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Coronavirus Gaffert verhängt Haushaltssperre

Weniger Steuereinnahmen, weniger Erträge. Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert vollzieht einen radikalen Schritt.

Von Ivonne Sielaff 04.04.2020, 01:01

Wernigerode l Die Corona-Krise bringt Wernigerodes Finanzen in Schieflage. Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) tritt deshalb auf die finanzielle Notbremse und verhängt eine Haushaltssperre. Ziel ist es laut Rathaussprecher Tobias Kascha, die Stadt handlungsfähig zu halten.

„Ersten Schätzungen zufolge gehen der Stadt für den Haushalt 2020 voraussichtlich Erträge in Millionenhöhe verloren“, so Kascha auf Nachfrage. Nach Volksstimme-Information rechnet der OB mit Verlusten von etwa 9,5 Millionen Euro bei kurzfristigen Einschränkungen von zwei bis drei Monaten. Zieht sich die Krise über einen längeren Zeitraum, werde ein Minus von fast 19 Millionen Euro erwartet.

„Besonders schwerwiegend“ seien die Verluste bei der Gewerbesteuer, so Kascha weiter. „Hinzu kommen - allerdings verzögert in 2021 - die fehlenden Erträge aus dem Gemeindeanteil für Einkommens- und Umsatzsteuer.“ Negativ wirken sich auch die derzeit ausbleibenden Eintrittsgelder für Bädern, Museen und Veranstaltungen aus. „Durch die massiven Einschränkungen des privaten Lebens und dem dadurch entstehenden Wegbruch des Tourismus fehlen zudem die Einnahmen aus der Kurtaxe.“ Ein Umstand, der direkte Folgen auf städtische Unternehmen wie die Wernigerode Tourismus GmbH habe. „Hier könnten gegebenenfalls Zuschüsse zur Verlustabdeckung erforderlich werden.“

Die fehlenden Einnahmen würden sich auch auf die Liquidität der Stadt auswirken, so der Sprecher weiter. Um kurzfristige Engpässe zu vermeiden, sei deshalb ein Kassenkredit aufgenommen worden.

Welche konkreten Auswirkungen die Haushaltssperre auf die Vorhaben und Leistungen der Stadt hat, ist noch offen. Laut Tobias Kascha folge zunächst eine interne Prüfung von möglichen Sparpotenzialen. Nach Volksstimme-Informationen sollen die einzelnen Fachämter checken, in welchen Bereichen Einsparungen bei den Aufwendungen denkbar seien, um die Verluste abzumildern. Wie es heißt, sei eine vollständige Kompensation aber unmöglich. Schon jetzt sei absehbar, dass der Haushalt auch in den Folgejahren stark eingeschränkt sei.

Dabei hat sich die Stadt gerade im Baubereich für dieses Jahr einiges vorgenommen. Unter anderen sollen die Arbeiten an der Schierker Einsatzzentrale für Feuerwehr, Bauhof und Bergwacht beendet werden. In Minsleben soll ein neues Feuerwehr-Gerätehaus entstehen. Dazu kommen der Ausbau der Breiten Straßen und der Bau des Sanitärgebäudes auf dem Silstedter Sportplatz.

Laut Kascha werden alle Investitionen derzeit einer internen Prüfung unterzogen. Aber: „Grundsätzlich soll die öffentliche Hand als Motor in krisenbedingten Zeiten fungieren. Begonnene Vorhaben sollen weitergeführt werden.“ Auch Investitionen für Pflichtaufgaben sollen wie geplant umgesetzt werden. „Es gibt ein Leben in unserer Stadt nach Corona“, so Tobias Kascha.

Wann die Krise ausgestanden ist, steht in den Sternen. Deshalb gelte die Haushaltssperre bis auf Widerruf. Die Fraktionschefs des Stadtrats sind bereits vor einigen Tagen über die anstehende Haushaltssperre in Kenntnis gesetzt worden. Am Freitag ließ OB Gaffert eine entsprechende E-Mail an alle Stadträte versenden.

Erst vor wenigen Tagen hatte die Kommunalaufsicht des Harzkreises nach einer Prüfung grünes Licht für Wernigerodes Haushalt gegeben. Laut Franziska Banse, Sprecherin der Kreisbehörde, sei zudem die gewünschte Kreditaufnahme über 3,7 Millionen Euro genehmigt worden. Aber nur unter Auflagen: Die Stadt wird aufgefordert, bis Ende des Jahres beziehungsweise bis zum Etat-Beschluss für 2021 die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer B anzuheben. Oder im gleichen Zeitraum durch „Ertragsverbessungen und Aufwandsreduzierungen“ Konsolidierungsmöglichkeiten in Höhe von einer Million Euro einzuplanen, so Banse.

Wernigerodes aktueller Haushalt wies schon vor der Corona-Krise einen Fehlbetrag auf. Die Stadträte hatten den Etat Ende Februar mit einem Defizit von drei Millionen Euro beschlossen. Um das Loch zu stopfen, sollte auf Rücklagen der vergangenen Jahre zurückgegriffen werden.