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Rheuma Selbsthilfegruppe möchte in Wolmirstedt Fuß fassen

Rheumatische Erkrankungen nehmen seit Jahren zu. Bis zu drei Prozent der Erwachsenen sind Schätzungen zufolge betroffen - aber auch Kinder und Jugendliche. Dennoch sind vor allem im Landkreis Börde die Selbsthilfegruppen und Beratungsangebote rar. Olivia Keitel hat sich nun zum Ziel gesetzt, das zu ändern.

Von Kristina Reiher 19.09.2023, 17:39
Olivia Keitel ist selbst von Rheuma betroffen. Seit Mitte 2022 leitet sie eine Selbsthilfegruppe in Haldensleben und hofft nun auf eine weitere in Wolmirstedt.
Olivia Keitel ist selbst von Rheuma betroffen. Seit Mitte 2022 leitet sie eine Selbsthilfegruppe in Haldensleben und hofft nun auf eine weitere in Wolmirstedt. Kristina Reiher

Wolmirstedt - Schmerzende Gelenke, morgendliche Steifheit und Heilung ist nicht möglich. Denn rheumatische Erkrankungen verlaufen meist chronisch. Zwar entwickelt die Forschung immer wirksamere Therapien, „an Bewegung führt aber kein Weg vorbei“, sagt Olivia Keitel, die eine Selbsthilfegruppe zum Thema Rheuma in Haldensleben leitet. Und das erfolgreich. Nun möchte sie ihr Gebiet auch nach Wolmirstedt ausdehnen.

Denn die Zahl der Betroffenen steigt, wie eine Analyse des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin (DRFZ) zeigt. Anhand der Ergebnisse schätzen die Forscher die Anzahl der Krankheitsfälle in der erwachsenen Bevölkerung bei 2,2 bis 3,0 Prozent ein. Demnach sind bis zu 2,1 Millionen Menschen betroffen.

Raum Wolmirstedt wird nicht abgedeckt

Ursache für die steigenden Zahlen könnten demnach im demografischen Wandel und dem wachsenden Anteil älterer Menschen zu finden sein. Zwar kann die Krankheit in jedem Alter auftreten, meist beginnt sie aber ab dem 50. Lebensjahr. „Häufig wird sie deshalb als Alte-Leute-Krankheit abgetan“, sagt Keitel. Dabei ist das Krankheitsbild, das unter dem Begriff Rheuma zusammengefasst wird, sehr vielschichtig. Dazu gehört auch die Rheumatoide Arthritis, Arthrose, Gicht, Wirbelsäulenerkrankungen wie Morbus Bechterew, Fibromyalgie, Vaskulitis Psoriasis-Arthritis (Schuppenflechte mit Gelenkbeteiligung) sowie Osteoporose. „Die etwa 400 verschiedenen Erkrankungen gehen aber fast immer mit Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat einher.“

Olivia Keitel weiß wovon sie spricht. Sie hat selbst Rheuma, bekam 2009 die Diagnose. „Das ist immer erst ein Schock, man weiß ja nicht viel über Krankheiten, bis man gezwungen ist, sich damit zu beschäftigen.“ Mit 45 Jahren Berufserfahrung als Krankenschwester wollte sie das nicht einfach hinnehmen und aktiv etwas dagegen tun. Denn Fachärzte und Beratungsmöglichkeiten sind rar gesät im nördlichen Sachsen-Anhalt. „Der Raum Wolmirstedt wird gar nicht abgedeckt.“

Die 1997 gegründete Selbsthilfegruppe in Haldensleben ist im Landkreis das einzige Angebot. Seit anderthalb Jahren wird diese jetzt von der Rottmersleberin geleitet. Dazu bietet sie Beratungsgespräche an - auch telefonisch. Jeden zweiten Mittwoch kommt die Selbsthilfegruppe zusammen, um eigene Erfahrungen auszutauschen, zu Schulungen, Vorträgen und Beratungen, aber auch zu Ausflügen, wie etwa dem jährlich stattfindenden Aktivtag im Solequell in Bad Salzelmen.

Angebote der Selbsthilfe können vielfältig sein

„Im Februar vergangenen Jahres haben wir eine eigene Sportgruppe gegründet“, berichtet Olivia Keitel . Einmal wöchentlich wird im Gesundheits- und Behindertensportverein gezielt trainiert. Bei der Hocker-Gruppe macht jeder genau so viel mit, wie er selbst kann. „Hauptsache, es wird sich überhaupt bewegt, Stillstand ist für die Krankheit der Untergang.“ Andere Selbsthilfegruppen organisieren demnach auch Tanztherapien oder etwa Warmwassergymnastik. Aber auch das sei lokal manchmal schwer umsetzbar. „Dafür braucht man nicht nur Leute, die da mitmachen wollen, oft fehlen auch die passenden Gegebenheiten. Ein passendes Warmwasserbecken gibt es hier nicht, dafür müssten wir nach Magdeburg fahren.“

Nicht selten fängt die rheumatoide Arthritis mit Schmerzen in den Gelenken der Hände und Füße an.
Nicht selten fängt die rheumatoide Arthritis mit Schmerzen in den Gelenken der Hände und Füße an.
Foto: Imago

Ihre Arbeit ist ehrenamtlich. Ein Grund mehr, warum sich vermutlich wenig Selbsthilfegruppen bilden. „Ein bisschen Zeit nimmt die Leitung einer Selbsthilfegruppe schon in Anspruch, aber was man von den Leuten zurückbekommt, ist unbezahlbar - die Dankbarkeit, die Freude, den Austausch“ Auch den Wolmirstedtern möchte sie nun anbieten, an den Treffen in Haldensleben teilzunehmen.

Leiterin hofft auf eigene Gruppe in Wolmirstedt„

Auf Dauer hoffe ich aber, dass sich dort eine eigene Selbsthilfegruppe aufbaut.“ Nur fünf Mitglieder seien dafür nötig. Auch bei der Findung würde Keitel unterstützen und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Gebraucht werde dann ein passender Raum, der sich vor Ort gesucht werden müsste. Selbsthilfegruppen werden zudem von den Krankenkassen gefördert, Projekte ganz besonders. Die Rheuma-Liga könne bei Interesse auch beraten und biete regelmäßige Schulungen und Seminare an.

„Ich kann zum Reinschnuppern nur anbieten, sich unsere Arbeit vor Ort einmal anzuschauen“, sagt Keitel. Vielleicht könnten so Hemmungen für eine eigene Gruppe genommen werden. „Das geht alles nicht von heute auf morgen, aber es muss sich nur jemand trauen und den Anfang machen.“