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Coronavirus Musik gibt Freude und Hoffnung

Einer von denen, die in der Corona-Krise Musik und Hoffnung verbreiten, ist der Seehäuser Gerhard Weihe.

Von Mathias Müller 04.06.2020, 01:01

Seehausen l Immer sonntags kurz vor 10 Uhr öffnet Gerhard Weihe das Fenster im Obergeschoss seines Wohnhauses in der Straße Am See. Der 82-Jährige bringt den Notenständer in die richtige Position. Dann setzt er die Lippen an das Mundstück seines Tenorhorns und fängt an zu spielen. Der Klang des Blechblasinstrumentes ist weithin in der Stadt am See zu hören.

„Ich will in dieser schweren Zeit den Menschen etwas Freude und Hoffnung bereiten“, beschreibt der Senior seinen Antrieb, die sonntäglichen Ständchen zu spielen. Inspiriert haben ihn die Berichte von Musikern, die während der Corona-Pandemie öffentlich auftraten, um Zuversicht zu verbreiten.

Bereits eine Woche vor Ostern hat Gerhard Weihe mit seinen kleinen Konzerten am offenen Fenster begonnen. Dann, als die Corona-Krise auf ihrem Höhepunkt war und die evangelische Kirche St. Laurentius am Seehäuser Markt noch nicht um 10 Uhr zur offenen Andacht einlud, war es Weihe, der um diese Zeit spielte und an das fehlende Geläut der Glocken erinnerte. Nunmehr beginnt er immer sonntags gegen halb zehn, da um 10 Uhr die Glocken von St. Laurentius die Gläubigen wieder zu Kurzgottesdiensten unter Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie rufen.

„Ich spiele auch wegen des Spaßes an der Freude. Und wenn es noch anderen gefällt, um so besser“, sagt der Senior. Dabei gebe er immer nur drei bis vier Stücke zum Besten, um niemanden zu langweilen. Das Spektrum der Stücke reicht von Volksliedern über klassische Werke bis hin zu Kirchenliedern. Dabei geht dem Zuhörer „Freunde schöner Götterfunken“ von Ludwig van Beethovens, gespielt von Gerhard Weihe auf dem Tenorhorn, besonders zu Herzen. Aber auch „Das alte Försterhaus“ findet seine Anhänger.

Gelernt hat Gerhard Weihe das Spielen des Tenorhorns in seiner Jugendzeit. Damals gab es in Seehausen noch einen Posaunenchor, in dem er musizierte. Dann setzte eine lange Pause von 46 Jahren ein, in denen er nicht spielte. Im Jahr 2006 als Weihe, der als Tischler arbeitete und viele Jahre selbstständig war, in den beruflichen Ruhestand ging, schenkte ihm sein Sohn ein Tenorhorn. „Er meinte wohl, ich brauche eine Beschäftigung damit keine Langeweile aufkommt“, meint der Senior scherzhaft. Jedenfalls setzt sich Weihe wieder hin und fängt an zu üben. Die Grundkenntnisse waren zwar noch vorhanden, doch musste er sich erst wieder an das richtige Drücken der Tasten zum Steuern der Ventile des Tenorhorns gewöhnten. Heute hat er den Bogen wieder perfekt raus und ist bei Konzerten in der Region ein gerne gehörter Instrumentalist.

Auch sonst kommt bei dem Musiker und seiner Ehefrau Helga Weihe (78) keine Langeweile auf. Zusammen haben sie im Sommer alle Hände voll zu tun, um ihr Grundstück am Seehäuser See in Schuss zu halten, was ihn auch sichtbar gelingt. Im Winter widmet sich Gerhard Weihe der Gestaltung von Intarsien. Seine Kunstwerke zeigte er bereits bei einer Ausstellung in Wanzleben, auch verzieren sie das Innenleben des Wohnhauses. Etliche Intarsien hat Weihe auch an Interessenten oder seine Kinder abgegeben. Von vielen können sich aber er und seine Frau nicht trennen und behalten sie.