1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Über den Umgang mit Flüchtlingen

Umfrage Über den Umgang mit Flüchtlingen

Was halten die altmärkischen Bundestagsabgeordneten vom UN-Migrationspakt? Die Stendaler Volksstimme fragt nach.

Von Bernd-Volker Brahms 25.11.2018, 00:01

Stendal l Einmal mehr war auch diese Woche ein bestimmendes politisches Thema der Umgang mit den Flüchtlingen. Hier beziehen die vier Bundestagsabgeordneten aus der Altmark Stellung zum Abschluss des UN-Migrationspaktes durch die Bundesrepublik Deutschland sowie zum Beginn des Baus der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Stendal. 30 Millionen Euro sind dafür veranschlagt – zwei Drittel bezahlt der Bund.

Die Volksstimme richtete folgende zwei Fragen an die Bundestagsabgeordneten: Frage 1: Sind Sie dafür, dass Deutschland den UN-Migrationspakt unterschreibt? Wenn ja, was kann er bewirken? Wenn nein, was sind Ihre konkreten Ablehnungsgründe? Frage 2: In Stendal ist eine Flüchtlingsunterkunft aus Mitteln von Bund und Land geplant. Der Bau beginnt 2019. Wie sollte mit dem Projekt weiter umgegangen werden? 

Marcus Faber (FDP): Um erst einmal mit dem Mythos aufzuräumen, Deutschland müsse bis 2035 jährlich zwei Millionen Flüchtlinge aufnehmen: Das ist falsch. Der UN-Migrationspakt enthält gar keine Aufnahmezusagen. Mit dem Migrationspakt haben wir das Potential, Migration zu regeln. Abschiebungen können damit schneller und effektiver erfolgen, weil sich die Herkunftsstaaten damit verpflichten, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen und bei der Abschiebung besser zu unterstützen. Ich bin dafür, den Migrationspakt zu unterschreiben, weil er Ziele vorgibt, die Deutschland längst erfüllt, und weil er für eine sichere und geordnete Migration mit klaren Regeln sorgt, ohne uns rechtlich zu binden.

Matthias Höhn (Linke): Ja, ich bin dafür. Flucht vor Krieg und Vertreibung ist eines der großen humanitären Probleme, die uns alle angehen. Der Migrationspakt eröffnet die Möglichkeit, die rechtliche Stellung von Menschen auf der Flucht zu verbessern und international langfristige Lösungen zu suchen, um gemeinsam Fluchtursachen zu bekämpfen. Im Grunde definiert die Vereinbarung die Leitplanken für die Migrationspolitik der Unterzeichner-Staaten, nämlich die Einhaltung von Menschenrechten. Er ist das Eingeständnis, mit globaler Migration verbundene Herausforderungen nur in internationaler Kooperation bewältigen zu können. Zwar ist der Pakt nicht verbindlich und greift auch nicht in die Souveränität der Staaten ein, stellt aber einen Schritt in die richtige Richtung dar. Die populistische Stimmungsmache gegen die Unterzeichnung des Pakts zeigt, dass es nicht um den Inhalt geht. Es gibt die Möglichkeit, gemeinsam an Verbesserungen zu arbeiten, aber rechte Populisten instrumentalisieren in alter Manier das Thema Migration.

Matthias Büttner (AfD): Ich bin klar gegen die Unterzeichnung dieses Pakts, da die Zustimmung eine Verstetigung der ungebremsten Migration nach Deutschland bedeuten würde. Bei genauerer Betrachtung erweist sich der Migrationspakt auch als massiver Eingriff in die Souveränität unseres demokratischen Rechtsstaates, da zwischen legaler und illegaler Migration überhaupt nicht mehr unterschieden wird. Deshalb haben sich bereits auch andere Länder wie die USA, Australien, Dänemark, Österreich und zuletzt auch Polen und Israel gegen diesen Pakt entschieden; weitere Demokratien werden sicher folgen. Dem Migrationspakt zufolge erhält jeder Migrant grundsätzlich dieselben Rechte wie ein Mitglied der eigenen Bevölkerung des Ziellandes, in das er einwandern wird – und es kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die meisten Migranten Deutschland als Ziel auserkoren haben. Dieser Pakt ermöglicht damit allen künftigen Migranten den unbegrenzten Zugang zu unserem Sozialsystem, zu dessen Erbringung sie nichts beigetragen haben. Gleichzeitig blendet er dabei völlig die möglichen Gefahren für die innere Sicherheit durch die erhöhte Kriminalitätsrate unter Zuwanderern aus sowie die Probleme bei der Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen. Ich hatte das Gefühl, dass die Bundesregierung diesen Pakt gern durchgewunken hätte, ohne eine öffentliche Diskussion in unserer Gesellschaft darüber zu führen. Erst auf Antrag der AfD-Fraktion im Bundestag, diesen Migrationspakt abzulehnen, entstand eine Debatte in den Medien und im Parlament, und man merkt sehr deutlich, wie dieses Thema die Bevölkerung beschäftigt.

