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Kultur Waldbühne Altenbrak wird 70 Jahre alt

Die Waldbühne ist für Altenbrak ein besonderer Ort. Vor dem 70. Jahrestag der Eröffnung möbeln die Einwohner die Spielstätte auf und planen ein Fest mit viel Theater und Musik.

Von Katrin Schröder 25.06.2021, 08:00
So viel Andrang herrscht einst auf der Waldbühne Altenbrak zum Beispiel beim Harzer Jodlerwettstreit. Die Spielstätte wird in diesem Jahr 70 Jahre alt.
So viel Andrang herrscht einst auf der Waldbühne Altenbrak zum Beispiel beim Harzer Jodlerwettstreit. Die Spielstätte wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Foto: Ortschronik

Altenbrak - Dicht an dicht gedrängt sitzen die Zuschauer, blicken gebannt hinunter auf die Bühne: „Das Bild wird bei einem Jodlerwettstreit entstanden sein“, sagt Ute Szuminski. Sicher ist die Kulturbeauftragte von Altenbrak nicht: Viele Fotos aus der Ortschronik, die die Waldbühne zeigen, sind weder datiert noch beschriftet. Sicher ist aber, dass die Waldbühne 70 Jahre nach ihrer Eröffnung wieder zu neuem Leben erwachen soll.

Dafür sorgen die Einwohner des Ortes im Bodetal gemeinsam mit Nachbarn aus Treseburg: Beim Arbeitseinsatz an der Waldbühne haben sie zusammen die Spielstätte hergerichtet. „Teile der Bühne wurden abgerissen, um sie zu erneuern“, berichtet Ute Szuminski. Der Holzkonstruktion hatten Wind und Wetter zugesetzt, manche Bretter waren zu marode, um weiter Schauspieler und Musikanten zu tragen. Tatkräftige Unterstützung erhielten die freiwilligen Helfer vom Bauhof der Stadt Thale, der Bodetal Tourismus GmbH und dem Forstbetrieb Ostharz.

Mit der Beteiligung ist Ute Szuminski hochzufrieden. 26 Helfer erledigten die Holzarbeiten auf der Bühne, Schönheitsreparaturen an den Gebäuden und den Grünschnitt. Die Kulturbeauftragte zählt die beteiligten Vereine auf – die Brauchtumsgruppe Weihnachtsmänner Altenbrak, der Fremdenverkehrsverein, der Feuerwehrförderverein, der Harzklub-Zweigverein Bodetal und der Schützenverein „Weiße Birke“ Altenbrak. Auch die Ortsbürgermeister aus Altenbrak und Treseburg halfen, ebenso wie Einwohner, die auf eigene Faust dazustießen.

Von Vorvätern gebaut

Sie alle fühlen sich dem idyllisch gelegenen Spielort verpflichtet. „Die Bühne wurde von unseren Vorvätern gebaut“, betont Ute Szuminski – und das ist wörtlich zu verstehen, wie die Aufzeichnungen aus der Ortschronik bezeugen. Im Zuge der Bodenreform erhielt die Gemeinde im Herbst 1945 einige Grundstücke, zu denen der sogenannte Hängemattenwald zählte. „Dieser Platz wurde als neue Kulturstätte vorgesehen“, berichtet Ute Szuminski – anstelle der oberen Terrasse des Heimatplatzes, wo bis 1939 kulturelle Veranstaltungen stattfanden.

Am neuen Ort wurden einige Bänke aufgestellt und eine nicht allzu große Fläche für die Musiker und ihre Instrumente planiert. Kleinere Kurkonzerte fanden dort statt. „Der Anfang war einfach, die Atmosphäre und den Blick kann man bis heute als idyllisch beschreiben“, so Ute Szuminski.

Den Anstoß zum Bau der Waldbühne in der bis heute bestehenden Form gab ein orkanartiger Sturm, der die Einwohner zwang, den zerstörten Hängemattenwald neu zu gestalten. Auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Erich Hoffmann begannen am 5. November 1950 die Aufräumarbeiten der Einwohner. Die Grundsteinlegung für die Waldbühne erfolgte kurz darauf am 19. November 1950.

