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Tierschutz Entsetzen über Tier-Tragödie im Harz

Nach der Rettung mehrerer Tiere in Wienrode (Harz) ist das Entsetzen groß. Mindestens 34 Tiere verendeten.

Von Dennis Lotzmann 09.04.2019, 01:01

Wienrode l Gerade mal fünf Tiere – vier Schafe und ein Minischwein – haben die augenscheinliche extreme Vernachlässigung durch den Tierhalter überlebt. Jenen fünf Tieren, die am Freitag bei einer von der Polizei flankierten Aktion von Veterinären der Kreisverwaltung gerettet wurden, stehen rund 34 Tiere gegenüber, die das Martyrium nicht überstanden haben.

„Wir können deren Zahl nur schätzen, weil sich die Kadaver im Zustand der fortgeschrittenen Verwesung befanden“, so Miriam Schöttge, amtliche Tierärztin im Veterinäramt der Kreisverwaltung und mit dem Fall betraut. Bei den Tieren handele es sich um Schafe und Ziegen sowie Enten, Hühner und Kaninchen.

Die Veterinärin war am Freitag zusammen mit Amtstierarzt Dr. Rainer Miethig vor Ort in der Neuen Straße. Zuvor hatten Nachbarn aufgrund der Geruchsbelästigung per Notruf bei der Polizei Alarm geschlagen und so die Rettungs- und Bergungsaktion initiiert. Vor Ort sorgten die Bilder vor allem bei den Kameraden der Feuerwehr Blankenburg für Entsetzen. Überall auf dem Grundstück hätten Kadaver – teilweise stark verwest – herumgelegen, so der Blankenburger Ortswehrleiter Alexander Beck.

Wie es letztlich mitten im dörflichen Umfeld zu dieser Tragödie kommen konnte, sorgt für Rätselraten. Der 39 Jahre alte Grundstückseigentümer war nach Informationen der Volksstimme auch Halter der Tiere. Und er sei, wie Tierärztin Miriam Schöttge sagt, als Halter größerer Nutztiere im Amt bekannt gewesen. „Es hat in der Vergangenheit auch Kontrollen gegeben – zuletzt 2016. Dabei gab es, abgesehen von fehlenden Ohrmarken, keine Beanstandungen“, so die Mitarbeiterin der Kreisverwaltung.

Damit bleibt unklar, wie es zu diesem Chaos mit den für die Tiere tödlichen Folgen kommen konnte. Schulterzucken und Rätselraten vielerorts. Nach Angaben der Kreisveterinärin ist das Grundstück von außen nicht einsehbar. Wahrscheinlich sind die tragischen Folgen erst jetzt aufgrund des Verwesungsgeruchs bemerkt worden.

Gerüchten zufolge soll der 39-Jährige früher mit seiner Mutter auf dem Grundstück in der Neuen Straße gelebt haben. Die Frau soll später weggezogen sein – womöglich wegen des Alkoholproblems ihres Sohnes. Gut möglich aber auch, dass der 39-Jährige erst anschließend buchstäblich abgestürzt ist. Auch am Freitag soll er nach Informationen der Volksstimme alkoholisiert gewesen sein.

Allenthalben auch Rätselraten mit Blick auf die Todesursache der 34 Tiere. Genauere Untersuchungen seien nicht mehr möglich, so die Tierärztin. Amtstierarzt Miethig vermutet eine Vernachlässigung über längere Zeit. Nach Angaben seiner Kollegin hätten die Tiere zumindest Wasser gehabt. „Auch Futter war vorhanden – aber wurde es auch verfüttert?“

Fragen über Fragen, auf die es – wenn überhaupt – erst im Zuge der weiteren Ermittlungen Antworten geben wird. Die fünf überlebenden Tiere seien anderweitig untergebracht worden. Sie würden jetzt tierärztlich untersucht. Die darauf fußenden Gutachten seien wiederum Entscheidungsgrundlage für die weiteren Schritte, so Miriam Schöttge.

Juristisch müsse der 39-Jährige mit einer Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz rechnen. Diese werde konkret geprüft und vorbereitet. Parallel hat auch die Polizei ein solches Strafverfahren eingeleitet. Und ein weiteres wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Der Mann attackierte die eingesetzten Polizeibeamten, die ihn schließlich in Fesseln legen mussten.

In der Neuen Straße in Wienrode hatte es erst im Februar eine Tierrettung unter Polizeischutz gegeben. Damals wurden mehrere kupierte (am Schwanz und an den Ohren beschnittene) Hundewelpen und Junghunde gerettet. Hier laufen nach Angaben der Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gegen zwei Deutsche und eine Serbin. Die damals geretteten Tiere befinden sich – bis auf zwei nicht kupierte Welpen – noch im amtlicher Obhut, so Kreisveterinärin Schöttge.