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Finanzen Oschersleben schickt Vollstrecker

Die Stadt Wanzleben-Börde und die Stadt Oschersleben arbeiten bei Vollstreckungen zusammen.

Von Mathias Müller 12.05.2020, 01:01

Wanzleben l Kommt ein Einwohner der Einheitsgemeinde Stadt Wanzleben-Börde seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Kommune, etwa bei Beiträgen für den Straßenausbau oder den GEZ-Gebühren für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk nicht nach, bekommt er künftig nach einigen Mahnungen aus dem Wanzleber Rathaus Besuch aus der Stadt Oschersleben. Die Oschersleber Stadtverwaltung schickt dann einen Außendienstmitarbeiter nach Wanzleben, um die Schulden an die Kommune einzukassieren.

Möglich macht diesen Verwaltungsakt eine Zweckvereinbarung, die die Stadt Wanzleben-Börde und die Stadt Oschersleben auf dem Gebiet der Vollstreckung beschlossen haben. Die Mitglieder des Stadtrates haben dieser Zweckvereinbarung bei ihrer jüngsten Sitzung im großen Saal des Wanzleber Kulturhauses am Raßbachplatz zugestimmt. Sie tritt mit dem Tage ihrer Veröffentlichung in Kraft.

„Ich hätte nie gedacht, dass Wanzleben an Oschersleben freiwillig etwas abgibt. Schließlich haben wir 1994 den Kreisstadtsitz an Oschersleben verloren“, kritisierte Jens Ackermann (FDP) vor der Abstimmung die vom Stadtrat zu beschließende Zweckvereinbarung. Seiner Ansicht nach habe die Wanzleber Stadtverwaltung genügend tüchtige Mitarbeiter, die die ausstehenden Gebühren eintreiben könnten. Das Abtreten dieser Aufgabe an die Stadt Oschersleben schwächt in Ackermanns Augen die kommunale Selbstverwaltung in der Stadt Wanzleben-Börde. „Die Stadt Wanzleben macht sich selber überflüssig, wenn sie noch mehr Aufgaben abtreten wird“, befürchtete Ackermann.

„Herr Ackermann spricht mir aus der Seele. Die Vollstreckung können wir auch selber machen, das ist kein Riesending“, sagte Daniel Scheibe (Freie Wähler).

Für Gudrun Tiedge (Linke) verliert die Stadt Wanzleben bei der Vollstreckung durch die kommunale Zusammenarbeit mit Oschersleben nicht ihre Unabhängigkeit. Für sie sei es ohne Belang, welche Verwaltung diese Aufgabe im Außendienst erledige.

„Wie vergeben uns keine kommunale Selbstverwaltung“, fand Silke Schindler (SPD). In ihren Augen sei es besser, wenn ein Angestellter die Aufgabe der Vollstreckung im Außendienst für zwei Verwaltungen wahrnehme.

Stadtkämmerin Cornelia Franz entgegnete den Argumenten von Jens Ackermann, dass der eigentliche bürokratische Akt der Vollstreckung im Innendienst weiter fest in der Hand der Wanzleber Stadtverwaltung bleibe. Man bediene sich lediglich des Außendienstes der Stadt Oschersleben, der die Vollstreckung dann im Auftrag der Stadt Wanzleben bei einem Besuch vor Ort in der Einheitsgemeinde umsetze.

Hintergrund ist, dass die Stadt Wanzleben wegen des Ausscheidens des Vollstreckungsbeamten über keinen Außendienstmitarbeiter in der Vollstreckungsbehörde mehr verfügt. Die Aufgabe des Innendienstes wird von der Wanzleber Finanzbuchhaltung übernommen. Durch das Nichtbesetzen der Stelle des Vollstreckungsbeamten im Außendienst spart die Stadt 40 000 Euro pro Jahr ein. Pro vollstrecktem Fall bekommt Oschersleben von Wanzleben eine Kostenpauschale von 30 Euro überwiesen.

Im Durchschnitt sind etwa 950 Aufträge jährlich durch die Wanzleber Finanzverwaltung zu vollstrecken. Im Zuge der Amtshilfe gehen davon von anderen Städten und Gemeinden sowie der Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer jährlich etwa 250 zu vollstreckende Aufträge ein. Des Weiteren erhält die Stadt Wanzleben-Börde jährlich etwa 200 Aufträge vom Mitteldeutschen Rundfunk für ausstehende Rundfunkbeiträge der Einwohner.

Bei den 500 eigenen Vollstreckungen handele es sich um Bußgelder, Gewerbe- und Grundsteuern, Gebühren für Kindertagesstätten, Horte und Beiträge für Straßenausbau und Unterhaltungsverbände, die die Stadt Wanzleben-Börde nach dem Gesetz zu vollstrecken habe. Die Gesamthöhe könne nicht beziffert werden.