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Sanierung Bau-Marathon statt Schönheitskur

Das Stadtarchiv am Wernigeröder Oberpfarrkirchhof wird seit 2014 saniert. Ab Ende Januar soll es wieder seine Türen öffnen.

Von Katrin Schröder 07.12.2016, 00:01

Wernigerode l Stahlträger liegen auf dem Boden des Archivraums, Kabel hängen von der Decke. Wo sonst Akten in Regalen ruhen, haben die Bauleute das Sagen. Das Wernigeröder Stadtarchiv wird seit 2014 einer umfassenden Sanierung unterzogen.

Dass es so lange dauern würde, hat Silvia Lisowski nicht vorhergesehen. „Geplant war eigentlich nur eine Schönheitskur“, sagt die Amtsleiterin für Schule, Kultur und Sport. 2004 hat die Stadt das historische Gebäude übernommen, in dem zuvor eine Pension untergebracht war. Seit den 1990er-Jahren war es nicht mehr instand gesetzt worden. Deshalb beschlossen die Planer, dass die Fassade zumindest ein wenig frische Farbe vertragen könnte. „Doch als die Maler anfingen, die alten Farbschichten abzukratzen, kamen erhebliche Schäden ans Licht“, erklärt Ingo Wolf vom städtischen Bauamt.

Der Holzgutachter, der daraufhin eingeschaltet wurde, fand noch mehr schadhafte Stellen in Gebälk und Mauerwerk, hervorgerufen unter anderem durch den echten Hausschwamm. Die Folge: Das Bauprojekt weitete sich schlagartig aus. 90 bis 95 Prozent der Balken am Ostgiebel sind neu, schätzt Planer Sven Bieler. Zu kämpfen hatten die Planer und Bauarbeiter außerdem mit den Folgen einer halbherzigen und nicht fachgerechten Sanierung der damaligen Eigentümer, die aus den 1990er Jahren datiert.

Diesmal sollte jedoch alles seine Richtigkeit haben – in enger Abstimmung mit der Oberen Denkmalschutzbehörde, die beispielsweise die neue Wandfarbe für das Gebäude vorgab. Die alte Dämmung, die hinter Gipskartonwänden verborgen war, wurde durch Wärmedämmlehm ersetzt. „Das ist eine ganz klassische Variante. So hat man früher gebaut“, erklärt Ingo Wolf. Der Vorteil ist, dass die Wände atmen können. „Für die Akten ist das ideal, wenn so die Feuchtigkeit reguliert wird“, sagt Hans-Peter Mahrenholz, stellvertretender Archivleiter.

Zudem wurden neue Fenster eingebaut sowie Elektrik, Heizung und Sanitäranlagen modernisiert. Manches musste wegen neuer Vorschriften geändert werden. Die zuvor freiliegenden Balken im Lesesaal des Archivs zum Beispiel mussten verkleidet werden – aus Gründen des Brandschutzes, erklärt Silvia Lisowski. Aufwändig und kostspielig ist der Einbau der nötigen Sicherheitstechnik inklusive einbruchssicherer Türen und Überwachungskameras.

Rund 250 000 Euro hat die Stadt im ersten Bauabschnitt in das Gebäude investiert. Mit wie viel der zweite Bauabschnitt zu Buche schlagen wird, sei schwer zu schätzen, so Ingo Wolf – gut möglich, dass sich der Betrag verdoppelt.

Der Westgiebel und die Fassade auf der Hofseite sind noch unsaniert. „Was unter dem Fassadenbehang steckt, wissen wir bisher nicht“, sagt Ingo Wolf. Im Frühjahr sollen die Bauarbeiten weitergehen – vorausgesetzt, der städtische Haushalt wird rechtzeitig genehmigt.

Derweil soll das Stadtarchiv wieder den Betrieb aufnehmen. „Wenn alles gut geht, wird die Einrichtung Ende Januar wieder benutzbar sein“, sagt Silvia Lisowski. Dann soll der Bestand von rund 20 000 Akten – oder rund 1000 laufende Meter – aus seinem Zwischenlager im Rathauskeller in das Haus am Oberpfarrkirchhof gebracht werden. Voraussetzung ist, dass das Wetter mitspielt. „Bei hohem Schnee können wir kein Papier transportieren“, so Silvia Lisowski – die Feuchtigkeit würde den Akten schaden. Auch das Schaudepot des Harzmuseums, das im Obergeschoss untergebracht ist, wird dann wieder seine Türen öffnen.

Das Haus am Oberpfarrkirchhof 5 ist als „Alte Münze“ bekannt. Der Bau stammt aus der Zeit um 1450 und war Teil eines adligen Freihofes. Bis 1633 entstand ein Dreiseithof, dessen Vorderhaus ab 1614 dem gräflichen Münzmeister als Prägestätte diente.