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Auswirkung auf Kinder Theater der Altmark holt Tabuthema häusliche Gewalt auf die Bühne

Spielstätte und Johanniter-Krankenhaus in Stendal veranstalten einen kostenfreien Infotag über häusliche Gewalt. 2024 gab es 350 Fälle allein in Stendal. So wird Opfern geholfen.

Von Leon Zeitz 06.06.2025, 07:47
Sie haben gemeinsam den Infotag im Theater der Altmark in Stendal organisiert (von links): Annabell Seifert (DRK-Beratungsstelle), Rechtsmedizinerin Carolin Richter (Uni-Klinik Halle), Unfallchirurgin Silke Naumann (Johanniter-Krankenhaus Stendal), Intendantin Dorotty Szalma und Dramaturgin Sylvia Martin (TdA).
Sie haben gemeinsam den Infotag im Theater der Altmark in Stendal organisiert (von links): Annabell Seifert (DRK-Beratungsstelle), Rechtsmedizinerin Carolin Richter (Uni-Klinik Halle), Unfallchirurgin Silke Naumann (Johanniter-Krankenhaus Stendal), Intendantin Dorotty Szalma und Dramaturgin Sylvia Martin (TdA). Foto: Leon Zeitz

Stendal - Häusliche Gewalt? So etwas gibt es bei uns nicht. Diese Behauptung hört Annabell Seifert von der DRK-Beratungsstelle für sexuelle Gewalt in Stendal oft. Die Realität sieht jedoch anders aus. „Wir hatten 2024 bei uns rund 350 Fälle häuslicher Gewalt. Die Dunkelziffer ist deutlich größer“, sagt sie.

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Über häusliche Gewalt wird kaum gesprochen. Doch das soll sich nun ändern. Das Theater der Altmark (TdA) und das Johanniter-Krankenhaus Stendal brechen mit dem Tabuthema. „Wir sind ein Ort der Aussprache. Hier werden Tabus angesprochen“, sagt Intendantin Dorotty Szalma.

Das TdA organisiert gemeinsam mit dem Johanniter-Krankenhaus einen Infotag am 12. Juni zum Thema „Häusliche Gewalt“. Unter dem Titel „Getroffen-Betroffen“ warten auf ein Fachpublikum und interessierte Gäste Vorträge, Podiumsdiskussionen und eine Vorführung des Stücks „Bartsch, Kindermörder“ – alles kostenfrei.

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Den Stein ins Rollen brachte eine weitere Aufführung des TdA, die sich ebenfalls mit häuslicher Gewalt auseinandersetzt: „Es ist, was nicht wahr“, das das Thema für Schulklassen künstlerisch aufarbeitet. „Ich hatte das Stück gesehen und war gepackt“, sagt Silke Naumann vom Johanniter-Krankenhaus. Als Unfallchirurgin kommt sie regelmäßig mit Gewalt in Kontakt. „Häufig sind wir die einzige Möglichkeit, um darüber zu sprechen.“

Im Stück wird aufgezeigt, was häusliche Gewalt mit einem Kind macht. „Mit Hilfe der Aufführungen konnten sich die Schüler mehr für das Thema öffnen. Das hilft, um sich damit auseinanderzusetzen“, ergänzt Dramaturgin Sylvia Martin.

Es ist das zweite Mal, dass TdA und Krankenhaus kooperieren, 2024 zum Thema Demenz. Diesmal ist der Infotag in zwei Teile gesplittet. Der Vormittag richtet sich an ein Fachpublikum und thematisiert unter anderem das sogenannte Netzwerk Evidence (Beweise-Netzwerk). Dahinter verbirgt sich ein Programm rund um den Aufbau eines regionalen Netzwerks zur vertraulichen Spurensicherung nach häuslicher und sexualisierter Gewalt. Das Ziel: Betroffenen zeitnah Zugang zu rechtsmedizinischer Beweissicherung und Unterstützung zu ermöglichen.

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„Das Netzwerk bietet die wohnortnahe Möglichkeit zur Befunddokumentation und Spurensicherung. In einem möglichen späteren Ermittlungsverfahren wird die Beweiskraft dadurch erheblich verbessert“, erklärt Rechtsmedizinerin Carolin Richter aus Halle, die das Programm mit auf den Weg gebracht hat. Ärzte können sich entsprechend schulen lassen, um Teil des Netzwerkes zu werden und so Opfern zu helfen. „Das Johanniter-Krankenhaus ist Teil davon. Wir wurden geschult“, sagt Silke Naumann.

Mit dem Infotag soll das Thema in den Fokus gerückt und sensibilisiert werden. Denn Gewalt gebe es überall, „da spielt es keine Rolle, ob wir uns in der Altmark befinden oder in Berlin“, sagt Annabell Seifert. „Wichtig ist, aufzuzeigen, dass vieles, was den Menschen passiert, nicht normal ist.“ Denn häufig ist es den Opfern nicht bewusst, in welcher Situation sie sich befinden, und spielen sie runter.

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Der Blick soll jedoch auch auf die Täter gerichtet werden beziehungsweise auf die Prävention. So wird es am Donnerstag, 12. Juni, beispielsweise einen Vortrag zum Thema „Kein Täter werden“ am Nachmittag geben.

Die Veranstaltung im TdA in Stendal am 12. Juni ist gänzlich kostenlos, und Besucher müssen sich nicht anmelden. Einzige Ausnahme: die Vorführung des Bühnenstücks „Bartsch, Kindermörder“ am Nachmittag. Gäste müssen sich im Vorfeld Karten dafür reservieren.