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Porträt Dieter Bree weist Sehbehinderten den Weg

Dieter Bree aus Niederndodeleben trainiert sehbehinderte Sportler. Als ehemaliger Fußballer hat er sich dem Klingelball verschrieben.

Von Constanze Arendt-Nowak 18.03.2018, 10:00

Niederndodeleben l Wenn Dieter Bree vom Torball, auch Klingelball genannt, spricht, ist die Leidenschaft in ihm zu spüren. Dabei spielt der Niederndodeleber nicht einmal selbst, aber er trainiert beim Magdeburger Sportverein MSV 90 Sehbehinderte, die in dieser Sportart ein anspruchsvolles Hobby für sich gefunden haben.

Erinnert er sich zurück, wie er zu seiner Aufgabe gekommen ist, so trifft es das geflügelte Wort „wie die Jungfrau zum Kinde“. Ein Bekannter aus dem Ort hatte ihn gefragt, ob er ihn mal zum Training fahren könnte. „Da habe ich mir das mal angeguckt und war fasziniert“, blickt Dieter Bree, einst selbst über Jahrzehnte aktiver Fußballer, zurück.

Die blinden Sportler formieren sie zu einer dreiköpfigen Mannschaft, die einerseits Tore werfen und andererseits das Tor bei den gegnerischen Würfen verteidigen muss. Auf dem Weg vom Werfer zum Tor muss der Ball drei Leinen unterqueren. Eine Berührung dieser Leinen hat einen Strafwurf zur Folge. Zur Orientierung klingeln sowohl der Ball als auch die Leinen.

Doch um sich mehr in die Sache einzubringen, fehlte dem damals noch Berufstätigen die Zeit. Als er aber Rentner wurde, nahm Dieter Bree die Aufgabe an. Er wurde Anfang 2017 Mitglied im MSV 90 und ist heute Trainer, Begleitperson und vieles mehr in einem für „seine“ Blinden, wie er sagt.

Einmal in der Woche wird Torball trainiert. Aber zum Blindensport des Magdeburger Sportvereins gehört auch noch Kegeln. Da fuchst sich Dieter Bree jetzt ebenfalls ein. Das bedeutet für ihn noch zwei Trainingstage mehr, an denen er den Blindensportlern zur Seite steht. „Montags ist Kegeln classic, donnerstags Kegeln Bohle und freitags Torball“, so Dieter Bree, der genau weiß, dass besonders die fünf Torballer im Alter zwischen 40 und 69 Jahren auf ihre zweieinhalbstündigen Trainingszeiten bis zur letzten Minute beharren. „Sie sind ganz ehrgeizig“, bringt er es auf den Punkt.

Insgesamt hat die Abteilung Blindensport des MSV 90 18 Mitglieder – einige betreiben nur Torball, andere kegeln nur und zwei sind in beiden Sportarten aktiv. Zwei von den Keglern fahren sogar zu Europa- und Weltmeisterschaften.

Das Training ist aber auch bei den Torballern nicht nur Spaß an der Freude, sondern zielt auf die Turnierteilnahme. Da Torball – anders als in der Schweiz, wo es eine Art Familiensport ist – in Deutschland und speziell in Sachsen-Anhalt nicht so verbreitet ist, ist das für die Sportler aus Magdeburg und Umgebung stets mit weiten Anfahrtswegen verbunden. Und allein darüber, was er auf derartigen Wochenendreisen mit „seinen“ Blinden schon alles erlebt hat, könnte Dieter Bree stundenlang erzählen.

Herumgekommen ist er in seiner „aktiven“ Zeit als Torballtrainer, aber auch schon davor, eine ganze Menge. „Wir fahren auch viel ins Ausland – 2017 waren wir zum Beispiel in Österreich, Belgien und der Schweiz und dort auch recht erfolgreich“, so Dieter Bree.

Vor vier Jahren standen die Magdeburger Torballer schon einmal kurz vor dem Aufstieg in die erste Bundesliga. Und genau da wollen sie hin. Dieter Bree weiß jetzt auch, dass „seine“ Blinden stolz auf ihn und die derzeitigen Platzierungen bei den Turnieren Ansporn für sie sind. Die Ziele sind gesteckt. Nach Dieter Brees Aussage wollen sie in drei Jahren die Deutsche Meisterschaft holen, das heißt, Erster der ersten Bundesliga werden.

Durch die Spiele im In- und Ausland bauen die Torballer und ihre Unterstützer aber auch Kontakte auf. Gepflegt werden diese Kontakte dann auch einmal jährlich bei einem internationalen Turnier, das seit vier Jahren in der Niederndodeleber Wartberghalle stattfindet. „Dann kommen auch Torballer aus Burgdorf in Niedersachsen sowie aus Basel und Zürich in der Schweiz hierher“, erklärt Dieter Bree. Ebenso ist die Niederndodeleber Feuerwehr ein verlässlicher Partner geworden. Die Brandschützer stocken in dem Turnier auch schon mal die Mannschaft des gastgebenden MSV 90 auf. Meist kämpfen hier insgesamt sieben Mannschaften um die Tore. Um die Chancengleichheit zwischen Blinden, Sehbehinderten (mit unterschiedlicher Teil-Sehkraft) und Sehenden zu wahren, spielen alle mit lichtundurchlässigen Brillen. „Wir haben ein gutes Verhältnis zur Feuerwehr aufgebaut und das Schönste ist immer das anschließende gemütliche Beisammensein von allen am Turnier Beteiligten“, erklärt Dieter Bree. In diesem Jahr soll dieses Turnier am 16. Juni stattfinden.