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Gläserne Werkstatt Spektakuläre Einblicke von oben

Die Pläne für die neue Lokwerkstatt der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) in Wernigerode werden konkreter.

Von Katrin Schröder 19.08.2017, 01:01

Wernigerode l Auf dem dezenten Anthrazit der Fassade stechen die signalroten Akzente umso knalliger hervor. Der Eingang aus Glas bietet Einblicke ins Innere des Gebäudes. So stellen sich die Planer die neue Lokwerkstatt der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) vor, die auf einem Teil des Wernigeröder Ochsenteiches errichtet werden soll. HSB-Betriebsleiter Jörg Bauer und Planer Constantin Jahn vom Magdeburger Ingenieurbüro Lambrecht haben die Pläne für das Millionenprojekt im Bauausschuss vorgestellt.

Für die Zukunft der HSB sei das Vorhaben existenziell. „Wir wollen damit den Dampflokbetrieb für die nächsten 50 bis 100 Jahre sichern“, so Bauer. Ein Beweggrund ist die Kostenexplosion, die sich im Dampflokwerk in Meiningen vollzogen hat. Dort lassen die Wernige-röder bisher ihre historischen Zugpferde warten. Bei Kostensteigerungen von fünf bis zehn Prozent pro Jahr lohne es sich, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – zumal es ansonsten keine Alternativen gibt, sagt Bauer.

Bei dem Projekt rechnen die Eisenbahner ebenfalls mit dem spitzen Bleistift. 10,5 Millionen Euro darf der Neubau kosten. „Mehr können wir auf gar keinen Fall mit eigenen Mitteln finanzieren“, so Jörg Bauer. Für die Planer sei das eine „schwierige Gratwanderung“, zumal das Gebäude kein „einfacher Blechkasten“ werden soll, betont der Betriebsleiter. „Das würde nicht in die Stadt passen.“

Stattdessen ist ein moderner Zweckbau mit klarer Kante vorgesehen, der sich an der Straße Unter den Zindeln den Besuchern öffnet. Die bestehenden Zufahrten auf den bisherigen Parkplatz werden genutzt, so Constantin Jahn. „Wir versuchen, möglichst wenig Fläche zu versiegeln und möglichst viel Versickerung zuzulassen“, sagt der Planer. Der größte Teil der Bäume an der Straße solle erhalten bleiben.

Die Fassaden der Lokwerkstatt werden mit plattenartigen Paneelen verkleidet, zurückhaltend in matter Optik und überwiegend in Anthrazit gehalten. Lediglich gen Westen werden helle Töne gewählt. Der Südgiebel soll mit Profilbauglas verkleidet werden. „Dieses ist durchscheinend, aber nicht durchsichtig“, erklärt Planer Jahn. Man erkenne Bewegungen und Objekte, aber keine konkreten Personen.

Glas und Licht seien die grundlegenden Themen des Baus, betont Jahn. Während sich im unteren Geschoss die Arbeitsstände befinden, können Gäste aus dem Obergeschoss die Arbeit an den Dampfloks durch verglaste Oberlichter beobachten. „Der Werkstattbereich wird vollständig vom Tourismus getrennt“, sagt Architekt Constantin Jahn.

Im zugänglichen Bereich können sich Besucher frei bewegen und zusehen, wie die Lokomotiven gewartet und für die Hauptuntersuchung in ihre rund 4000 Einzelteile zerlegt werden. „Für die Touristen ist es am ansprechendsten zu sehen, wie eine Lok von Grund auf neu aufgebaut wird“, so Jahn. Erklärungen sollen Informationstafeln liefern, durch Bullaugen gibt es Einblick von außen. Es sollen aber auch geführte Touren angeboten werden. Zudem genießen die Besucher auf der Terrasse des Neubaus einen spektakulären Ausblick auf Schloss und Brocken zugleich. Ein ursprünglich geplanter Aussichtsturm wurde jedoch aus Kostengründen gestrichen, erklärte Jörg Bauer. Das Gleiche gelte für ein Café für die HSB-Gäste

Was jetzt nicht wird, kann aber immer noch später werden. Die Lokwerkstatt werde in modularer Bauweise geplant und lasse damit zahlreiche Möglichkeiten für spätere Erweiterungen offen, erklärten Bauer und Jahn. Doch bevor weitere, kostenintensive Bauabschnitte folgen könnten, müsse bis 2026 der Kredit für das aktuelle Vorhaben abbezahlt werden.

Über vier Gleise gelangen die Loks ins Innere der Werkstatt. Hinzu kommt ein Umfahrungs- und Testgleis. Jeweils zwei Zugmaschinen können im Winter zeitgleich durchgesehen und auf Vordermann gebracht werden – bei einem Fuhrpark von insgesamt 16 Loks, die alle acht Jahre zur Hauptuntersuchung auf den Prüfstand müssen, sei das ausreichend, so Betriebsleiter Jörg Bauer. Im Sommer werde die Werkstatt für Bedarfsreparaturen genutzt. Im Außenbereich ist zudem ein Lagergebäude geplant.

Ob Loks anderer Bahnbetriebe in der neuen Werkstatt in Wernigerode gewartet werden, ist noch ungewiss. „Das Ganze rechnet sich für die HSB mit eigenen Aufträgen“, betont Bauer. Während über die Ausstattung der Werkstatt noch verhandelt werde, seien die Planungen für den Baukörper weit fortgeschritten. Derzeit werde der Entwurf für den Bebauungsplan vorbereitet.