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Schüleraustausch Ein Jahr im ländlichen Kansas

Über das Parlamentarische Patenschafts-Programm hat Paula Löber aus Büste ein Jahr in den Staaten verbracht.

Von Donald Lyko 05.08.2019, 15:40

Stendal l In einer Sache ist es Paula Löber wie vielen ihrer Vorgänger ergangen: „Ich habe unser deutsches Essen vermisst, vor allem das Brot.“ Doch das ist beim Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate eher ein Randaspekt. „Ich habe sehr viel mitgenommen“, sagt die heute 22-Jährige, „und kann nur jedem empfehlen, ins Ausland zu gehen. Ich bin dadurch selbstständiger geworden, habe meine Englischkenntnisse ungemein verbessert, viele Freundschaften geschlossen und eine zweite Familie in Amerika gefunden.“

Ihre zweite Familie, das ist eine 79-jährige Dame in Overland Park im Bundesstaat Kansas, bei der Paula Löber während ihres US-Aufenthaltes gelebt hat. Overland Park sei „eine riesige Stadt, aber doch schon ländlich geprägt“. Nicht weit entfernt liegt aber Kansas City. Oft war sie auch bei der Gastfamilie eines anderen Teilnehmers am Parlamentarischen Patenschafts-Programm in der Stadt. „Das war wie eine zweite Gastfamilie“, erzählt die junge Büsterin, die nach der Schule eine Ausbildung zur Industriekauffrau im Landesweingut Kloster Pforta bei Naumburg gemacht hat.

Auf der Schüleraustausch-Messe „Auf in die Welt“ in Leipzig hatte Paula Löber erfahren, dass es das Programm von Bundestag und US-Kongress gibt, mittlerweile im 35. Jahrgang. Und weil sie ohnehin geplant hatte, nach der Ausbildung in die USA zu gehen, schickte sie eine Bewerbung ab. Und es hat geklappt. Ihr Pate war der altmärkische CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhard Gnodtke.

Am 7. August vorigen Jahres ging es von Frankfurt/Main nach New York City. Dort fand ein einwöchiges Orientierungsseminar statt. Pro Jahrgang gehen 75 deutsche Schüler, Auszubildende und junge Berufstätige im Alter bis 25 Jahre in die USA, im Gegenzug kommen 75 Amerikaner nach Deutschland. Die eine Hälfte des Jahres wird eine Schule oder Universität besucht, die andere ist für Berufserfahrungen vorgesehen. Paula Löber besuchte das örtliche College in Overland Park und studierte dort Public Speaking, was sich mit „Öffentliche Rede“ übersetzen lässt, Management und Betriebswirtschaft.

Danach hat sie sechs Monate als Praktikantin bei der deutschen Firma „Kocher+Beck“ in der Marketingabteilung gearbeitet. Das sei interessant gewesen, aber beruflich möchte sie nun einen anderen Weg gehen. „Die Kenntnisse im Marketing sind zwar eine gute Grundlage, aber ich möchte mich auf die Bereiche Lebensmittel und Agrar konzentrieren“, sagt die 22-Jährige, die nun ein Studium in Angriff nehmen will.

Bei ihrer Gastfamilie, in der Schule, bei Treffen mit Freunden und bei Touren ins Umland habe sie „das richtige amerikanische Leben kennengelernt“, sagt Paula Löber. Dabei ist sie zum Football-Fan geworden, hat einige Barbeque-Abende, also Grillen auf Amerikanisch, genossen („in Kansas soll es das beste Barbeque der Welt geben“), hat modern eingerichtete Schulen erlebt, während eines vorbeiziehenden Tornados die Wartezeit im Wohnhauskeller verbracht, musste mangels öffentlicher Verkehrsmittel ein eigenes Auto haben. Und sie bekam einen Einblick in die Politik. „Sogar Donald Trump habe ich live erlebt“, erzählt die Büsterin. Denn während einer Wahlkampftour für die Kongresswahlen im vergangenen November sei der Präsident in ihrer Nähe aufgetreten. „Es hat mich schon erstaunt, wie er mit wenigen Worten die Leute begeistern kann“, beschreibt die 22-Jährige ihren Eindruck. Die große Politik haben Paula Löber und die anderen Jahrgangsteilnehmer während einer Reise nach Washington erleben dürfen. Nach einer Führung durch das Kongress-Gebäude standen Abgeordnete aus den Bundesstaaten, in denen den PPP-Teilnehmer lebten, zum Gespräch bereit.

Für den Bundestagsabgeordneten Eckhard Gnodtke sind solche Begegnungen „sehr wichtig“, gerade in der aktuellen Situation müsse an der Zusammenarbeit gearbeitet werden, „denn wir haben noch immer die transatlantische Brücke. Wir sind Teil der westlichen Wertegemeinschaft.“

Während des Jahres in den USA mussten auch 40 Stunden freiwillige Arbeit geleistet werden. Paula Löber hat mit Kindern aus schwierigen Verhältnissen Hausaufgaben gemacht. Hausaufgabenhilfe, das könnte sie sich auch jetzt in Deutschland weiter vorstellen. Zum Urlaub möchte Paula Löber gern wieder in die USA reisen, „aber nicht dort leben“. Aber eines hat sie sich nach dem Jahr vorgenommen: „Viel reisen und die Welt sehen.“

Infos zum Parlamentarischen Patenschafts-Programm: www.bundestag.de/ppp