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U-18-Wahl Rechtsruck bei der Jugendwahl

U-18-Wahl in Wernigerode: Jeder Dritte hat sich für eine rechtspopulistische oder rechtsextreme Partei entschieden.

Von Jörn Wegner 09.03.2016, 00:01

Wernigerode l Die U-18-Wahl in Sachsen-Anhalt ist Geschichte. Am vergangenen Freitag haben überall im Bundesland Jugendliche ihre Stimme abgegeben. So auch im Wernigeröder Jugendhaus Center. Und das Ergebnis erstaunt.

Auffallend: Mehr als jeder zehnte der jugendlichen Wähler hat eine rechtsextreme Partei gewählt. So kommen NPD und die Partei „Die Rechte“ auf zusammen mehr als elf Prozent. Im Landesdurchschnitt waren es etwa 7,5. Noch mehr Anklang erhielten AfD (15,6 Prozent) und deren Abspaltung Alfa (3,3 Prozent).

Geht es nach den Jugendlichen, hätten die etablierten Parteien das Nachsehen. Weniger als die Hälfte der Wähler hat sich für eine der im Landtag vertretenen Parteien CDU, Linke, SPD oder Grüne entschieden. Geradezu verheerend ist das Ergebnis der Linken. Nur 2,2 Prozent der Jugendlichen würden sich für die Sozialisten entscheiden. Mit gut zehn Prozent schneidet Die Linke aber auch bei Jugendlichen im gesamten Bundesland deutlich schlechter ab als bei Landtagswahlen üblich.

Ein „schräges Ergebnis“ nennt Wernigerodes Linken-Chef Christian Härtel die Zahlen. Die Linke habe die jüngste Landtagsabgeordnete und sei bei den ehrenamtlichen Funktionen die jüngste Partei der Stadt. Härtel vermutet, dass bei der Wahl ein eher bildungsfernes Milieu teilgenommen hat, das sich grundsätzlich von den üblichen jungen Linken-Wählern unterscheidet. „Bei uns sind es eher die Akademiker“, so Härtel. Außerdem beklagt der Linken-Chef, dass es im Vorfeld keine Diskussions- und Informationsveranstaltungen an den Schulen gab.

An der Wahl teilgenommen haben lediglich die Pestalozzi- und die Burgbreite-Schule. Jürgen Hempel, Sozialarbeiter an der Pestalozzi-Schule, erklärt sich den Rechtsruck mit dem medialen Auftreten von AfD und Co. „Es sind die einfachen Erklärungen des Rechtspopulismus. Die werden von Schülern gern angenommen.“ Ähnlich wie Christian Härtel begründet er das Ergebnis unter anderem damit, dass keine Gymnasien bei der Wahl vertreten waren.

Vier Stunden seien im Vorfeld der Wahl für die Vorstellung von Parteien und deren Programm genutzt worden, so Hempel. „Es fand auch ein Austausch statt.“ Dass keine Parteivertreter eingeladen wurden, erklärt Hempel mit „organisatorischen Gründen“. Man hätte Vertreter jeder Partei, auch der ganz kleinen, einladen müssen, das wäre kaum machbar gewesen.

Im Unterricht werde das Ergebnis weiter behandelt, sagt Hempel. „Wir hinterfragen das noch einmal und werten es im Sozialkundeunterrricht aus.“

In der Ganztagssekundarschule Burgbreite wird direkt auf die Stadtjugendpflege als Veranstalter der Wahl verwiesen. Von einem Lehrer heißt es, dass die Ergebnisse im Kollegium noch nicht bekannt sind.

Schulleiter Wolfgang Kirst stellt sich vor seine Schüler und möchte deswegen das Ergebnis nicht weiter kommentieren. „Auf dem Rücken der unfertigen Schüler trägt man politische Debatten aus.“ In der neunten Klasse, die an der Wahl teilgenommen hat, werde es eine Evaluation geben, mehr aber nicht, sagt Kirst. „Es wäre unklug, die Diskussion in der Schülerschaft zu führen.

Die U-18-Wahl hat für Kirst die Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche den Ablauf kennenlernen, so dass sie bei einer „echten“ Wahl nicht aus Unsicherheit zu Hause bleiben. „Es geht darum, dass sie überhaupt das Prozedere erleben“, so der Schulleiter. „Aus diesem Grund spielen die Ergebnisse nicht die Hauptrolle.“

An zukünftigen U-18-Wahlen möchte Kirst dennoch teilnehmen, auch wenn weiterhin keine Gymnasien teilnehmen. Die Jugendwahl sei einfach eine gute Vorbereitung.

Jugendamtsleiterin Petra Fietz könne keine abschließende Erklärung für das Wahlergebnis abgeben. „Das hängt natürlich von denen ab, die das wahrnehmen“, sagt die Jugendamtsleiterin. Zudem sei die Teilnahme freiwillig gewesen.