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Spenden für Ukraine Fitness-Studio in Wolmirstedt sammelt Spenden für die Ukraine

Valentina und ihre Familie waren drei Tage lang auf der Flucht aus der Ukraine, nun sind sie in Sicherheit bei ihrer Tante bei Wolmirstedt. Die Ukrainerinnen wissen, was Flüchtlinge brauchen und bitten um Spenden.

Von Gudrun Billowie Aktualisiert: 02.03.2022, 10:59
Julia (l.) hat ihre Nichte Valentina sowie weitere sechs Familienmitglieder von der polnischen Grenze abholen und in ihrem Haus unterbringen können.  Sie sind froh, in Sicherheit zu sein und möchten nun im Fitnessstudio MyGym Sachspenden für die Ukraine sammeln.
Julia (l.) hat ihre Nichte Valentina sowie weitere sechs Familienmitglieder von der polnischen Grenze abholen und in ihrem Haus unterbringen können. Sie sind froh, in Sicherheit zu sein und möchten nun im Fitnessstudio MyGym Sachspenden für die Ukraine sammeln. Foto: Gudrun Billowie

Wolmirstedt - Fast drei Tage lang waren Valentina und ihre Familie auf der Flucht aus der Ukraine. Die 18-Jährige ist in Novograd Wolynskyi zu Hause, einer Stadt in der Nordukraine, die etwa 56.000 Einwohner zählt. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass es Krieg gibt“, sagt die junge Frau und schüttelt langsam den Kopf. Doch als die Sirenen heulten, haben sie Pässe, Geld, Medikamente sowie Essen und Trinken für die Reise gepackt und sind ins Auto gestiegen, sieben Personen in ein Auto. Und dann?

Valentina sitzt im Wolmirstedter Fitnessstudio, ihr Blick wirkt leer und doch kann sie ihre Aufmerksamkeit kaum vom Smartphone lösen. Unaufhörlich ploppen Nachrichten auf, unablässig antwortet sie. Sie wirkt erschöpft, ungläubig darüber, dass sie Donnerstag in einem Krieg aufgewacht ist und Hals über Kopf ihr Zuhause verlassen musste. „Die Flucht war gefährlich, schwer, wir hatten viel Angst.“ Sie ist in Sicherheit, ihre Tante Julia hat sie aufgenommen.

Viel Angst auf der Flucht aus der Ukraine

Julia Pavlenko lebt seit acht Jahren in Deutschland, arbeitet im MyGym, dem Fitnessstudio, das gegenüber dem Wolmirstedter Rathaus von Sascha Zimmermann betrieben wird. Die 33-jährige Betriebswirtschaftlerin wusste ihre Familie in der Ukraine stets sicher. Bis Donnerstag, 24. Februar, bis die Welt umgekrempelt wurde und Russland die Ukraine angriff.

„Meine Mama hat angerufen und gesagt: Die Krieg hat angefangen“, erzählt Julia Pavlenko. Für sie war sofort klar, sie wird ihre Familie bei sich aufnehmen. Neben Mutter und ihrem Vater hat sie zwei Schwestern, die jeweils zwei Kinder haben. Bis auf ihre ältere Schwester sind alle ins Auto gestiegen, Mutter, Vater, Schwester und vier Nichten, sieben Personen, die sich den wenigen Platz teilten und auf den Weg an die polnische Grenze machten. Die ältere Schwester ist zunächst zurückgeblieben, inzwischen aber auch unterwegs.

Gedränge vor der Grenze extrem dicht

Die 18-jährige Valentina erzählt, was die Familie auf ihrer Flucht erlebt hat. „Besonders vor der Grenze war das Gedränge extrem dicht.“ Verzweifelte Menschen, vor allem Mütter mit Kindern, die zu Fuß unterwegs waren, hätten an die Autoscheibe geklopft, wollten mitgenommen werden. „Aber das Auto war doch schon so voll.“

Schließlich habe die Abfertigung am ukrainischen Grenzübergang Schehyni mehrere Stunden gedauert. Die Ukrainer haben vor allem die Männer kontrolliert, da 18- bis 60-Jährige das Land nicht verlassen dürfen. „Mein Papa ist 63 Jahre alt“, sagt Julia Pavlenko. Deshalb durfte er ausreisen.

Schließlich haben Julia Pavlenko und ihr Mann die Familie auf der polnischen Seite in Empfang nehmen können. Sie haben gesehen, wie erschöpft Eltern, Schwester und Nichten waren, haben sie auf nun zwei Autos verteilt, sich selbst ans Steuer gesetzt und sind in das Haus der Pavlenkos gefahren. Für die Familie endete damit eine Flucht über mehr als 1000 Kilometer, die fast drei Tage andauerte.

Doch obwohl sie in Sicherheit sind, ist nicht alles gut. „Meine Freundin“, erzählt Julia Pavlenko, „würde auch gerne flüchten, aber sie bekommt ein Kind, die Geburt steht unmittelbar bevor.“ Sie ist derzeit in einer Art Geburtshaus untergebracht, muss bei Alarm in den Keller. Julia Pavlenko erzählt davon und vergräbt das Gesicht in den Händen. Auch die Sorge um die Schwester ist lange nicht ausgestanden.

Die 18-jährige Valentina hat in der Ukraine ihre Zukunft gesehen, hatte gerade begonnen Tourismusmanagement zu studieren. Eines Tages in Deutschland zu leben, stand nicht auf dem Plan. Nun wird sie zusammen mit ihrer Tante Julia Pavlenko und dem gesamten Fitnessstudio-Team um Sascha Zimmermann Spenden sammeln (siehe Infokasten). Weitere Annahmestellen in Wolmirstedt sind zunächst nicht bekannt, das Deutsche Rote Kreuz wird sich demnächst positionieren.

Hilfsgüter werden direkt in die Ukraine gebracht

Unterdessen kommen aus den Kriegsgebieten Hilferufe, dass besonders spezielles Verbandsmaterial benötigt wird, sogenannte Cat-Abbindesysteme der siebten Generation, die besonders bei starken Blutungen helfen.

Die Hilfsgüter, die im Fitnessstudio in der August-Bebel-Straße 32 gesammelt werden, bringen Julia Pavlenko und ihr Team zunächst an eine Magdeburger Sammelstelle. Dort werden sie sortiert, anschließend an die polnisch-ukrainische Grenze und von dort aus weiter direkt in die Ukraine gebracht. Das Credo lautet: Jede kleine Spende hilft.

Das brauchen Menschen in der Ukraine:

Warme Kinderbekleidung sowie warme Damen- und Herrenbekleidung, Isomatten, Schlafsäcke, Decken Hygieneartikel, Konserven, Lebensmittel, Wasser, Medikamente

Aus den Kriegsgebieten der Ukraine kommen zudem weitere Hilferufe: Dort wird vor allem Verbandsmaterial benötigt: Mullbinden, Desinfektionsmittel, aber auch spezielle Cat-Abbindesysteme, die besonders effizient bei starken Blutungen eingesetzt werden