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Trend Die eigene Scholle als Rückzugsort

Im Wolmirstedt sind mittlerweile nahezu alle Gartenparzellen vergeben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Sparte „Hasenbreite.

Von Christian Besecke 27.07.2020, 01:01

Wolmirstedt l Bis zur Ohre sind es hier nur wenige Meter. Die Parzellen sind dennoch gut aus der Stadt heraus zu erreichen. Wer vom Alltag abspannen will, ist im idyllischen Grün genau richtig. Solche Rückzugsorte haben in diesem Sommer Hochkonjunktur. Das weiß auch der Vorsitzende der Sparte „Hasenbreite“, Eckehard Voigt. „Bei uns sind praktisch alle Parzellen vergeben“, sagt er beim Vor-Ort-Termin mit der Volksstimme. Eine Ausnahme gibt es, aber für die Scholle gibt es schon wieder einige Bewerber.

„Die Menschen verbringen viel mehr Zeit im Garten. Für viele ist es der Ausgleich für den eigentlich geplanten Urlaub“, setzt Voigt hinzu. „In der Hasenbreite ist den ganzen Tag über etwas los.“ Der Vorsitzende selber ist von Anfang an dabei, seit 27 Jahren führt er die Sparte. Er erinnert sich noch ganz genau an das Jahr 1984, als die Parzellen aufgeteilt wurden. Dabei packten die Neugärtner seinerzeit selber kräftig mit an. Daran erinnert auch eine Chronik, in der es reihenweise Aufnahmen aus der Zeit zu sehen gibt.

„Wir sind sicherlich eine der jüngsten Sparten in Wolmirstedt, aber nicht die kleinste“, erzählt der Vorsitzende. Immerhin gibt es hier 35 Parzellen. Zwei werden übrigens von Zuwanderer-Familien bewirtschaftet. „Da passt alles“, versichert der Vorsitzende. „Das ist ein Beispiel für gelebte Integration.“ Überhaupt hat schon ein Generationenwechsel stattgefunden. Junge Familien kamen nach und heute liegt der Altersdurchschnitt bei etwa 45 Jahren. Zu den Neuen in der Hasenbreite gehört auch Mario Funke.

Er war bis 2020 einer der Dauercamper am Jersleber See. „Es kamen dort immer mehr Regeln und Einschränkungen und die Pacht war ganz schön teuer, sodass es mir irgendwann genug war“, erzählt er. Im Mai übernahm er einen Garten in der Hasenbreite und fühlt sich sichtlich wohl. „Campen ist irgendwie doch faulenzen“, sagt er. „Im Garten muss man etwas tun. Das ist auch ein guter Ausgleich.“ Ein Bekannter von ihm hat es genau so gemacht.

Für Berndt Schindler aus Barleben ist sein Garten seit 1985 ein idealer Rückzugsort. Er zeigt dem Vorsitzenden seine frisch geernteten Gurken. Eckehard Voigt nickt ihm wohlwollend zu – Gärtner unter sich. Selbst Kaninchen werden in der Sparte gehalten, was auch fast zu dem Namen passt. „Im Augenblick haben wir drei Halter“, sagt der Vorsitzende. In früheren Zeiten waren es viel mehr.

„Wir halten uns an die Regeln, nach denen eine Drittelbewirtschaftung zu erfolgen hat. Ein Drittel dient dem Anbau von Gemüse“, sagt er. „Die Sparten mit ihren Parzellen pachten wir beim Kreisverband, der unser Interessensvertreter ist.“ Bei Übergaben erfolgt eine fachmännische Wertermittlung, die selbst vor Gericht bestand hat.

Diese Verfahrensweise bestätigt Christine Lersch, Schatzmeisterin des Kreisverbands der Kleingärtner Wolmirstedt. „Wir haben allein in Wolmirstedt 15 Kleingartenvereine, auf dem Verbandsgebiet sind es 42“, sagt sie. In der Stadt selber seien Gärten mittlerweile sehr begehrt. Die Ausstattung mit Strom- und Wasseranschlüssen ist schließlich nicht überall gegeben.

Aber auch im benachbarten Barleben ist kaum eine Scholle zu haben. Selbst weiter auf dem Lande – praktisch dem ehemaligen Gebiet des Landkreises Wolmirstedt – ist eine erhöhte Nachfrage zu bemerken. „Obwohl dort sicher eher noch einmal ein Kleingarten zu haben ist“, sagt die Schatzmeisterin. „Der Trend ist für uns sehr erfreulich.“