Ehrenamt soll vergütet werden Zoff um Geld für Ortsbürgermeister
Wie hoch sollte die Aufwandsentschädigung für die drei ehrenamtlichen Ortsvorsteher sein? Diese Frage treibt derzeit die Ratspolitiker der Gemeinde Barleben um.

Barleben - Laut einer von der Verwaltung vorbereiteten Beschlussvorlage, die bereits sämtliche Gremien durchlaufen hat und voraussichtlich am 24. September final im Gemeinderat beschlossen wird, sollen die Vergütungen der Ortsvorsteher geändert werden. Doch die vom Rathaus gemachten Vorschläge sorgen für Zündstoff. Meitzendorfs neue Ortsbürgermeisterin Ramona Müller (FWG) wittert gar einen Racheakt des Gemeindebürgermeisters Frank Nase (CDU). „Mit der geänderten neuen Aufwandsentschädigung sollen wir neuen Ortsbürgermeister in Ebendorf und Meitzendorf abgestraft werden, weil wir unsere langjährigen Vorgänger aus den Reihen der CDU abgelöst haben“, meint die Kommunalpolitikerin. Was sagen andere Kommunalpiltiker?
Um was geht es genau? Laut Barleber Gemeindeverwaltung hatte die Kommunalaufsicht des Landkreises die im Juli 2023 neu gefasste Entschädigungssatzung für ehrenamtlich Tätige beanstandet. Deshalb sollen laut der aktuellen Beschlussvorlage die Vergütungen der Fraktionsvorsitzenden, der Ortschaftsräte, der Ortsbürgermeister und der Feuerwehrleute angepasst werden.
Weniger Vergütung statt mehr
Dazu sind zwei Varianten erarbeitet worden. Variante 1 orientiert sich an einer Erhöhung der Aufwandspauschale um 21 Prozent und folgt damit der Kommunal-Entschädigungsverordnung des Landes. Somit erhielte der Barleber Ortsbürgermeister künftig 575 Euro statt bisher 475 Euro. Der Ebendorfer Ortsbürgermeister würde mit 333 Euro (bisher 275 Euro) und die Meitzendorfer Ortsbürgermeisterin mit 272 Euro (bisher 225 Euro) entschädigt. So weit, so gut.
Die zweite Variante geht bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung davon aus, dass je 1.000 Einwohner eine Pauschale in Höhe von 100 Euro zu zahlen sei. Also: Barleben (5.924 Einwohner): 575 Euro, Ebendorf (2.033 Einwohner): 275 Euro und Meitzendorf (1.327 Einwohner): 175 Euro. Damit würde die Meitzendorfer Ortsbürgermeisterin 50 Euro weniger erhalten als bisher. Dem Barleber Ortsbürgermeister würden 100 Euro mehr zustehen, der Ebendorfer Ortsbürgermeister würde eine „Nullrunde“ erfahren.
„Diese Festsetzung ist eindeutig politisch motiviert. Auffällig bei der neuen Berechnung ist, dass der CDU-Ortsbürgermeister von Barleben, egal welche Variante am Ende beschlossen wird, immer 100 Euro mehr erhält“, sagt Ramona Müller. Überhaupt findet sie, dass diese Regelung den Vorgaben der Kommunal-Entschädigungsverordnung des Landes widerspricht, nach der ja die Aufwandsentschädigungen an die Verbraucherpreisentwicklung angepasst werden sollte – und nicht abgesenkt.
Ein Blick in die Stadt Wolmirstedt zeigt, wie es anders geht. Auch hier sind jüngst die Entschädigungen für die Ortsbürgermeister angepasst worden. Beispiel: Der Ortsvorsteher von Mose mit 315 Einwohnern erhält nunmehr 188 Euro, also 13 Euro mehr als die Meitzendorfer Ortsbürgermeisterin. Glindenberg mit annähernd so viel Einwohnern wie Meitzendorf bekommt 351 Euro, also 176 Euro mehr.
