dabei, wie besonders die Sicht der Kinder ist, wenn sie durch Straßen ziehen, sich in Kaufhäusern bewegen oder am Stadthafen spielen. Es wird die Welt der Kinder in der Welt der Erwachsenen gezeigt.

Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Buch „Der Lebensraum des Großstadtkindes“ von Martha Muchow festgehalten. Sie selbst hat die Veröffentlichung nicht mehr erlebt – Muchow verübte 1933 angesichts der Repressalien und Diffamierungen durch die Nazis Suizid. Auch diese dramatische Geschichte erzählt der Film anhand von eingesprochenen Dokumenten, darunter Gesetzestexte und ein Denunziationsbrief. „Wir wollten eine cineastisch anspruchsvolle Dokumentation“ so Mey. Entsprechend enthält der Film Auszüge von Interviews mit Experten aus Sozial- und Geschichtswissenschaft über die Studie, über die Forscherin Martha Muchow und die damalige Zeit am Psychologischen Institut. Unterlegt sind die Aussagen mit historischen Aufnahmen und Bildern aus Hamburg-Barmbek.

Der Film lief bislang in Kinos in Hamburg, Frankfurt, Köln und Magdeburg, und er wurde auf wissenschaftlichen Kongressen in Deutschland und Dänemark gezeigt. Nun ist er auch als DVD erschienen, englisch untertitelt und mit Bonus-Material versehen.

 

Weitere Informationen unter www.qualitative-forschung.de/film_muchow/