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Betreuung Leben lernen im betreuten Wohnen

Das Kinderheim in Mose nimmt Kinder und Jugendliche auf, deren Lebensweg steinig war. Dort wird ihnen auf die Beine geholfen.

Von Juliane Just 19.01.2019, 00:01

Mose l Max Lindner und Adrien Berger* (*Namen von der Redaktion geändert) lächeln in die Kamera. Die beiden sind 19 und 18 alt und sind Auszubildende. Zwei junge Männer, die in die Zukunft blicken. Bis hierhin scheint alles normal. Doch die beiden wohnen im Kinderheim, werden rund um die Uhr betreut. Was sie in ihrem bisherigen Leben durchmachen mussten, lässt sich nur erahnen.

In der heilpädagogischen Einrichtung in Mose werden Kinder ab sechs Jahren betreut. Insgesamt sieben männliche Personen wohnen in der Lebensgemeinschaft nahe der B 189, zwei weitere in einer Wohngruppe in Farsleben. Untergebracht sind hier Kinder und Jugendliche mit Brüchen in den Lebensläufen, mit Anpassungsschwierigkeiten und Traumata.

Dass die beiden Volljährigen Max und Adrien noch dort sind, verdanken sie dem besonderen Konzept der Einrichtung. Dort können die jungen Erwachsenen auch nach ihrem 18. Lebensjahr den Verbleib in der Gruppe beantragen, wenn sie noch nicht imstande sind, ein eigenständiges Leben zu führen.

Die beiden jungen Erwachsenen kommen aus Halle. Sie kamen 2015 nach Mose, kannten sich vorher aber nicht. Inzwischen sind sie ein gutes Team geworden. Am Wochenende oder in den Ferien stehen gemeinsame Unternehmungen auf dem Plan – Ausflüge in die Region, die die Seele heilen sollen.

In der Einrichtung hat jeder seine festen Aufgaben. Sie schmeißen den Haushalt, reparieren defekte Geräte, bringen die Außenanlage auf Vordermann. „Es ist wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen solche Grundkompetenzen lernen“, sagt Silke Horstmann, Leiterin der Einrichtung. Rund um die Uhr stehen ihnen acht Mitarbeiter – Pädagogen, Traumatherapeuten, Alltagscoaches – zur Verfügung, die ihnen bei Problemen helfen. Jeder habe sei Bezugskind, so Horstmann. Der Kontakt zum Jugendamt und den Schulen ist eng.

Doch manchmal, da hilft all das nicht. Als Max Lindner erfährt, dass eines seiner 13 Geschwister sich gemeldet hat, verschwindet er in seinem Zimmer. Er hat keines seiner Geschwister bisher kennengelernt, auch seine Eltern nicht. Dass er nun seinen Bruder kennenlernen soll, überwältigt den jungen Mann.

„Viele Kinder, die bei uns leben, haben beunruhigende Geschichten hinter sich. Sie sind traumatisiert“, sagt Horstmann. Für einige Jugendliche sei es schwer, alleine zu leben. Alltag, Haushalt, Finanzen – viele Dinge, die für andere junge Erwachsene normal sind, müssen sie erst lernen.

So haben sich auch die Lebensumstände von Max Lindner und Adrien Berger stabilisiert, seit sie in der Einrichtung sind. Adrien steht sehr früh auf, er ist Azubi bei einer regionalen Bäckerei. Max wird Gartenlandschaftsbauer, er lernt in Magdeburg. Und irgendwann, da sind sich beide sicher, werden sie ein normales Leben in einer eigenen Wohnung führen.