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  7. Habeck-Besuch in Wernigerode: Eintrag ins Goldene Buch – Kritik und Protest gegen Grünen-Politiker

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Vizekanzler zu Gast im Harz Nach Protestwelle: So verlief der Besuch von Robert Habeck in Wernigerode

Protest bei Facebook, turbulente Szenen im Stadtrat: Der Wernigerode-Besuch von Robert Habeck (Grüne) sorgte im Vorfeld für Zoff. So ist der Abend verlaufen.

Von Sandra Reulecke Aktualisiert: 28.09.2023, 10:18
Aufgalopp: Medien aus ganz Deutschland haben Mittwochabend, 27. September, den Besuch Robert Habecks in Wernigerode begleitet.
Aufgalopp: Medien aus ganz Deutschland haben Mittwochabend, 27. September, den Besuch Robert Habecks in Wernigerode begleitet. Foto: Sandra Reulecke

Wernigerode - Wenige Sekunden, die für großes Aufsehen sorgen: Vizekanzler Robert Habeck trägt sich in der Schlosskapelle ins Goldene Buch der Stadt Wernigerode ein. Eine Ehrung für den Grünen-Politiker, die in Wernigerode im Vorfeld für eine Wutwelle gesorgt hat.

Habeck-Besuch in Wernigerode: Protest gegen Grünen-Politiker bleibt aus

Davon ist am Mittwochabend, als die schwarze Limousine des 54-Jährigen vor dem Wahrzeichen der Stadt vorrollt, nichts zu sehen. Keine lauten Rufe von Protestlern, keine hochgehaltenen Plakate. Dem Landkreis – der zuständigen Versammlungsbehörde – lagen auch keine Meldungen für einen geplanten Protest vor. Eine Chance, dass spontanentschlossene Demonstranten den Schlossberg erklimmen, gab es kaum: Einsatzkräfte der Polizei sicherten jede Straße und jeden Zuweg ab.

Habeck wurde von einem Blitzlichtgewitter empfangen. Fragen der Reporter quittierte der grüne Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz mit einem Lächeln − und schwieg. Redselig zeigte sich dagegen Schloss-Chef Christian Juranek, der dem berühmten Gast die Geschichte des Bauwerks erläuterte.

Robert Habeck: Kritik gegen Eintragung ins Goldene Buch von Wernigerode

Anlass für Habecks Wernigerode-Besuch war jedoch weniger dessen historisches Interesse als vielmehr die Energieministerkonferenz, die seit Dienstag in der Stadt stattfindet. Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD) hatte seine Amtskollegen in seine Heimatstadt eingeladen, um über die Senkung der Strompreise und die Energiewende zu debattieren.

Themen, die jedoch schon im Vorfeld der Konferenz zur Nebensache geworden sind – überschattet von heftigen Debatten zur Eintragung des Vizekanzlers ins Goldene Buch der Stadt.

Binnen weniger Stunden machte in den sozialen Netzwerken wie Facebook das Plakat „Wir sagen Nein zur Eintragung von Robert Habeck in das Goldene Buch der Stadt Wernigerode!“ die Runde – Tausende Reaktionen und Kommentare dazu folgten.

Tumulte in Wernigeröder Stadtratssitzung

Ebenso der Aufruf zum Protest. Einige Bürger folgten diesem zur Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag und machten ihrem Unmut Luft – inklusive tumultartiger Szenen und lauten Zwischenrufen. Stadtratsmitglieder wie Matthias Winkelmann (CDU) und die Fraktion Haus&Grund/FDP kündigten an, der Eintragungszeremonie fernbleiben zu wollen. Das taten sie am Mittwochabend auch – wie ein Großteil der Stadträte. Ob sie der Aufstieg zum Schloss abhielt oder politischer Protest blieb bei den meisten offen.

Doch es gab auch andere Stimmen. In Leserbriefen unterstützten Bürger die Entscheidung von Oberbürgermeister Tobias Kascha (SPD), dass Habeck im Goldenen Buch seine Unterschrift leistet. Sie kritisierten stattdessen die Hetze im Internet und den Ton vieler Protestler. Einer, der Kascha zur Seite springt, ist der Unternehmer Frank Zahorszki. „Auch wenn man nicht die gleichen Ansichten vertritt und manche Entscheidung anders gefällt hätte, ist es eine Frage politischen Anstands einem Bundesminister unseres Staates einen gewissen Respekt zu zollen“, schrieb er.

Im Blitzlichtgewitter: Robert Habeck trägt sich ins Goldene Buch der Stadt Wernigerode ein. Oberbürgermeister Tobias Kascha (links) und Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (beide SPD) stehen ihm dabei zur Seite.
Im Blitzlichtgewitter: Robert Habeck trägt sich ins Goldene Buch der Stadt Wernigerode ein. Oberbürgermeister Tobias Kascha (links) und Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (beide SPD) stehen ihm dabei zur Seite.
Sandra Reulecke

Vizekanzler-Besuch: Oberbürgermeister erhält Zuspruch für Haltung

Eine Haltung, zu der er weiterhin stehe, wie Tobias Kascha auf Volksstimme-Anfrage betont. Er könne die Diskussionen um die Umweltpolitik des Bundes verstehen. Aber: „Der Vizekanzler ist zu Besuch in der Stadt – das trenne ich komplett von jeglicher politischer Debatte.“ Der Eintrag ins Goldene Buch sei ein Zeichen des Respekts und einer Willkommenskultur, für die Wernigerode traditionell stehe.

Er habe seit der Stadtratssitzung vermehrt Unterstützung dafür erhalten. Bürgermeister aus dem ganzen Bundesgebiet hätten sich bei ihm ebenso gemeldet wie Bürger. „Zuspruch gab es auch von den Energieministern der Länder“, berichtet der OB. Sie hätten die Debatte, die mittlerweile bundesweit für Schlagzeilen sorgt, verfolgt. Trotz aller politischen Kontroversen sei Respekt für einen Bundespolitiker dieses Ranges angebracht, so die einhellige Meinung der Minister.