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Corona-Krise Schwere Zeiten für Touristiker im Oberharz

Tiefschlag für den Tourismus im Oberharz: Hotels schließen wegen der Corona-Krise. Manche versuchen, aus der Not eine Tugend zu machen.

Von Katrin Schröder 22.03.2020, 02:27

Oberharzstadt l Gulaschsuppe, Schmorwurst und Hühnerfrikassee: So sieht der Speiseplan am Sonnabend aus. Statt wie sonst auf weißen Porzellantellern richtet Koch Spiridon Mihalache das Gericht in Behältern zum Mitnehmen an. Denn die Besteller warten nicht im Hotel und Restaurant „Druidenstein“ in Trautenstein auf ihr Mittagessen, sondern zu Hause. In der Corona-Krise bieten die Betreiber Jerry Machielsen und Harald van Antwerpen einen Essenbringdienst an. „Wir bieten für ältere Leute in Trautenstein, Hasselfelde und Benneckenstein an, ein Seniorenmahl zu bestellen“, sagt van Antwerpen.

In Trautenstein leben viele ältere Menschen, weiß der Holländer, der mit seinem Partner seit sechs Jahren das Hotel und Restaurant im Ortskern betreibt. „Die meisten haben Familie vor Ort. Aber bei einigen ist es ein Problem, dass die Angehörigen weiter weg leben“, sagt van Antwerpen. Wer keine Hilfe habe, sei vielleicht froh über den Service. „So müssen die Leute nicht nach draußen in die Geschäfte. Und wer kein Auto hat, muss nicht mit anderen Leuten, die vielleicht krank sind, im Bus sitzen.“

Zwei Wochen lang wollen die Gastronomen testen, ob die Alternative zu Dosensuppe und Brot ankommt. Denn bisher gab es zwar bisher sehr viele positive Reaktionen, doch die Bestellungen halten noch nicht ganz Schritt. Für Machielsen und van Antwerpen ist das Angebot aber auch ein Weg, um der Krise zu trotzen. „Wir sind froh, dass wir das Restaurant geöffnet lassen können.“

Denn derzeit kommen nur wenige Gäste in den „Druidenstein“. Den Hotelbetrieb mussten die Betreiber, wie alle Gastgeber in Sachsen-Anhalt, schließen. Absagen und Stornierungen kamen aber schon in den Tagen zuvor. „Es ist eine schwierige Zeit“, sagt Harald van Antwerpen – und dass man diese nach einem schlechten Winter mit wenig Schnee gar nicht gebrauchen könne. Dass in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen gelten, mache es nicht einfacher.

Olaf Schubert hat deshalb die Reißleine gezogen – „und das gerade in dem Moment, wenn das eigentliche Geschäft losgehen sollte“, sagt er mit Blick auf die nahenden Osterfeiertage. Der Chef der Traditionsgaststätte „Zum goldenen Adler“ in Elbingerode hat sein Lokal bereits am Mittwoch geschlossen. Der Grund: „Es geht momentan gar nichts.“ Die touristischen Attraktionen sind geschlossen, weder Tagestouristen noch Durchreisende kämen, stattdessen würden bis Ostern geplante Feiern abgesagt und Tischreservierungen storniert. „Am Wochenende habe ich es extrem gemerkt“, so Schubert und setzt hinzu: „Der Aufwand ist zu groß. Das bringt nichts mehr.“ Seine Angestellten gehen in Kurzarbeit, er will sie unbedingt halten. „Wenn das alles vorbei ist, wird es einen Run geben. Da brauche ich jeden.“

Ähnlich geht es Liesgret Wewer. Die Chefin des Hotels „Mandelholz“ bei Elend hat alle Hände voll damit zu tun, den Betrieb ihres Hauses einzustellen. Denn ohne das Hotel, das keine Urlauber mehr aufnehmen darf, habe es keinen Sinn das Restaurant weiter zu öffnen. „Es lässt sich wirtschaftlich nicht rechnen“, erläutert Wewer. Erst der schlechte Winter, dann der Sturm und jetzt Corona und das Wegbrechen des einträglichen Ostergeschäfts: „Ich weiß nicht, wie es weitergeht.“ Was sie ärgert, sind bürokratische Hürden und die Unsicherheit. Auch sie will ihre Mitarbeiter über Kurzarbeit halten. Doch einfach sei das Prozedere nicht. „Man bekommt keine richtige Auskunft. Ich fühle mich alleingelassen.“

Dass die Lage derzeit sehr unsicher und unübersichtlich sei, weiß auch Thomas Schult. „Jede Information ist derzeit nur eine Momentaufnahme“, sagt der Leiter des Tourismusbetriebs der Stadt Oberharz am Brocken. Dieser hat inzwischen auch die Tourist-Informationen in Elbingerode und Hasselfelde geschlossen, telefonisch und per E-Mail seien diese weiter erreichbar. Für Fragen von Gastgebern stehe der Betrieb ebenfalls zur Verfügung.

Man wolle im Gespräch bleiben, darauf hinwirken, dass alle mitgenommen werden. Zwar sei das Wichtigste, dass alle in medizinischem Sinne gesund blieben, doch die Frage sei außerdem: „Wie erfolgt die Heilung der wirtschaftlichen Erkrankung?“ Von der Antwort darauf hänge auch im Tourismus viel ab.

Auf Abruf ist derweil Frank Sufryd. Der Chef des Hotels „Zur Krone“ in Hasselfelde hofft auf Geschäftsreisende und Monteure, die Unterkunft und Verpflegung benötigen und bedient werden dürfen. „Wir sind in Bereitschaft, falls jemand auftaucht.“ Für das Personal habe er Kurzarbeit angemeldet, er selbst sei weiter vor Ort. Derzeit nimmt er vor allem Absagen entgegen – vom Sportverein, der am vergangenen Wochenende 50 Mitglieder im Saaal versammeln wollte, und von der Eigentümergemeinschaft, die ebenfalls 50 Personen angemeldet hatte. „Das einzige, was bleibt, sind Beerdigungen.“

Auch Harald van Antwerpen setzt auf Geschäftsreisende als mögliche Kundschaft. So lange es geht, wollen er und sein Partner das Haus in Trautenstein offenhalten. Denn ob und wie die Landesregierung helfe, sei noch nicht klar. „Wenn man die Sicherheit nicht hat, kann man nicht einfach schließen.“ Viel hänge davon ab, wie lange die Krise dauere. Bis dahin will er optimistisch bleiben. „Es muss irgendwie weitergehen.“