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Stollenprüfung So schmeckt die Vorweihnachtszeit

Rund 20 Bäckereien aus der Altmark und umliegenden Regionen stellten sich im Stendaler Kaufhaus Ramelow der Stollenprüfung.

Von Thomas Pusch 29.11.2018, 00:01

Stendal l Etwa eine Handvoll Stollenprüfer vom Zentralverband des Bäckerhandwerks gibt es in ganz Deutschland. Michael Isensee ist einer von ihnen. Am Mittwochnachmittag nahm er sich ein weiteres Mal Stollen aus der Altmark und den umliegenden Regionen vor. Mit der Stollenprüfung im Kaufhaus Ramelow wurde für viele Besucher inoffiziell die Vorweihnachtszeit eingeläutet. Rund 20 Bäcker hatten ihre Produkte mitgebracht, die Palette reichte vom klassischen Butterstollen über den Nussstollen bis zum Osterstollen. Letzterer ist eine Kreation von Obermeister Peter Flechtner. „Früher gab es in der Altmark das Osterbrot, da habe ich mir ein weihnachtliches Pendant einfallen lassen“, erklärte er im Gespräch mit der Volksstimme. Das Besondere an dem Stollen: Der Teig wird zwei Stunden in Kirschwasser eingelegt.

Für Isensee ist Stollen in heimischer Umgebung keine Option, wie er der Volksstimme verriet. „In den sechs Wochen vor Weihnachten habe ich täglich Stollenprüfungen, da muss ich am Wochenende runterkommen“, sagte er. Süße Weihnachtsleckereien seien auch dann sein Ding, aber eben nicht so fettig wie die Stolle.

Sechs Kriterien gibt es, nach denen die Geschmacksproben bewertet werden: Form/Aussehen, Oberfläche/Krustenbeschaffenheit, Lockerung/Krumenbild, Struktur/Elastizität, Geruch und Aroma. Eine Kategorie Geschmack gibt es gar nicht. „Nein“, erklärte Isensee, „ob es mir schmeckt oder nicht, ist ganz egal.“ Entscheidend sei, dass die Erwartungen, die die sogenannte Stollenkarte, auf der das Produkt genau beschrieben ist, erfüllt würden.

Wie schon in den vergangenen Jahren – die Prüfung findet bereits seit 2011 bei Ramelow statt – scharrten sich viele Besucher um Prüfer und Proben. Die meisten nutzten die Gelegenheit, eine Kostprobe abzugreifen, manche nahmen auch eine Stolle für zu Hause mit. Der Erlös aus dem Verkauf in Höhe von 420 Euro kommt der Tafel zugute.

„Stendal muss größer sein als Magdeburg, auf jeden Fall ist hier mehr los, als bei der Stollenprüfung in Magdeburg am Montag“, meinte Landesinnungsmeister Manfred Stelmecke. Auch Ramelow-Storemanagerin Annett Noffke (Favorit: Nussstollen) war begeistert von dem Zustrom. „Es ist jedes Jahr wieder toll, die Vorweihnachtsatmosphäre zu spüren“, meinte sie lächelnd. Rechtzeitig sei auch noch die Weihnachtsdekoration am und im Haus fertiggeworden. Das dauere immerhin zwei Tage.

Mehr Zulauf würde sich Stelmecke bei den Ausbildungsplätzen im Bäckerhandwerk wünschen. „In diesem Beruf sieht und schmeckt man, was man geschaffen hat“, machte er Werbung. Natürlich müsse man auch pünktlich sein und früh aufstehen. „Aber man hat auch früher Feierabend und kann mit dem Tag noch richtig etwas anfangen“, sagte er im Gespräch mit der Volksstimme.

Stelmecke entschied sich gleich nach der zehnten Klasse für die Bäckerlehre, wurde sogar vorzeitig nach zwei Jahren fertig, trägt seit 1987 den Meistertitel. Backen ist bei Stelmeckes Familientradition, sein Urgroßvater eröffnete 1900 in Borna die Bäckerei, noch heute wird dort gebacken. Sein Favorit sind Marzipan- und Butterstollen.

Davon waren auch einige unter den insgesamt 52 geprüften Backwerken. 39-mal wurde das Qualitätsurteil „Sehr gut“ vergeben, zwölfmal ein „Gut“, nur ein Stollen blieb gestern ohne Prämierung.