Entschädigung nach Einwonherzahl
Die Beschlussvorlage um künftige Entschädigung der Ortsbürgermeister in der Gemeinde Barleben hat bereits sämtliche beratenden Gremien durchlaufen. Ergebnis: Alle Ortschaftsräte sowie der Finanzausschuss haben jeweils mit großer Mehrheit die Variante 2 zur Abstimmung in den Gemeinderat empfohlen. Am Dienstagabend stand die Debatte im Hauptausschuss an. Wie erwartet wurde hier hart diskutiert. „Ich halte es für völlig inakzeptabel, dass Aufwandsentschädigungen reduziert werden“, sagte Edgar Appenrodt von der Fraktion FWG/Linke. Die Intention der Anpassung der Vergütungen sei schließlich gewesen, die Inflation auszugleichen und damit das Ehrenamt zu stärken. „Dass dies an einer Stelle heruntergesetzt werden soll, finde ich völlig deplatziert. Weniger soll niemand bekommen.“ Letztere Forderung formulierte der Ratspolitiker in einen Antrag.
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Reinhard Lüder (SPD/UWG) sieht das ganz anders. Er erinnerte an eine Sitzung der Fraktionsvorsitzenden mit dem Bürgermeister im Juli. „Dort waren wir uns einig, dass wir die Ortschaften nicht mehr pauschal bedienen, sondern nach den Einwohnern. Das trifft dann natürlich auch für die Ortsbürgermeister zu. Damit waren auch sie einverstanden“, sagte Lüder an Appenrodt gewandt. Erst mit dem Wechsel der Ortsbürgermeister von CDU in FWG sei die angedachte Regelung zur Entschädigung plötzlich zum Thema geworden, „aber nur bei ihnen“. „Es geht hier nicht um weniger oder mehr, sondern um den gesetzlichen Rahmen, der erfüllt werden soll.“
Auch Bürgermeister Frank Nase (CDU) verwies auf eine mutmaßliche Forderung Edgar Appenrodts, die Entschädigungen für Meitzendorfer Ortschaftsräte und Ortsbürgermeister der Einwohnerzahl anzupassen. Der deshalb im Vergleich zu den beiden anderen Ortschaften geringere Aufwand sei berücksichtigt worden und eine Gleichberechtigung zwischen den Ortschaften hergestellt. „Dinge zu unterstellen, ich hätte hier einen persönlichen Groll, ist weit hergeholt“, hob der Rathauschef hervor. Die zwei zur Wahl stehenden Varianten seien Ergebnis „aus diskutierten Inhalten der Fraktionsvorsitzenden, des Erlebten aus der Vergangenheit und des Gerügten von der Kommunalaufsicht“.
Vergütung nach Verbraucherpreisentwicklung
Edgar Appenrodt verwehrte sich gegen die Behauptungen, wonach er selbst die Anpassungen der Vergütungen der Ortsbürgermeister gefordert hat. „Meine Ausführungen damals waren ausschließlich auf die Ortschaftsräte bezogen.“ Und er widersprach den Annahmen, nach denen die Anpassungen der Aufwandsentschädigungen für Ortsbürgermeister von der Kommunalaufsicht vorgegeben worden seien.
So sieht das auch das Barleber Rathaus. „Die Kommunalaufsicht hat weder die bisherigen Entschädigungssätze für die Ortsbürgermeister beanstandet noch hat diese einen Rahmen dafür vorgegeben“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Mit der aktuellen Beschlussvorlage bilde die Variante 1 die Verbraucherpreisentwicklungen ab, Variante 2 orientiere sich stärker als bisher an den Einwohnerzahlen.
Und wie sieht das die Kommunalaufsicht selbst? Zwar habe die Behörde des Landkreises nach Vorlage der Entschädigungssatzung der Gemeinde Barleben darauf hingewiesen, nach der Kommunalwahl eine neue Satzung auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen zu erlassen. „Eine Beanstandung der Satzungsregelungen erfolgte nicht“, teilte die Kommunalaufsicht in einer schriftlich formulierten Antwort mit. Und: „Die Regelungen über die Festlegungen der Aufwandsentschädigung für die Ortsbürgermeister war nicht Gegenstand der kommunalaufsichtlichen Hinweise“. Jedoch seien beide von der Verwaltung erarbeiteten Varianten rechtmäßig.
Edgar Appenrodts Antrag „Niemand soll weniger bekommen“, wurde im Hauptausschuss übrigens mehrheitlich abgelehnt. Zudem bekannten sich die anwesenden Politiker – außer dem FWG-Mitglied – zur Variante 2. Noch sind nicht alle Messen gesungen. Schließlich steht in der nächsten Woche die finale Entscheidung im Gemeinderat an.