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Tourismusprojekt Kritik nach Nein zum Winterberg

Sachsen-Anhalts Bündnisgrüne sagen Nein zum Winterbergprojekt. Dafür ernten sie Kritik der Wernigeröder Stadtverwaltung und aus Schierke.

Von Ivonne Sielaff 23.03.2017, 00:01

Magdeburg l „Wir halten durch, wir geben nicht auf“: Gerhard Bürger, Seilbahn-Investor der Winterberg Schierke GmbH, findet deutliche Worte zu dem Vorstoß der Bündnisgrünen. Der Landesvorstand der Partei lehnt neue Skigebiete im Ostharz und damit auch das Winterberg-Projekt in Schierke grundsätzlich ab. Darauf haben sich die Mitglieder bei einer Sitzung verständigt.

„Wir halten die Planung neuer Ski-Gebiete in den Mittelgebirgen nicht für tragfähig, weder ökonomisch noch ökologisch“, so Grünen-Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz gegenüber der Volksstimme. Das laufende Raumordnungsverfahren für die Seilbahn liege jedoch allein in der Hand von Landesentwicklungsminister Thomas Webel (CDU), erklärte die Politikerin.

Die Haltung der Grünen zum Winterbergprojekt ist nicht neu. Zwar unterstützen die Spitzen von CDU und SPD das 26-Millionen-Euro-Vorhaben der Stadt Wernigerode und der Winterberg Schierke GmbH nach wie vor. Im Wernigeröder Rathaus sorgen die Äußerungen von Sziborra-Seidlitz dennoch für Verstimmung.

Bei der Entwicklung am Winterberg gehe es um ein Ganzjahreskonzept, heißt es in einer Stellungnahme von Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos). Eine Reduzierung der Investitionen auf den Wintersportbetrieb sei nicht Ziel der Stadt und der Privatinvestoren. Das Raumordnungsverfahren werde zwar im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr geführt. Wichtigste Fachbehörde im Verfahren sei aber das Umweltministerium mit der Bündnisgrünen Claudia Dalbert an der Spitze und dem Landesamt für Umweltschutz. Beide Behörden müssen entscheidende Stellungnahmen liefern und stehen deshalb aus Gafferts Sicht ebenfalls in der Verantwortung.

Aus Sicht der Stadt Wernigerode negiert der Landesvorstand der Grünen mit seinen Äußerungen die Gesamtverantwortung für die Entwicklung Schierkes und der Schierker, heißt es in der Stellungnahme weiter. Deshalb fordert Gaffert, „dass die ermittelten Ergebnisse im Raumordnungsverfahren ideologiefrei beurteilt werden“. Dies gelte für alle Landesbehörden und Ministerien gleichermaßen. Dabei müsse es die Möglichkeit geben, auf Fachebene diskutieren und nach Lösungen suchen zu können. „Die Verweigerungshaltung von Ministerin Dalbert, die meine Bitte nach gemeinsamen Gesprächen seit einem gemeinsamen Termin im Sommer 2016 ablehnt, halte ich für symptomatisch für die bisherige Herangehensweise“, so Wernigerodes Stadtchef.

Er wolle sich schnell um einen Termin mit Susan Sziborra-Seidlitz bemühen, um die Ziele für die Ortsentwicklung Schierkes zu erklären – gern auch im Rahmen einer Ortsbegehung. „Wir sollten von allen Seiten her dialogbereit sein und bleiben – verlässliche Politik gründet auf gemeinsamen Gesprächen. Diese Chance sollten wir nutzen“, so Gaffert. Private Investitionen seien nur mit verlässlicher Politik möglich.

Christiane Hopstock (CDU) bringt der Vorstoß der Grünen auf die Palme. „Das ist nicht nachvollziehbar und nicht tragbar für die Region“, sagt Schierkes Ortsbürgermeisterin. Die Partei könne nicht über die Zukunft des Winterbergprojekts entscheiden. „Man kann mit gerade einmal fünf Prozent der Wählerstimmen nicht vorgeben, wo es lang geht.“ Die Schierker seien nicht gegen den Naturschutz, betont sie. „Wir akzeptieren zum Beispiel, dass dem Borkenkäfer im Nationalpark 1000 Hektar zum Opfer fallen.“ Da sei es nicht zu vermitteln, dass man das Winterberg-Projekt, das 20 Hektar beanspruche, verhindern wolle. Auch Grüne müssten Verantwortung für die Menschen in Sachen-Anhalt übernehmen.

„Ich verstehe die Welt nicht mehr“, sagt Werner Vesterling, Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Winterberg“, gegenüber der Volksstimme. Mit dieser Einstellung würden die Grünen Schierkes Entwicklung behindern. „Sie sollten stattdessen Vorschläge unterbreiten, wie man es besser machen kann“, sagt Vesteling, der wie Oberbürgermeister Peter Gaffert auf das Ganzjahreskonzept hinweist. „Wir haben hier neun Monate keinen Schnee, auch in dieser besucherschwachen Zeit müssen wir unseren Gästen etwas bieten.“

Planern und Befürwortern bleibt derzeit nichts anderes übrig, als den Ausgang des Raumordnungsverfahren abzuwarten. Die Zustimmung aus Magdeburg ist Voraussetzung für alle folgenden Genehmigungsverfahren. Der Weg, der vor den Investoren liege, sei kein einfacher, sagt Gerhard Bürger. Das Genehmigungsverfahren sei ein „zäher Prozess“, so der Investor aus Hildesheim. „Es ist aber auch ein anspruchsvolles Projekt. Da muss man Geduld haben, auch wenn es schwer fällt.“ Für ihn ändert das Nein des bündnisgrünen Landesvorstands jedoch nichts an seiner Zielstellung. „Ich gehe davon aus, dass die Seilbahn gebaut wird.“

Hintergrund: Am Schierker Winterberg soll ein Ganzjahres-Angebot geschaffen werden. Neben Skipisten im Winter sind Attraktionen wie Kletterwelt, Aussichtsplattform mit Riesenrutsche, Eulenflug, Holz- und Wasserspielplatz sowie die Luchsausstellung „Nocturnalium“ geplant. Kritik gibt es vor allem von Seiten der Umweltschützer, die vor Eingriffen in die Natur – wie der Rodung von 20 Hektar Wald und der Wasserentnahme aus der Bode zwecks Beschneiung – warnen. Dazu kommt, dass die Seilbahn- und Pistentrasse in einem Gebiet liegt, das als Fauna-Flora-Habitat ausgewiesen ist.