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Innungstag Handwerker stehen vor Herausforderung

Handwerkliche Betriebe müssen sich auch in Zerbst zwei Herausforderungen stellen: dem Fachkräftemangel und der Digitalisierung.

Von Emily Engels 21.11.2016, 05:30

Zerbst l 59 Prozent. Die Zahl, die Thomas Keindorf, der Präsident der Handwerkskammer Halle, in den Raum stellt, ist repräsentant für eine der größten Sorgen, die unter den Handwerkern deutschlandweit herrscht. Denn 59 Prozent aller Schüler schließen das Handwerk als Beruf aus, sagt Keindorf. Die Prozentzahl, die der Präsident der Handwerkskammer erwähnt, ist das Ergebnis einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Mafo.

„Vielen Schulabgängern ist der Beruf zu anstrengend, zu schlecht bezahlt oder hat den Ruf, wenig Anerkennung in der Gesellschaft zu finden“, meint Keindorf.

Dabei gebe es gerade im handwerklichen Bereich so vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Er ist der Ansicht, dass Schulen, vieler Politiker und auch Eltern besser aufgeklärt werden müssen – um dann selbst besser aufklärenzu können. „Natürlich wollen Eltern nur das Beste für ihre Kinder“, zeigt er sich verständlich. Aber ein handwerklicher Beruf biete nunmal zahlreiche Chancen. „Es ist zum Beispiel durchaus möglich, bereits mit Mitte 20 ein selbstständiger Unternehmer zu sein“, meint er.

Den Gästen, die sich an dem Sonntagmorgen in der Zerbster Stadthalle zu dem 26. Innungstag der Kreishandwerkerschaft Anhalt-Bitterfeld versammelt haben, muss er all das eigentlich nicht sagen. Denn sie sind die Elite des regionalen Handwerkes, haben bewiesen, dass eine Karriere im Handwerk durchaus lukrativ sein kann.

Viele von den Besuchern werden an dem Nachmittag mit einem diamantenen, goldenen oder silbernen Meisterbrief ausgezeichnet.

Auch der Landrat Uwe Schulze (CDU) lobt das Handwerk in großen Stile. „Es hat einen goldenen Boden“, sagt er in seiner Ansprache zum 26. Innungstag. Er warnt gleichzeitig vor einer „Hyperakademisierung unserer Gesellschaft“, die mehr und mehr stattfinde. Der Fachkräftemangel sei hingegen keine Überraschung, sondern durchaus absehbar gewesen. Der Landrat lobt die zielorientierte Zusammenarbeit mit der Kreishandwerkerschaft. „Hier passiert viel über Fleiß, Geschick und Qualifizierung“, meint er.

Einen weiteren Aspekt, der beim Innungstag ein Themenschwerpunkt ist, ist die Digitalisierung. Hierauf geht Staatssekretär Thomas Wünsch vom Ministerium für Wirtschaft und Digitalisierung ein.

Während der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) in seiner Rede sagt, dass er das bis 2018 angestrebte flächendeckendes Breitbandnetz in der Region für ein „ehrgeiziges Ziel“ halte, zeigt der Staatssekretär sich optimistisch: „Ja, es dauert Jahre, bis es ein Ergebnis gibt“, entgegnet er. Doch seien sie auf dem guten Wege, eine Lösung zu finden. „Bis zum September 2017 möchte ich an einer Strategie arbeiten, dafür würde ich gerne mit Ihnen reden und Ihre Vorschläge entgegennehmen“, appeliert er an die Handwerker.

Digitalisierung halte er überhaupt für ein wichtiges Thema – das auch im Handwerk eine immer größere Rolle spiele. „Sei es bei der Verwendung von Drohnen im Baugewerbe, bei Online-Bestellungen, die effektiver und effizienter für Unternehmen und Verbraucher sind oder sei es zum Beispiel ein digitaler Abdruck in der Zahntechnik“, zählt er auf. Wünsch sieht der Zukunft des Handwerkes optimistisch entgegen.

So beschreibt er, wie er bei der Zeugnisvergabe von 200 Jungmeistern in Halle anwesend war: „Die Mischung aus Stolz und Unternehmergeist, die sich in ihren Gesichtern abzeichnete, war faszinierend.“