Eckhard Gnodtke (CDU): Ich bin dagegen, den UN-Flüchtlingspakt zu unterzeichnen. Da haben hunderte von Ministerialen aus 192 Ländern über zweieinhalb Jahre hinweg alles an guten Gedanken und Ideen zusammengetragen, was überhaupt nur denkbar ist. Auf 32 Seiten werden 54 Ziele (diese auch noch mal mit Unterpunkten versehen!) zu allen Facetten der Migration formuliert. Leider geht dadurch die Unterscheidung zwischen Arbeitsmigration (und hier haben wir ja nun gerade den ersten Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes vorgelegt!) und Migration aus Gründen von Flucht und Vertreibung in diesem Text völlig verloren.

Marcus Faber (FDP): 2015 sind mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Aktuell liegen die Flüchtlingszahlen bei unter 200.000. Das ist ein Rückgang von mehr als 80 Prozent. Auch in Stendal sind die Flüchtlingszahlen entsprechend gesunken. Das Projekt ist unter diesen Voraussetzungen sinnlos, die Plätze werden faktisch nicht gebraucht. Schaut man auf kommunale Baustellen wie den schleppenden Breitbandausbau oder sanierungsbedürftige Schulen, können die für die neue Erstaufnahmeeinrichtung eingeplanten 30 Millionen Euro besser und sinnvoller eingesetzt werden.

Matthias Höhn (Linke): Wer verhindern will, dass Menschen im Fall steigender Flüchtlingszahlen in Turnhallen oder in Zelten campieren müssen, der muss Kapazitäten schaffen. Mit Blick auf die Lebensbedingungen in Erstaufnahmeeinrichtungen, die Bedürfnisse der Betroffenen und auf Integrationsmöglichkeiten sind kleine Erstaufnahmeeinrichtungen allerdings zweifellos besser als große Einrichtungen. Insofern sind die Pläne des Innenministeriums kritisch zu hinterfragen, da selbst Kinder die örtlichen Schulen nicht besuchen sollen. Wer sich um Integration und den sozialen Frieden sorgt, der muss daran etwas ändern. Ich plädiere daher auch für neue, aber bessere kleinere, sogenannte dezentrale Erstaufnahmeeinrichtungen. Um Kapazitäten nicht unbedingt leer vorhalten zu müssen, sollte zudem überlegt werden, inwieweit auch andere Nutzungen möglich sein können.

Matthias Büttner (AfD): Das Projekt sollte umgehend gestoppt und beendet werden. Ich denke, dass die große Masse der Menschen in Stendal dieser Aufnahmeeinrichtung skeptisch gegenübersteht und merkt, dass wir bereits genug Probleme bei der Unterbringung und Integration von fremden Menschen aus fremden Kulturkreisen haben. Die jüngsten Vorfälle – fast immer verbunden mit Kriminalität – häufen sich auch in unserer ländlichen Region. Schauen Sie sich den Stadtteil des Stadtsees an, dort entwickeln sich bereits Parallelgesellschaften wie wir dies aus Großstädten kennen. Eben weil es uns bereits jetzt trotz aller Bemühungen als Gesellschaft nicht gelingt, die schiere Masse an Ausländern zu integrieren und weil auch eine große Zahl der Migranten schlichtweg nicht den Willen hat, sich zu integrieren. Obendrein verschlingen sowohl der Bau als auch der Unterhalt dieser Unterkunft unzählige Millionen während, u.a. in Dresden und den südlichen Bundesländern, massive Leerstände bei den Unterkünften zu verzeichnen sind, da diese oft im Voraus langfristig angemietet worden sind.

Eckhard Gnodtke (CDU): Mit Stand 8. Oktober 2018 wurden in Deutschland 125.000 Migranten (Zahlen der IOM) für 2018 registriert. Es kann insoweit davon ausgegangen werden, dass die Anzahl derjenigen, die bis Ende des Jahres aufgenommen werden, bei unter 170.000 Personen liegt. Wenn bestimmte Kontrollmechanismen zu wirken beginnen, könnte die Zahl 2019 und 2020 weiter sinken. In Berlin hat man den Baubeginn zumindest einer Landesaufnahmeeinrichtung aus diesem Grunde verschoben (nein, es waren keine BER-Planer mit dabei!). Das Land Sachsen-Anhalt und der Bund könnten vereinbaren, dass die bereits bewilligten und eingeplanten Gelder so lange (z. B. bis 2020) zurückgelegt werden, bis zweifelsfrei feststeht, dass wir die Landesaufnahmeeinrichtung ohne jeden Zweifel und zwingend benötigen.