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Sanierung Toberentz-Villa in Zerbst ist gerettet

Viele Anläufe von Investoren, die Toberentz-Villa in Zerbst zu kaufen, sind bisher gescheitert. Jetzt gibt es aber einen Durchbruch.

Von Thomas Kirchner 20.10.2019, 06:00

Zerbst l Endlich tut sich etwas an der Toberentz-Villa zwischen Klinik und Supermarkt in der Dessauer Straße. In und um das Gebäude aus der Gründerzeit wird derzeit Baufreiheit geschaffen und ein Gerüst gestellt. „Die Vorverträge sind abgeschlossen und wir hoffen, dass der Verkauf im November notariell beglaubigt werden kann“, verriet Investor Dirk Strohschneider im Gespräch mit der Volksstimme.

Eineinhalb Jahre haben die Verhandlungen mit der Erbengemeinschaft gedauert, bis es zu einer Einigung gekommen ist. Immerhin mussten knapp 30 Personen einer Erbengemeinschaft, denen die Villa gehört, unter einen Hut gebracht werden.

Die zugemüllte und durch dichtes Strauchwerk kaum zu erkennende Villa an der Dessauer Straße war nicht nur Ärgernis der Anwohner und Geschäfte in der Nachbarschaft, auch die Zerbster Feuerwehr war zunehmend genervt von den vielen Einsätzen in dem historischen Gebäude.

In der Villa hatten Wohnungslose Obdach gesucht und gefunden, die ihre Notdurft im Freien rund um das Haus verrichteten. Und immer wieder machten die Wohnungslosen Feuer in der Villa, um sich Kaffee, Tee oder Suppe zu kochen, und riefen so die Feuerwehr auf den Plan. Außerdem: Müll, Plastik, Flaschen, alte Möbel und Exkremente, wohin das Auge blickt.

„Ich hatte in den letzten Monaten schon Vollmacht, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Doch das gestaltete sich schwieriger als erwartet“, sagt Dirk Strohschneider. Immer wieder habe er Anzeige erstattet und die Wohnungslosen durch die Polizei des Objektes verweisen lassen, „genützt hat das allerdings wenig. Kaum waren die Beamten um die Ecke, waren auch die ,Bewohner‘ wieder da“, schildert Strohschneider. Selbst das Zumauern der Fenster und Sicherheitstüren habe die Wohnungslosen nicht davon abgehalten, sich immer wieder Zutritt zur Villa zu verschaffen.

„Die Polizei war stets da, wenn sie gerufen wurde. Doch am Ende war auch sie machtlos“, so der Investor. Auch Ordnungsamt und Staatsanwaltschaft hätten nicht viel ausrichten können. „Ich habe mindestens 13 Mal Anzeige, unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Brandstiftung erstattet“, sagt Strohschneider. Geholfen habe es nicht.

„Wenn ich beim sogenannten ‚Wildpinkeln‘ erwischt werde, muss ich ein Ordnungsgeld bezahlen – zu Recht. Und wenn ich mir diese Umweltverschmutzung hier ansehe, diese Vergehen bleiben ungesühnt“, ärgert sich Strohschneider. Enttäuscht sei er diesbezüglich von den Behörden, die ihn trotz seiner zahlreichen Anzeigen allein gelassen haben.

„Bewohnt oder unbewohnt, das Gelände war einzäunt und mit ‚Betreten Verboten‘-Schildern versehen. Einzig die Polizei habe reagiert, indem sie die Wohnungslosen immer wieder des Grundstückes verwiesen hat. Die Staatsanwaltschaft blieb untätig und verwies auf zivilrechtliche Schritte“, argumentiert Strohschneider.

Dieser Ärger dürfte nun der Vergangenheit angehören. „Die Villa wird beräumt, vom Müll befreit und es wird Baufreiheit geschaffen“, blickt der Investor in die Zukunft. Als erstes werde der Brandschaden behoben. „Die Versicherung hat zugesagt, die Kosten für den Brandschaden zu übernehmen“, erläutert Dirk Strohschneider.

So werde als erstes ein Gerüst gestellt, um das Dach und die durch herabstürzende Teile beschädigten Zwischendecken zu erneuern. Auch ein Vertreter der Erbengemeinschaft hat gegenüber der Volksstimme erklärt, dass alle Beteiligten jetzt darauf hoffen, dass die Versicherung Wort hält und den Brandschaden zahlt.

„Ist die Villa wieder in dem Zustand, wie sie vor dem Feuer gewesen ist, beginnen wir mit der Sanierung und dem Umbau“, erklärt Strohschneider die weiteren Schritte. Strohschneider: „Die Lage der Villa neben Supermarkt, Klinik und Arztpraxen bietet auch hier die Möglichkeit altersgerechten Wohnens.“

Er hoffe trotz des Denkmalschutzes zügig alle Genehmigungen für die Sanierung zu bekommen. „Sowohl mir als auch den Alteigentümern liegen eine Wiederherstellung der Villa möglichst nah am Originalzustand am Herzen“, betont Dirk Strohschneider und deutet auf zwei Wandreliefs an der Außenwand, die der bekannte und berühmte Bildhauer Robert Toberentz – ein Verwandter der Zerbster Familie Toberentz – geschaffen hat. „Auch die sollen restauriert werden“, kündigt Strohschneider an.

Wenn alle Genehmigungen zügig erteilt werden und die Sanierung nach Plan laufe, soll die Toberentz-Villa 2022 in neuem Glanz erstrahlen. „Insgesamt wird die Sanierung der Villa wohl eine meiner größten Herausforderungen. Aber geht nicht, gibt es bei mir nicht“, sagt Dirk Strohschneider.

Bis 1945 gehörte das große Gebäude zur Dampf-Wäscherei Ernst und Johannes Toberentz, die die Villa in den 1930er Jahren auch bewohnten. Vor der Wende hat die Villa zum VEB Dienstleistungskombinat mit Wäscherei und eigenem Kesselhaus gehört.

„Auch das ehemalige AOK-Gebäude auf dem Frauentorplatz wird demnächst umgebaut“, kündigt Dirk Strohschneider an. Auch dieses historische Gebäude habe er erworben und auch hier sollen in Kürze altersgerechte Wohnungen entstehen.