6500 Arbeitsstunden investiert

Die Bauarbeiten für die neue Kulturstätte hatten es in sich: In rund 6500 unentgeltlichen Aufbaustunden haben sich die meisten Altenbraker, ob Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche, daran beteiligt, unter ihnen waren Handwerker und einige Invaliden. „Die Bedingungen waren schwierig“, so Ute Szuminski. Ein strenger Winter unterbrach die Arbeiten, es fehlte an Geld, Material und Baumaschinen. Man behalf sich mit dem, was verfügbar war: „Wo die Menschenkraft allein nicht ausreichte, halfen die dorfeigenen Pferde.“

Eingeweiht wurde die Waldbühne zur nachgezogenen 500-Jahr-Feier am 30. Juni 1951 mit der Operette „Der Vetter von Dingsda“. Das Ortsjubiläum war 1948 aus wirtschaftlichen Gründen verschoben worden. In den Folgejahren gab es verschiedenste Kulturveranstaltungen. Neben Theateraufführungen waren dies Heimatabende, Kurkonzerte, Auftritte der Folkloregruppen, aber auch Modenschauen und gar Boxkämpfe, Varieté und Artistenprogramme. „Vor allem der jährlich wiederkehrende Harzer Jodlerwettstreit gilt als Höhepunkt“, weiß Ute Szuminski.

Bis zu 15.000 Besucher wollten die Wettbewerbe erleben, manche Quellen sprechen gar von 18.000 Besuchern. „Es wurden alle Sitzplätze, freie Gras- und Stehflächen genutzt. Sogar zwischen den Bankreihen bis zum Berggipfel war kein freier Platz mehr auszumachen.“ Das war insofern kein Problem, weil die Zuschauer und Zuhörer wegen der geologischen Beschaffenheit des Berghangs sowie der Waldbühnenfunk überall alles gut sehen und hören konnten.

Neue Parkplätze und zusätzliche Busse

Kamen zu Beginn die Besucher meist per Fahrrad oder Motorrad, nahmen sie später immer häufiger das Auto. Deshalb wurden im Ort neue Parkplätze geschaffen, bei zu starkem Besucheransturm wurden vorübergehend Wege befahrbar gemacht und zusätzliche Buslinien eingerichtet – gerade für den „Besuchermagneten“ Jodlerwettstreit und für die beliebten Harzer Heimatabende war dies nötig.

Im Lauf von 70 Jahren gab es zahlreiche bauliche Veränderungen, Modernisierungen und Neubauten. Dazu zählen der Bau eines Toilettentraktes sowie von Umkleiden und Techniktürmen. Holzbänke wurden zum Teil durch Hartschalensitze ersetzt, neue Wege und Geländer wurden geschaffen. „Auch an diesen Erneuerungen beteiligten sich unter anderem die Anwohner und Vereine des Ortes“, so Altenbraks Kulturbeauftragte.

Nach der Wende konnte aber an frühere Besucherzahlen nicht mehr angeknüpft werden, die Waldbühne als Spielstätte wurde zusehends weniger genutzt. Zuletzt hat die Corona-Pandemie Veranstaltungen ausgebremst, doch die Stille soll bald ein Ende haben. Von Juli bis September zeigt das „Theater der Tiefe“ das Stück „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler. Im August folgt die Operettengala des Nordharzer Städtebundtheaters.

Kinder zeigen Märchenstück

Den Auftakt des Veranstaltungsreigens bildet am Sonnabend, 3. Juli, ein Tag der offenen Tür, den die Vereine des Ortes zum 70. Jahrestag der Waldbühnen-Eröffnung gestalten. Von 13 bis 18 Uhr gibt es im Orchestergraben Musik und eine Ausstellung zur Geschichte der Waldbühne. Von 14 bis 17.30 Uhr ist ein Bühnenprogramm geplant. Die Kinder des Ortes und die Jugendfeuerwehr zeigen das Stück „Das verlorene Märchenbuch“. Die Harzklub-Frauen führen die „Vogelhochzeit“ auf, und die Weihnachtsmänner werden zu Peitschenknallern.

Abends wird im Freilichtkino der Film „Der Junge muss an die frische Luft“ gezeigt. Einlass ist ab 20.30 Uhr. „Sollte die Nationalmannschaft spielen, würden wir gegebenenfalls auf Fußball umschwenken“, so Ute Szuminski.

Zu beachten seien die aktuellen Hygienevorschriften. Die Altenbrakerin hofft, dass bis dahin die Corona-Testpflicht wegfällt.

Das Wetter soll das Fest jedenfalls nicht vermiesen: Für alle Fälle haben die Veranstalter Regencapes organisiert.

Bei Veranstaltungen auf der Waldbühne Altenbrak war auf der Bodewiese kaum ein Parkplatz frei - so wie hier vermutlich um 1953.
Bei Veranstaltungen auf der Waldbühne Altenbrak war auf der Bodewiese kaum ein Parkplatz frei - so wie hier vermutlich um 1953.
Foto: Ortschronik