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Auszeit Blankenburger reisen quer durch Afrika

Eine vierköpfige Blankenburger Familie ist in das Abenteuer ihres Lebens gestartet. Mit einem umgebauten Feuerwehrauto geht es nach Afrika.

Von Jens Müller 14.10.2018, 01:01

Blankenburg l Ein bisschen kribbelt es schon im Bauch, gibt Maja Martinu zu. Doch das ist die Vorfreude auf einen abenteuerlichen Trip, zu dem die 42-Jährige mit ihrem Lebensgefährten Sören Biermann (48) und den gemeinsamen Kindern Minu (5) und Kenan (3) aufgebrochen ist. Ihr Ziel: Afrika. Dauer der Reise: knapp fünf Monate. „Wir haben lange ­darauf hingearbeitet“, sagt Sören Biermann, der in Blankenburg einen Instandhaltungsservice betreibt. „Wir wollen uns und unseren Kindern noch einmal eine Auszeit ermöglichen, bevor die Schulzeit beginnt“, so der gebürtige Halberstädter, der froh ist, dass auch der Arbeitgeber seiner Partnerin – die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Salzgitter – ihnen dies mit einer speziellen Regelung ermöglicht.

Während sich Freunde und Verwandte bereits am vergangenen Wochenende mit einer kleinen Feier von den Abenteurern verabschiedet haben, schauten die Urlauber am Mittwoch noch einmal im Kindergarten „Am Bergeshang“ in Blankenburg vorbei. Dabei durften die Knirpse der Pusteblumen- und Sonnenschein-Gruppe den großen Transporter begutachten und im Fahrerhaus Platz nehmen.

Für die fünfjährige Minu und den dreijährigen Kenan wird das Gefährt, den ihr Papa in den vergangenen Monaten zu einer Wohnung auf Rädern aus- und umgebaut hat, ihr neues Zuhause sein. „Die beiden sind hellauf begeistert und haben ihren Kindergartenfreunden ganz stolz das Auto gezeigt“, erzählt Maja Martinu.

Um ihre Kleinen auf die große Reise einzustimmen, wurde im neuen „Wohnmobil“ aber nicht nur zur Probe geschlafen. „Wir haben einen Testurlaub gemacht“, berichtet die Blankenburgerin. Der Camping-Urlaub in Frankreich im vergangenen Jahr habe schließlich gezeigt, dass es funktioniert. So seien lange Pausen eingeplant, genug Hörbücher und Spiele im Gepäck. „Und sogar der DVD-Player funktioniert“, sagt Maja Martinu, während Sören Biermann einige weitere nützliche Dinge aufzählt, die bei einer solchen Reise unverzichtbar sind: „Wir haben ein Stromaggregat an Bord, Pumpen, ein Schweißgerät, ein Ladegerät - alles für das Auto. „Denn das“, so der Handwerker, „muss laufen.“

Im November vergangenen Jahres hatte er angefangen, den bei einer Feuerwehr ausrangierten Rüstwagen für diesen Zweck umzubauen. So finden sich nun mehrere Schlafplätze in dem Gefährt, eine kleine Küche, Mini-Toilette und jede Menge Staufächer. Angetrieben wird der Transporter von einer 130-PS-Maschine. Und dies ist auch nötig: Denn neben einem Zelt, Fahrrädern, einem Schlauchboot mit Außenbordmotor und einem kleinen Moped haben die Harzer auch noch jede Menge Kleidung im Gepäck. Sachen, die sie in Afrika vor allem zum Handeln benötigen werden.

Denn die Tour ist für Sören Biermann und Maja Martinu keine Fahrt ins Ungewisse. Sie haben bereits mehrfach den Schwarzen Kontinent erkundet. „Seit der Wende war ich jedes Jahr einmal da“, erzählt Sören Biermann. Aber nicht nur als Tourist, sondern vor allem, um den Menschen vor Ort zu helfen. 2011 gründete er mit Maja Martinu und weiteren Mitstreitern den Verein „Mali hat Zukunft“. Im Dorf Sounsounkoro bauten sie sogar eine Schule auf. Die aktuelle politische Situation, das Treiben des sogenannten Islamischen Staates und anderer militanter Gruppen, habe es aber unmöglich gemacht, dort weitere Aufbauhilfe zu leisten. „Es ist so schade. Städte wie Timbuktu und Gao sind solch tolle touristische Gebiete. Aber es kommt dort niemand mehr hin. Und wenn es keine Touristen mehr gibt, fehlt den Menschen auch das Geld“, erklärt er.

Mit seiner Familie wird er Mali jedenfalls meiden und zeigt mit dem Finger auf eine große Afrika-Karte. Von Frankreich und Spanien führt ihre Route nach Gibraltar, wo die Harzer mit der Fähre nach Ceuta in Marokko übersetzen. „Dann geht es immer an der Küste entlang“, so Biermann. Durch die Sahara sowie Mauretanien, Senegal, Gambia, Guinea bis zur Elfenbeinküste. „Das sind alles schöne Länder. Hin und zurück sind es rund 19.000 Kilometer.“

Zwar fahre die Familie gerade in die „kleine Regenzeit“ hinein, dafür sind die Temperaturen sehr erträglich. Sie liegen beispielsweise im Senegal tagsüber bei rund 31 Grad und nachts um 24 Grad. „Ich hoffe nur, dass es nicht ganz so schlammig wird“, sagt Sören Biermann.

Dass er mit seiner Familie überhaupt Afrika als Reiseziel gewählt hat, hat mit den vielen positiven Erfahrungen zu tun, die sie in den vergangenen knapp 30 Jahren gesammelt haben. „Die Menschen dort sind so herzlich, kinderlieb und gastfreundlich“, berichten beide. Zugute komme ihnen, dass sie sich mit Französisch, Englisch und ein wenig Arabisch verständigen können und selbst freundlich auf die Menschen zugehen. „Wir klopfen dann auch schon mal einfach an eine Tür und fragen, ob wir dort nächtigen können“, erzählen sie. „Man wird auch sehr oft eingeladen. Allein“, sagt Sören Biermann, „ist man jedenfalls nie.“

Außer vielleicht an einem Ort, den sie unbedingt erreichen möchten: Sassandra am Golf von Guinea. „Dort gibt es eine herrliche Landschaft. Palmenhaine führen zum weißen Strand. Überall liegen Kokosnüsse. Und weit und breit ist niemand zu sehen.“