1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Stadtrat bekommt keine Akteneinsicht

Wahlbetrug Stadtrat bekommt keine Akteneinsicht

Der Stendaler Stadtrat darf die Ermittlungsakten zur Wahlmanipulation nicht einsehen. Dafür gebe es keine rechtliche Grundlage.

Von Thomas Pusch 03.08.2016, 01:01

Stendal l Dem Antrag der Fraktion SPD/FDP/Piraten/Ortsteile auf Einsicht in die Ermittlungsakte im Verfahren wegen Wahlmanipulation und Wahlfälschung hat die Staatsanwaltschaft Stendal nicht stattgegeben. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) begründet die Staatsanwaltschaft die Entscheidung mit fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen. Gemäß Strafprozessordnung sei die Erteilung von Akteneinsicht nur zulässig, wenn sie zur Feststellung, Durchsetzung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich sei. Rechtsansprüche des Stadtrates gegen Beschuldigte seien für die Staatsanwaltschaft nicht erkennbar. „Ein allgemeines Informationsinteresse rechtfertigt die Erteilung von Auskünften und eine Akteneinsicht nicht“, heißt es in der Begründung.

Fraktionschef Reiner Instenberg hält das Vorgehen der Staatsanwaltschaft für kleinlich. „Außerdem hatte Rechtsamtsleiter Rüdiger Hell telefonisch von der Staatsanwaltschaft die Auskunft bekommen, der Stadtrat habe sehr wohl ein Anrecht auf Akteneinsicht. Was gilt denn nun?“, fragte er am Dienstag im Gespräch mit der Volksstimme. Instenberg regte an, dass der Landtag einen Untersuchungsausschuss bildet. Der hätte nämlich teilweise die Rechte von Ermittlungsbehörden. „Dann können die Vorgänge von A bis Z durchleuchtet werden und wir lernen die ganzen Vorgänge kennen“, meinte er. Allerdings setze die Fraktion auch noch auf ihren Anwalt, die Chance auf Akteneinsicht gibt Instenberg noch nicht auf.

Ebenso wenig wie Joachim Röxe, Vorsitzender der Fraktion Linke/Bündnis 90-Die Grünen. „Die Staatsanwaltschaft mag formal-rechtlich korrekt gehandelt haben, aber für die Stadträte ist das ein Drama“, sagte er. Einen Vorwurf machte er Oberbürgermeister Schmotz. Dessen Begründung, warum der Stadtrat ein Anrecht auf Akteneinsicht habe, hätte ausführlicher sein müssen. „Wahrscheinlich konnte die Staatsanwaltschaft auf der Grundlage gar nicht anders entscheiden“, bemängelte Röxe. Seine Fraktion hat aber ihrerseits Akteneinsicht beantragt. „Wir sind dabei, der Staatsanwaltschaft unser berechtigtes Interesse zu begründen“, sagte er. Eine bessere Begründung könnte möglicherweise eine andere Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Folge haben.

Stadtratsvorsitzender Thomas Weise (CDU) und CDU-Fraktionsvorsitzender Hardy Peter Güssau waren am gestrigen Dienstag nicht zu erreichen.

Der Stadtrat hatte am 11. Juli mit 28 Ja-Stimmen bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen – jeweils von Stadträten der Fraktion CDU/Landgemeinden – den Antrag der Fraktion SPD/FDP/Piraten/Ortsteile angenommen und Oberbürgermeister Schmotz beauftragt, bei der Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakte im Verfahren wegen Wahlmanipulation und Wahlfälschung anzufordern und dem Stadtrat zur Verfügung zu stellen.