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Indiens Formel-1-Baron wird zum Gejagten der Behörden

Die Luft wird dünn für Vijay Mallya, den schillernden indischen Unternehmer und Chef des Formel-1-Rennstalls Force India. Im Streit um milliardenschwere Kredite ist nun sein Pass eingezogen worden.

Von Stefan Mauer und Christian Hollmann, dpa 25.04.2016, 13:51

Neu Delhi (dpa) - Ein Besuch im Ferienort Candolim im indischen Urlaubsparadies Goa verrät viel über Vijay Mallya, den schillernden indischen Unternehmer und Chef des Formel-1-Rennstalls Force India.

Mitten in dem beschaulichen Ort, der nur in der Feriensaison von tausenden Touristen überflutet wird, steht ein wahres Prunkstück von Ferienhaus. Hinter einem schmiedeeisernen Tor und hohen braunen Mauern zieht sich ein mehrere hundert Meter langes Grundstück bis zum Meer. Darauf steht die Kingfisher Villa, in der Mallya viele Jahre lang legendäre Neujahrsfeiern abhielt und sich mit Bollywood-Prominenz wie Shah Rukh Khan ablichten ließ.

Das Feriendomizil, dessen Wert auf weit über 10 Millionen Euro geschätzt wird, ist zu einem kleinen Posten in einem großen Schuldenstreit geworden. Mallya schuldet einem Konsortium von indischen Banken umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro. Die glauben offensichtlich nicht mehr daran, dass der Unternehmer noch zahlen wird. In den letzten Wochen haben sie deshalb einen regelrechten Wirtschaftskrimi um Mallya entfacht.

In Deutschland ist der 60-Jährige vor allem bekannt, seitdem er Ende des Jahres 2007 das ehemalige Formel-1-Team Spyker übernommen hat. Es startet seit der Saison 2008 unter dem Namen Force India und ist der erste Rennstall in der Grand-Prix-Serie mit indischer Lizenz. Bis heute ist Mallya offiziell der Teamchef, das aktuelle Auto VJM09 ist nach seinen Initialen benannt. Früher fuhr der Deutsche Adrian Sutil für das Team, derzeit steht der Rheinländer Nico Hülkenberg bei Force India unter Vertrag.

An einer Rennstrecke ist Mallya in der laufenden Saison allerdings noch nicht aufgetaucht. Denn die indischen Behörden erhöhen den Druck auf den Unternehmer. Inzwischen gibt es zwei Haftbefehle gegen ihn. Am Wochenende teilte nun das indische Außenministerium mit, dass Mallyas Pass ungültig sei und dieser ins Land zurückkehren müsse. Schon Anfang März war der Unternehmer ausgereist. Indische Medien vermuten ihn in der Nähe von London, wo er ebenfalls ein Haus hat.

Der Aufstieg und Fall von Vijay Mallya ist eng verknüpft mit einer Fluglinie. Unter dem Namen Kingfisher startete im Jahr 2005 das Unternehmen, das den schnell wachsenden Flugmarkt auf dem Subkontinent aufrollen sollte. Unter demselben Namen hatte er vorher die bis heute erfolgreichste Biermarke im Land groß gemacht. Auch die Formel-1-Autos von Force India zeigen das Kingfisher-Logo.

Mallya ließ es sich damals nicht nehmen, das Informationsvideo für seine Fluggäste selbst aufzunehmen - und darin zu betonen, dass er persönlich nur die hübschesten Flugbegleiterinnen eingestellt habe. Es half alles nichts. Die Fluglinie schrieb durchgängig rote Zahlen, bis sie Ende 2012 gänzlich den Betrieb einstellte.

Die State Bank of India (SBI) als größter Kreditgeber hat nun angefangen, den Besitz der ehemaligen Fluglinie zu versteigern. Auch das prunkvolle Ferienhaus in Goa soll auf der Liste der Sicherheiten stehen. Mallya ist trotz der Pleite seiner Fluglinie immer noch ein dicker Fisch für die Banken. Noch immer ist er Vorstandsvorsitzender der United Breweries Gruppe, die ein florierendes Alkoholgeschäft betreibt, dessen Kernmarke das Kingfisher-Bier ist. Die insolvente Kingfisher Airlines ist Tochterunternehmen der Gruppe.

Der Force-India-Rennstall steht zwar nicht auf der Liste der Unternehmen, von denen nun Sicherheiten eingefordert werden, in den vergangenen Jahren war auch beim Rennstall immer wieder von finanziellen Problemen die Rede. Mallya machte sich gemeinsam mit den Chefs anderer Privat-Teams dafür stark, dass die kleineren Rennställe einen größeren Anteil an den Vermarktungseinnahmen erhalten sollen.

Sollte einer der Haftbefehle gegen Mallya tatsächlich vollstreckt werden, wären beide Mehrheitseigner von Force India nicht mehr auf freiem Fuß. Der Inder Subrata Roy, der ebenso wie Mallya 42,5 Prozent an dem Rennstall hält, sitzt seit zwei Jahren in einem indischen Gefängnis. Ihm wird vorgeworfen, Investorengelder in Milliardenhöhe veruntreut zu haben. Mallya und Roy bestreiten die Vorwürfe.