Seit 55 Jahren ein ganz besonderer Ort Tangermünde: Wo Kinderseelen wieder Frieden finden
Heilpädagogisches Heim in Köckte bei Tangermünde feiert 55. Geburtstag. Wie die Bewohner leben und was sie bewegt.

Köckte. - Nicht jedes Kind wächst in einem Zuhause auf, das ihm guttut. Nicht jedes Kind bekommt von seinen Eltern das, was es braucht, um gesund und behütet in das eigene Leben zu finden. In solchen Fällen sind Kinderheime oft eine gute Alternative. Sie sind ein Ort, an dem Mädchen und Jungen wieder Kind sein dürfen.
Seit 55 Jahren gibt es in Köckte, einem kleinen Ortsteil der Stadt Tangermünde, in einem ehemaligen Gutshaus eine solche Einrichtung – ein Grund zum Feiern.
Heimleiterin Kerstin Projahn gab zu Beginn des Festes einen Einblick in die Geschichte des Hauses. 1970 für 60 Kinder eröffnet, die in drei Gruppen lebten und von jeweils zwei Erziehern betreut wurden, hat sich das Leben hier in ländlicher und ruhiger Idylle in den vergangenen Jahren sehr verändert.
Umgebaut und saniert
Mit dem gesellschaftlichen Umbruch 1990 verringerte sich die Kapazität des Heimes auf nur noch 30 Plätze. Zehn Kinder in drei Gruppen wurden fortan von drei Erziehern je Gruppe betreut. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband wurde Träger des Hauses. Das Konzept zu einer heilpädagogischen Einrichtung entstand. Psychologen und lernfördernder Dienst wurden damit notwendig. Die Mitarbeiter bildeten sich weiter. Bauliche Veränderungen begannen.

1997/98 wurde das Haupthaus umgebaut. 2006 kam die Sanierung des Fachwerkhauses auf dem Gutshausgelände dazu. Seitdem bietet das „Heilpädagogische Kinder- und Jugendheim Köckte“ 24 Plätze in drei Wohngruppen an.
Wie die Kinder hier leben, das zeigten sie bei Führungen zur Geburtstagsfeier. Sie stellten aber nicht nur ihre „Wohnungen“ und Zimmer vor. Auch die anderen Räume im Haus und den Außenbereich konnten sich die Besucher anschauen. So gehört seit 1995 der Swimmingpool auf dem großen Außengelände zum Heim dazu. Im Keller gibt es den 2003 errichteten und zum Fest modernisierten Snoezelen-Raum – einen Bereich, in dem die Mädchen und Jungen auf unterschiedliche Weise Ruhe und Entspannung finden können.
„Dank der Unterstützung durch die Hugo-Meyer-Nachfahren-Stiftung“, sagte Kerstin Projahn zur Eröffnung, sei für die jungen Bewohner dieser Einrichtung in den vergangenen mehr als 30 Jahren viel bewegt worden. Aber auch durch „Aktion Mensch“ und ein großzügiges Ärzte-Ehepaar aus der Altmark wurde das Leben für die Kinder an diesem Ort Schritt für Schritt komfortabler. Ein Töpferraum, eine Sauna, ein Tonstudio und ein großer naturnaher psychomotorischer Erlebnisgarten stehen ihnen zur Verfügung. Der Medienraum, 2014 zur Fußballweltmeisterschaft eingerichtet, hat sich mittlerweile zu einem kleinen Kinosaal entwickelt.
Fußballplatz, Streichelgehege, Kräuterspirale und Hochbeete, Vogelvoliere und vieles andere mehr machen das Leben für die Mädchen und Jungen angenehmer. Vor gut zehn Jahren stand die Branche vor großen personellen Herausforderungen. Zwischenzeitlich musste sogar eine Wohngruppe schließen, da sich viele Fachkräfte umorientiert hatten. Seit 2018 gibt es in Köckte wieder drei Wohngruppen. Viele jüngere Mitarbeiter haben das Team um Kerstin Projahn als Arbeitsplatz entdeckt.
Die große Geburtstagsfeier mit Menschen aus dem Ort und der Stadt, mit Gästen aus Politik und Verwaltung, ehemaligen Mitarbeitern und ehemaligen Heimkindern nutzte die Heimleiterin, um auf das nächste große Vorhaben aufmerksam zu machen. Die Tiere – Vögel und auch Schafe und Ziegen – brauchen eine neue Voliere beziehungsweise Einzäunung. Das Material ist in die Jahre gekommen und muss ersetzt werden, damit die Vögel nicht davonfliegen und die Vierbeiner nicht das Weite suchen. Am Kuchenbüfett, das von den Hauswirtschaftern der Einrichtung zusammengestellt worden war, war aus diesem Anlass eine Spendenbox aufgestellt worden.
Mit einem musikalischen Stück boten die Kinder und Jugendlichen einen Einblick in ihr Schaffen in der Freizeit. Sven Peuker, Erzieher seit 2020 im Heim und nebenbei Chorleiter in Seehausen, hatte mit allen, die Interesse hatten, ein Programm einstudiert.
Sorgen und Wünsche
Auch Erzieher Chris Bünger unterstützte sie beim Auftritt. Seit einigen Jahren bringt er die jungen Heimbewohner dazu, ihre Sorgen, Gefühle und Wünsche sowie Träume in Worte zu fassen, sie aufzuschreiben und als Lieder im Tonstudio des Hauses aufzunehmen. So konnten die Besucher lauschen, was die Kinder bewegt, belastet und sie durch den Alltag tragen. Ehrlich, tiefsinnig, offen und erschreckend zugleich – aber auch mutig. Denn das Innere nach außen zu kehren, ist ein Schritt. Es als Lied zu verpacken der nächste. All das noch öffentlich zu präsentieren, erfordert viel Überwindung.