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Coronavirus Züchter vor großen Herausforderungen

Die Corona-Krise macht den Kleintierzüchtern aus Samswegen und der Region zu schaffen. Einige sollen sogar ihre Tiere notgeschlachtet haben.

Von Sebastian Pötzsch 04.08.2020, 01:01

Samswegen l Wir erinnern uns: Am letzten Oktoberwochenende des vergangenen Jahres herrschte volle Hütte in der Turnhalle in Samswegen: Hunderte von Gehegen waren aufgebaut und bildeten mehrere Gänge. Alle waren besetzt mit Tauben, Hühnern, Gänsen und Kaninchen. Es schnatterte und gackerte ohne Unterlass. Insgesamt 441 Tiere, die Zuchterfolge von 43 Ausstellern, konnten hier bestaunt werden. Etliche Male wurde die Bestnote „vorzüglich“ vergeben werden und die Note „hervorragend“ hagelte nur so. Und entgegen der Trends anderer Rassezuchtvereine der Region war sogar der Nachwuchs richtig gut aufgestellt. Sechs Jugendliche zeigten ihre Zuchterfolge der Öffentlichkeit und wurden ausgezeichnet.

Und wie sieht es dieses Jahr aus? „Ob wir eine Zuchtschau auf die Beine stellen, wird sich zeigen. Ich glaube, eher nicht“, sagt Holger Weniger. Er ist der Vorsitzende des Rassegeflügel- und Kaninchenzuchtvereins „Taubenthal 1958 Samswegen“, einer der größten seiner Art in der Niederen Börde. Der Ausfall der alljährlich stattfindenden Schau würde einen zusätzlichen Verlust für die Züchter bedeuten.

Denn die Zucht von Kleintieren wie beispielsweise Geflügel ist eine Wissenschaft für sich. Da werden zunächst die besten Tiere ausgesucht und zusammengebracht. Ziel ist es, Nachwuchs zu züchten, der den aktuellen Rassemerkmalen und Zuchtstandards am besten entspricht. Richtig spannend wird es dann erst Wochen später. Denn nachdem die Eier gelegt sind, müssen fast drei Wochen bis zum Schlüpfen abgewartet werden. Danach erfolgen die Beringung und schließlich die Auswahl der besten Tiere. Mit diesen geht es dann nach Samswegen – oder aber auf eine der vielen anderen Zuchtschauen, die deutschlandweit stattfinden.

Doch mit der Ausbreitung des Coronavirus und den damit verbundenen Auflagen zur Eindämmung wurden die meisten der Veranstaltungen abgesagt. „In diesem Jahr gibt es auch keine Landesschauen, zumindest was die Kaninchen betrifft“, erzählt Holger Weniger. Als Grund wurde unter anderem angegeben, dass die Auflagen gegen die Ausbreitung des Coronavirus einfach nicht zu stemmen seien. „Das wird wohl auch die Geflügel-Kreisschau treffen, die im Rahmen unserer jährlichen Zuchtschau Ende Oktober stattfinden soll“, erklärt der Vereinschef. Damit würde auch die Gruppenschau für Süddeutsche Farbentauben abgesagt werden müssen.

„Noch steht das nicht fest, aber zur 99 Prozent wird das so kommen“, sagt Holger Weniger und begründet das vor allem mit den hohen Kosten. So erwartet er neue Auflagen vom Veterinäramt, die umgesetzt werden müssten, wie beispielsweise eine neue Ordnung für das Aufstellen der Käfige und Volieren. Aber auch das Gesundheitsamt würde wohl hohe Hürden aufstellen wie das Einbahnstraßensystem für den Besucherstrom oder die begrenzte Anzahl an Gästen. „Wer will denn das alles umsetzen?“, fragt der Vereinsvorsitzende und fügt hinzu: „Da ist es wohl besser, das Ganze abzusagen.“

Auch die Pokale für die besten Züchter stellen einen Kostenfaktor dar. So müsse der Verein mit einer hohen Summe in Vorkasse gehen. „Wenn wir also die Pokale vorbestellen und bezahlen, dann aber die Ausstellung doch abgesagt werden muss, bleiben wir auf den Kosten sitzen. Niemand weiß doch, was in einer paar Tagen passiert.“

Es sei auch schon überlegt worden, die Ausstellung stattfinden zu lassen und die Pokale später zu überreichen. Somit könnten die Preise mit dem bereits eingenommen Geldern aus der Veranstaltung bezahlt werden. Doch das wollten viele Züchter nicht. „Eine grundsätzliche Entscheidung ist noch nicht gefällt worden“, berichtet der Züchter. Endgültig soll über die Zuchtschau während einer Versammlung am 14. August entschieden werden.

Doch nicht nur das Vereinsleben leidet. Oftmals sind die Züchter auch persönlich von den Einschränkungen betroffen. „Ich weiß von einigen, die Tiere bereits schlachten mussten“, erzählt Holger Weniger. „Die haben nur die Zuchttiere für die kommende Saison behalten.“

Und das hat einen ganz einfachen Grund: Weil die vielen Zuchtschauen und Ausstellungen abgesagt wurden, können die Züchter ihre Tiere weder zeigen noch zum Verkauf anbieten. Das verursacht aber enorme Kosten. Meldet ein Züchter Tiere bei einer Schau an, muss er eine Startgebühr pro gezeigtem Tier zahlen. „Wird eine Veranstaltung abgesagt, werden trotzdem 30 Prozent der Startgebühr fällig. So wollen die Organisatoren wenigstens einen Teil ihrer Ausgaben reinholen“, erklärt Holger Weniger. Für einen Züchter, der meist mit mehreren Kollektionen plant, kann dies einen herben Verlust bedeuten. Hinzu kommen noch die Haltungskosten für Tiere, die eigentlich für Ausstellungen vorgesehen waren, nun aber nicht gezeigt werden können.

Während der Holger 2Weniger also das Zustandekommen der für Oktober geplanten Zuchtschau eher pessimistisch einschätzt, steht er einer nächsten Tierbesprechung positiv gegenüber. „Das ist ja unser Angebot an unseren Nachwuchs, das wir immer mal wieder bereithalten“, erklärt Holger Weniger. Hier dürfen Tiere mitgebracht werden, „die auch mal Fehler haben“, also nicht ganz den Rassemerkmalen und Zuchtstandards entsprechen. Hier schulen also erfahrene Züchter den Züchternachwuchs. Einen Termin für die nächste Tierbesprechung gibt es noch nicht, darüber soll demnächst entschieden werden. Doch eines ist sich Holger Weniger sicher: „Sie wird in absehbarer Zeit wieder stattfinden.“