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Hilfe und Aufklärung über Pathologisches Glücksspiel im "Info-Laden Sucht" Wenn jeder Cent und Euro in den Automaten gesteckt wird

Von Regina Urbat 07.09.2010, 06:20

Rund 100 000 Menschen in Deutschland sind pathologische Glücksspieler. Sie leiden unter einer Sucht, die mittlerweile als Krankheit anerkannt ist. Hilfe und Aufklärung dazu wird seit März auch im "Info-Laden Sucht" in Wernigerode in der Minslebener Straße 10 a angeboten.

Wernigerode. Menschen suchen von Natur aus nach Dingen, um Spannung bzw. den "Kick" zu erleben. Was am Anfang Spaß ist, kann aber zur Sucht werden. Zum Beispiel Glücksspiele.

Zu häufiges Spielen und zu hohe Einsätze führen leicht zum Verlust der Kontrolle über das eigene Spielverhalten. "Viele Betroffene berichten, dass sie zu Beginn ihres Spielens gewonnen haben. Um sich erneut als Gewinner zu fühlen, investieren sie immer wieder viel Geld. Oftmals sind sie von der Hoffnung getrieben, ihre Verluste wieder zurückzugewinnen", weiß Gabriele Oehme. Die 56-jährige Sozialtherapeutin betreut seit einem halben Jahr in und um Wernigerode abhängige Glücksspieler und vor allem auch deren Angehörige.

Noch sind es wenige, "denn die meisten trauen sich nicht, über das Problem offen zu reden bzw. wissen auch nicht, dass wir professionelle Hilfe anbieten", sagt Klaus-Dieter Krebs. Der Leiter der Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle in der Degener Straße ist überzeugt, dass die Anzahl derer, die jeden Cent und Euro zur Spielbank tragen, in den Automaten stecken oder im Internet auf Wetten setzen, "nicht gering" sei.

Pathologisches Glücksspiel, so der Fachbegriff, sei mittlerweile als Krankheit anerkannt. Klaus-Dieter Krebs: "Das heißt, die Betroffenen können Therapien erhalten. Die entsprechenden Spezialisten dafür werden von uns vermittelt."

Glücksspielsucht ist nicht von Anfang an da. Sie entwickelt sich langsam und oft unbemerkt. Ob bei Poker, Sportwetten, Lotto, Roulette, Automaten in Spielotheken – die Spieler verbinden mit dem "Zocken" riesengroße Erwartungen. Gabriele Oehme: "Der Gedanke, dass mit dem gewonnenen Geld alles wieder in Ordnung kommt, siegt." Die Realität sehe anders aus. "Unterm Strich verlieren sie mehr als sie gewinnen." Schlimmer noch die gravierenden Folgen des unablässigen Glücksspiels: Geldnot, Verlust des Arbeitsplatzes, Verzweiflung, Einsamkeit und große Probleme mit der Familie.

Aus Erfahrung wissen die Berater, dass Glücksspielen Frust, Ärger und Alltagssorgen vergessen lässt. "Es wird zum Mittelpunkt des Lebens, zum genialen Problemlöser", mahnt Klaus-Dieter. Sich jedoch erst einmal einzugestehen, dass der "geniale Problemlöser" der Auslöser des ganzen Problems ist, sei schwer.

Um Glücksspielern eine angemessene Hilfe zukommen zu lassen, ist das Projekt "Prävention des pathologischen Glücksspiels in Sachsen-Anhalt" ins Leben gerufen worden. "Hierbei wird auf Aufklärung und Früherkennung gesetzt", so Gabriele Oehme. Seit dem 1. März leitet sie das Projektbüro in Wernigerode im "Info-Laden-Sucht" in der Minslebener-Straße 10 a.

Zur Öffnungszeit des Info-Ladens, dienstags und donnerstags von 16 bis 18 Uhr, werden Materialien über "Pathologisches Glücksspiel" ausgegeben und bei Bedarf Kontaktdaten aufgenommen. Donnerstags von 14 bis 16 Uhr steht eine Beraterin bzw. ein Berater zur Verfügung. Zu ihnen kann außerdem auch per Telefon oder Email Kontakt aufgenommen werden (siehe Infokasten).Übrigens