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Modellbau Container-Riese sticht in See

Der Stieger See gehört einmal im Jahr den Modellbootsbauern. Diesmal feierte ein Blankenburger mit seinem Container-Riesen Premiere.

Von Regina Urbat 31.07.2018, 10:39

Stiege l Ein unglaublich schöner Anblick – für Insider und Schaulustige. Dieser bot sich am Sonnabend auf dem Stieger See. Das Container-Schiff „P & O Nedlloyd Van Neck“ schipperte unterhalb des Schlosses, am Steuer Andreas Dallmann.

Der Blankenburger kann sich gar nicht satt genug sehen, wie sein Frachtschiff im Maßstab 1:50 auf seine Kommandos reagiert. Es ist die zweite Ausfahrt, wie man in Fachkreisen sagt, für seine neueste Errungenschaft. „Die Premiere am 1. Mai beim Modellbaufest im Wernigeröder Bürgerpark war schon grandios, doch das hier – in der weiten Flur einer malerischen Harzlandschaft – toppt das Ganze noch einmal“, sagt der Kapitän.

3,70 Meter lang ist sein Großmodell, hat eine Zuladungslast von 72 Kilogramm, die Andreas Dallmann mit Metallplatten unter den Ladeluken im Schiffsrumpf garantiert. Sonst würde sein Modellschiff nicht schwimmen, verrät er, auch, dass er gern kleine Mini-Container auf dem Deck positionieren würde, doch diese schwer zu bekommen sind. „Mal, sehen, ich bleibe zumindest dran“, sagt der leidenschaftliche Modellbauer, der in dieser Hinsicht einmal im Jahr auf einer Fachmesse unterwegs ist.

Andreas Dallmann hat das Container-Schiff im Rohbau bei einer Auktion im Internet entdeckt und sofort gewusst: „Das muss ich haben.“ Er habe seinen Lieblings-Hubschrauber getauscht, denn auch diese Modelle haben es dem Blankenburger angetan. „Helis haben viele, doch einmalig ist die Chance, solch einen Koloss sein Eigen zu nennen“, sei die Motivation seines Deals gewesen. Er kam zustande. Über den Preis redet er nicht, hingegen über die Arbeit, die der Industriemechaniker, der im Walzwerk Ilsenburg tätig ist, noch reingesteckt hat.

„Ein Jahr lang habe ich das Schiff bis zur Funktionstüchtigkeit ausgebaut, dabei überwiegend Holz und Kunststoff zur Verstärkung verwendet.“ Hinzu komme, dass er für den Transport eine Vorrichtung bauen und sich einen kleinen Kran anschaffen musste. Beides wird auf einen Anhänger montiert, wenn der Blankenburger sein Schiff in See stechen lässt. „Klar ist das ein Aufwand, zumal noch je ein Tag Vor- und Nachbereitung dazu gerechnet werden muss.“ Was sagt die Ehefrau dazu? „Sie hat zum Glück Verständnis“, entgegnet Andreas Dallmann, der seit 1996 das Hobby betreibt.

Gekonnt zieht er wieder an einem Steuerhebel. „Die leichte Undichtigkeit am Bugstrahlruder“, die ihm zur Premiere in Wernigerode noch Probleme bereitete, „ist behoben“, stellt er erfreut fest, während andere Modellbauer ihre Begeisterung kundtun. „Eine schöne Bugwelle zieht dein Schiff“, sagt beispielsweise Ulf Pöppe. Er ist ebenso aus Blankenburg zum landesweiten Treff der Modellbootsbauer am Wochenende nach Stiege gekommen: „Immerhin habe ich hier vor fünf Jahren meine Leidenschaft entdeckt.“ Damals sei er mit seinem Enkel Erik noch Besucher gewesen.

Dem Sechsjährigen hatte ein Bootslenker die Fernsteuerung zum Probieren in die Hand gedrückt, zum Spaß. „Erik packte es auf Anhieb, den Segler auf dem Wasser zu bewegen und wollte unbedingt solch ein Boot haben. Mir hatte es auch gefallen“, erinnert sich der Lehrer in Rente. Aus Spaß wurde Ernst, Ulf Pöppe teilt seitdem mit seinem Enkel das Hobby und hat die Modell-Segler-Gemeinschaft Sachsen-Anhalt mit ins Leben gerufen. Den Mitstreitern aus Blankenburg, Halberstadt, Magdeburg, Bernburg, Nienburg oder Wittenberg „macht es einfach Spaß, sich zwanglos zu treffen, auszutauschen und zu segeln“, sagt der 75-Jährige.

Im näheren Harz seien sie übrigens am 9. September wieder im Rübeländer Freibad anzutreffen, fügt Ulf Pöppe hinzu. Dann lädt er seinen Freund Lothar Ahrens aus Halberstadt ein, ihre RC-Segler „Phantom“ zu Wasser zu lassen.

Die beiden blau-weißen Segler der Ein-Meter-Klasse queren die Bahn des Super-Frachters. Eine Kollision ist ausgeschlossen, alle Kapitäne beherrschen ihr Handwerk. Auch die Fahrer des Mini-Jetskis und der anderen Modellboote. Andreas Dallmann ist die Ruhe selbst. An Bord seines VW-Transporters hat er zwar noch weitere Modellschiffe, doch gehört an diesem schönen Sommertag der „Van Neck“ seine ganze Aufmerksamkeit. „Denn“, begründet der Bastler, „ich habe da noch einen Traum.“

Den gespannt dreinblickenden Mitstreitern verrät er: „Aus der stationären Krananlage mache ich eine funktionierende, die eine Ladeluke aufzieht – und dann steigt plötzlich ein Heli aus dem Bug auf ...“ Ob schon zum Modellboot-Fahren 2019 in Stiege? „Mal sehen“, sagt Dallmann. Wichtiger sei für ihn auf jeden Fall, dass sein Container-Boot keinen Schiffbruch erleidet wie das .