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Prozess Unter Alkohol am Steuer?

Vor dem Stendaler Amtgericht steht eine Frau, die betrunken Auto gefahren soll - behauptet ihre Freundin.

Von Wolfgang Biermann 04.01.2018, 16:11

Stendal l Um einen interessanten Fall von Trunkenheit im Verkehr geht es derzeit am Amtsgericht. Die Freundschaft zwischen zwei Stendalerinnen scheint zerbrochen und führte sie vor Gericht – die eine auf die Anklagebank und die andere in den Zeugenstand.

Der Frau auf der Anklagebank wirft die Anklage Fahren unter Alkohol vor. Die bestreitet, am Abend des 11. September betrunken mit ihrem VW Golf von der Wohnung der Freundin in der Bahnhofsvorstadt nach Hause in Stendal-Nord gefahren zu sein. Sie hätte an dem Abend wohl getrunken. Allerdings will sie nicht mit ihrem Auto, sondern mit dem Fahrrad zur Freundin und von dort wieder weggefahren sein. Die Freundin aber sagt als Zeugin aus, dass die Angeklagte nicht nur Alkohol konsumiert habe, vielmehr habe diese auf sie einen emotional aufgewühlten Eindruck gemacht.

Darum sei sie besorgt gewesen, als sich ihre Freundin ans Steuer ihres Pkw setzen wollte. Sie habe versucht, sie davon abzubringen und sich sogar vor die Motorhaube gestellt, um die Fahrt zu verhindern. Doch die Freundin sei davon unbeirrt davongefahren. Aus Sorge habe sie daraufhin die Polizei alarmiert. Zwei Beamte fanden die Angeklagte in ihrer Wohnung vor und brachten sie zur Blutentnahme. Der dabei amtlich festgestellte Blutalkoholwert bestätigte die Fahruntüchtigkeit.

Doch die Angeklagte bietet einen Entlastungszeugen auf, der vor Gericht angibt, dass sie nicht gefahren sei. Vielmehr, so der 43-Jährige aus einem Stendaler Ortsteil, hätte er sich deren Auto zuvor ausgeliehen gehabt und just an jenem Abend zurückgebracht. Sie könne also gar nicht gefahren sein. Als die Polizei die Angeklagte zur Blutprobe holte, sei er in deren Schlafzimmer gewesen. Später hätte er die Wohnung verlassen.

Seine Aussage kollidiert indes nicht nur mit der Aussage der Freundin, sondern auch mit der der beiden Polizeibeamten. Die hatten nämlich ausgesagt, dass die Angeklagte die Wohnungstür abgeschlossen hat. Da der Zeuge angab, keinen Schlüssel zu besitzen, könne er die Wohnung nicht einfach verlassen haben, hakte die Staatsanwältin nach.

„Einer von Ihnen lügt – entweder die andere Zeugin oder Sie. Sie bewegen sich da auf sehr dünnem Eis. Bedenken Sie, was Sie hier aussagen“, forderte die Staatsanwältin den 43-Jährigen auf. „Falschaussage vor Gericht wird härter bestraft als Trunkenheit im Verkehr“, machte sie klar. Der Zeuge blieb aber bei seiner Aussage.

In der Prozessfortsetzung sollen nun weitere Zeugen gehört werden. Bis dahin soll auch ein rechtsmedizinisches Begleitstoffanalyse-Gutachten zu der Frage vorliegen, ob die Angeklagte zum Tatzeitpunkt womöglich unter Einfluss von Psychopharmaka oder illegalen Drogen stand.