1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Zwei Ausstellungen mit Bewegung

Museum Zwei Ausstellungen mit Bewegung

Mit gleich zwei Ausstellungen beeindruckt derzeit das Zerbster Museum.

Von Arlette Krickau 21.11.2017, 00:01

Zerbst l Durch alte Gänge gehen, hier und da stehen bleiben und vielleicht mal etwas lesen – das verbinden die meisten mit einem Museumsbesuch. Gerade Kinder lockt das nur selten. Mit der neuen Ausstellung „Wir spielen alle“ geht es aber wortwörtlich spielend durch die Zeit. Hier wird geschaut und dann gespielt – das gefällt jedem Alter.

Museumsleiterin Agnes-Almuth Griesbach hat fast 300 Exponate aus den vergangenen 200 Jahren zusammengetragen. Darunter Teddybären, Kaufläden, Flugmodelle und natürlich Puppen. Dazu hat sie sogar in ihren privaten Bestand gegriffen und ihre Puppe Elisabeth aus Kindertagen zum Teetrinken gesellt.

„Seit Jahrtausenden gehören Spiele und Spielen zur Geschichte der Menschheit. Im Spiel werden Fähigkeiten und Fertigkeiten eingeübt, wird die Wirklichkeit begreifbar, Handlungsmuster nachgeahmt, die dann als erworbenes Wissen im Erwachsenenalter angewandt werden“, sagte Griesbach bei der Eröffnung der Ausstellung.

Spiele gehören seit Anbeginn der Menschheit zum Leben dazu. Auch wenn sie sich immer wieder veränderten. Die ersten Spielsachen aus Tierknochen, Stein, Ton oder Holz bildeten Dinge der Realität ab wie kleine Pferdchen oder Menschen. Es entwickelten sich dann später in der griechisch-römischen Antike klassische Mädchen- und Jungenspielzeuge heraus. Puppen für die Mädchen, Holzschwerter für die Jungen.

Doch in der Regel sind es vor allem die wohlhabenderen Familien gewesen, die sich Spielzeuge für ihre Kinder leisten konnten. „In der Regel sind Kinder der ärmeren Familien meist in den Arbeitsalltag eingebunden. Fehlt die Zeit zum privilegierten Spiel, besteht ihr Spielzeug aus gerade verfügbaren Materialen wie Tannenzapfen, Hölzchen oder Steinen“, erklärt Griesbach bei der Eröffnung weiter.

Mit der Reformation änderte sich die Sicht auf die Kindheit und es begann eine pädagogisch-wissenschaftlich-didaktische Auseinandersetzung mit dem Thema Kindheit und Spielen.

Natürlich sind auch bei dieser Ausstellung viele Dinge in Vitrinen zu sehen oder alte Spielbretter in Rahmen, aber es gibt auch einen Tisch in der Mitte des Ausstellungsraumes, der zum Spielen einlädt.

Mit dabei ist ein selbst kreiertes Spiel des Museums. Bei einem Workshop mit Kindern aus Zerbst wurde das Brettspiel „Zerbster Stadtspiel“ mit den Mädchen und Jungen entworfen. Sie selbst dachten sich Fragen zu und über Zerbst aus, die es gilt auf dem Weg zum Ziel zu beantworten. Wer jetzt denkt, dass jeder Erwachsene dieses Spiel spielend gewinnen könnte, da sich Kinder die Fragen ausgedacht haben, dem sei ein Versuch geraten. Einige werden sich wundern, was der Zerbster Nachwuchs so alles über seine Heimatstadt weiß, was manch Erwachsener noch nie gehört hat. Beim Spielen lernt man eben nie aus.

Für diejenigen, die sich eher für die Frühgeschichte statt für Spiele interessieren, dem sei die Kabinettausstellung „Germania Slavica“ im Veranstaltungsraum Tonne im Museum ans Herz gelegt, die zeitgleich zur Spielzeugausstellung eröffnete. Hier wird die Geschichte zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert der Slaven und Germanen gezeigt.

„Sie zeigt, wie sehr die Bevölkerung schon immer in Bewegung war“, sagt Karl-Heinz Bannasch, Vorsitzender des Vereins Heimatkundliche Vereinigung Spandau 1954 e.V., bei der Eröffnung und zieht Parallelen in die heutige Zeit. „Als wir 2015 mit den Vorbereitungen für die Ausstellung begannen, kam das Thema Flüchtlinge aktuell in unserer Region auf. In der Zeit, die die Ausstellung zeigt, da war an das Wort Flüchtlingskrise nicht einmal zu denken. Trotzdem wird die Wanderung der Germanen gezeigt, die damals umherzogen, um Orte zu finden, an denen sie arbeiten und sich versorgen konnten. Im modernen Sinne waren sie sozusagen nichts anderes als Wirtschaftsflüchtlinge“, so Bannasch, dessen Verein die Wanderausstellung finanziert.

Dann kamen die Slaven in die Region. Ein jahrhundertelanges Völkerrücken und -mischen beginnt. „Bis heute sind die ethnischen Grenzen nicht fest“, so Bannasch.

Im Zuge der Ausarbeitungen für die Ausstellung konnten die Macher aber feststellen: Schon damals ging es den Menschen nicht schnell genug mit der Integration. Es scheint sich seit dem wenig verändert zu haben. Entscheidend ist nur, was man aus der Geschichte lernt.

Ein Blick auf die Exponate bringt auch Zerbst ganz weit nach vorne in dieser Ausstellung, die über Integration und Mobilität der Menschen berichtet. Denn die Besiedelung durch Slawen in dieser Region hat bis heute ihre Spuren hinterlassen. So sind Stadt- oder Straßennamen slawisch angehaucht oder sogar slawischen Ursprungs oder Begriffe, die sich bis heute halten wie Gurke, Grenze oder Plauze erhalten. Unter anderem ist auch das Teehäuschen im Schloßgarten in der Ausstellung vertreten, denn: Darunter finden sich Reste der slawischen Wallburganlage Zerbst.